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Aus dem Obergericht Zürich
Mann erfindet Überfälle auf sich

Der Weg ans Obergericht lohnte sich für den 40-jährigen Schweizer überhaupt nicht.
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Es scheint, als bringe der Spätherbst den aus Südafrika stammenden Schweizer auf dumme Ideen. Ende November 2011 meldet der damals knapp 28-Jährige einen nächtlichen Raubüberfall auf das Hotel in der Zürcher Innenstadt, in welchem er im Nachtdienst eingeteilt war. Mit Kabelbindern gefesselt, musste er scheinbar hilflos mitansehen, wie die zwei Räuber den Tresor um 7760 Franken erleichterten.

Am 18. November 2014 ist er frühmorgens mit dem Fahrrad auf dem Weg zur Arbeit, als er vermutlich von einer Metallstange am Kopf getroffen vom Velo fällt und ihm der Rucksack mit Wertsachen entrissen wird. Gesehen hat er die angeblich aus einem Gebüsch hervortretenden Täter nicht, sondern nur wegrennen gehört.

Zu den Delikten schwieg der Beschuldigte

Am 20. Oktober 2016 haben unbekannte Täter am Vortag oder in der folgenden Nacht seinen Jeep Cherokee scheinbar aufgebrochen, aber nichts gestohlen. Noch schlimmer trifft es ihn am 13. November 2017. Er sei damals, erzählte er der Polizei, vor der Kellertür an seinem damaligen Wohnort von einem Unbekannten mit einem Messer angegriffen worden. Mit Schnittverletzungen am linken Unterarm habe er sich in den Keller retten können.

Alle vier Vorfälle haben eines gemeinsam: Der Mann hat sie frei erfunden. Fragt sich bloss, wie man auf solche Ideen kommt. Der mittlerweile 40-Jährige hat vor dem Obergericht zu dieser Frage leider nichts Erhellendes beizutragen. Er nennt die Delikte «schrecklich» und zieht es dann vor, zu weiteren konkreten Fragen zu schweigen.

Tatsächlich erschliesst sich das Tatmotiv nicht auf den ersten Blick. Das Bezirksgericht nannte es «etwas schleierhaft», das Obergericht «nicht restlos geklärt». Weiterhelfen kann am ehesten das psychiatrische Gutachten. Demnach war beim Beschuldigten für sein Verhalten die «Persönlichkeitsakzentuierung mit einem starken Wunsch nach Anerkennung, Wertschätzung und Bewunderung» wesentlich. Eine Einschränkung der Schuldfähigkeit war damit aber nicht verbunden.

Kellerabteil angezündet

Dass der Mann seine Delikte «schrecklich» nannte, dürfte er nicht auf seine erfundenen «Straftaten» bezogen haben, sondern auf zwei andere, reale Vorkommnisse. Denn am 20. Februar 2016 hatte er in jenem Keller, in dem er 21 Monate später angeblich Opfer einer Messerattacke wird, Feuer gelegt. Mit Sprühkleber zündete er eine Styroporplatte an und ging joggen. Der Brandstiftung war aber dilettantisch ausgeführt, die Feuerwehr konnte den Brand so schnell löschen, dass der Schaden 837 Franken nicht überstieg.

«Besser» machte er es gleichenorts am 6. August 2016. Nun sprühte er hochentflammbaren Verdünner in ein mit diversen Gegenständen reichlich gefülltes Kellerabteil und entzündete das Ganze mit einem Streichholz. Während er sich in seine im gleichen Haus liegende Wohnung zurückzog, verursachte der Brand im Keller einen Schaden von 50’000 Franken.

Mildes Urteil angefochten

Das zuständige Bezirksgericht verurteilt den Schweizer im Mai vergangenen Jahres wegen Brandstiftung, mehrfacher Irreführung der Rechtspflege und falschen Alarms. Es sieht es auch als erwiesen an, dass zwar der Raubüberfall im Hotel erfunden war, die 7760 Franken aber tatsächlich verschwunden beziehungsweise von ihm selber gestohlen worden waren. Es bestraft ihn mit einer Freiheitsstrafe von 34 Monaten und einer Geldstrafe von 135 Tagessätzen à 40 Franken. Von der Freiheitsstrafe soll er sechs Monate absitzen müssen, während die übrigen 28 Monate zur Bewährung ausgesetzt werden.

Da er bereits zwei Monate in Untersuchungshaft sass, müsste er nur noch vier Monate absitzen. Doch er ist nicht zufrieden, wendet sich ans Obergericht. Er habe mit dem Diebstahl des Geldes aus dem Tresor des Hotels vor fast zwölf Jahren nichts zu tun, lässt er seinen Verteidiger vortragen. Für die restlichen Delikte beantragt dieser eine Bewährungsstrafe von 22 Monaten.

Unbedingter Strafteil von vier auf zehn Monate erhöht

Die Anfechtung des Urteils ist sehr riskant. Aus zwei Gründen: Der Staatsanwalt hat sich der Anfechtung angeschlossen und verlangt, dass der unbedingte Teil der Strafe von sechs auf zwölf Monate erhöht wird. Zudem führt ein allfälliger Freispruch vom Diebstahlsvorwurf nicht automatisch zu einer tieferen Freiheitsstrafe. Denn für den Diebstahl gabs vor dem Bezirksgericht nur eine bedingte Geldstrafe.

Tatsächlich kommt es anders als erhofft. Das Obergericht reduziert zwar die Gesamtstrafe auf 30 Monate. Weil aber der unbedingte Teil der Strafe mit sechs Monate «nicht schuldangemessen» ist, erhöhen die Oberrichter den unbedingten Teil der Strafe auf zehn Monate. Und auch die Geldstrafe wird von 135 auf 240 Tagessätze erhöht.