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TV-Kritik «Tatort»
«Man wird nicht reicher, ohne dass irgendwer ärmer wird»

Der Polizist Pawlak (Rick Okon) trägt seinen Ehering noch, doch seine Frau (Anke Retzlaff) will nicht zu ihm zurück.
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André Jung (der André Jung!) in der Rolle des Bankchefs eines Hauses für die Superreichen hält sich erst mal an seinem Meditationsstein fest und atmet tief durch. Die Dortmunder Ermittler, allen voran Faber (Jörg Hartmann) mit seinem verratzten Parka, sind ins Allerheiligste vorgestossen, um ihn zu befragen. Denn einer seiner ehemaligen Mitarbeiter, «ein Virtuose» seines Fachs, der als Vermögensberater zu einer befreundeten Investmentagentur gewechselt hatte, ist ermordet im Hafen gefunden worden. Man hatte eng zusammengearbeitet.

Den Mord gemeldet hatte ein klatschnass geregneter Kunde des Opfers, ein millionenschwerer Topmanager – erstklassig nervös wie auf Entzug: Stefan Rudolf. Er hatte sich heimlich mit dem Mann treffen wollen. Der Manager ist ein Abbild von «Gier und Angst», die der «Tatort»-Folge den Titel gaben und die der Bankchef als Möchtegern-Buddhist mit scheinbar eleganter Distanz beschreibt. Die Reichen hätten am meisten zu verlieren, deshalb hätten sie auch am meisten Angst davor.

«Man wird nicht reicher, ohne dass irgendwer ärmer wird», heisst es da im gesellschaftskritisch angeschärften Drehbuch von Sönke Neuwöhner und Martin Eigler. Darum brenne in den Reichen die Furcht, irgendwer könne sich etwas zurückholen. «Wer sein Glück in Geld sucht, der lebt falsch.» Die schönen Sprüche des Bankers können jedoch kaum verwedeln, dass die Bank zusammen mit der Investmentagentur ein finanzielles Schneeballsystem betreibt und der nun tote Mitarbeiter hatte auspacken wollen. Aber wer war der Mörder?

Der tote Vermögensberater wurde in seinem Auto gefunden.

Die Spuren führen auch ins Dortmunder Drogen- und Rotlichtmilieu, in die Clubs, in denen Heroin vertickt und gedrückt wird. Dort trifft, in Minute 24, Jan Pawlak (sehenswert: Rick Okon), der Sidekick der Kommissare Faber und Bönisch (Anna Schudt), auf seine seit einem Jahr verschollene Frau; die Mutter des gemeinsamen Töchterchens. Und Pawlak versucht alles, um sie zurückzugewinnen.

Fabers Backstory hingegen spielt keine Rolle mehr, er fokussiert geradezu gnadenlos auf den Fall. Bönisch wiederum bemüht sich nebenbei, ihren allzu anhänglichen, gierigen Lover loszuwerden, und Faber fasst – einen Herzschlag lang – tröstend ihre Hand. Doch das eigentliche Drama dreht sich um Pawlak und seine Ella – beeindruckend als kaputte und zugleich starke junge Frau: Anke Retzlaff.

Reich und fertig: Topmanager Josef Micklitza (Stefan Rudolf).

Mit dem Einstieg in diesen Handlungsstrang darf auch die Kamera mehr tun. Regisseur Eigler lässt sie durch schummrige Hinterzimmer gleiten, beim Showdown schliesslich quasi auf Droge halluzinieren. Als die wahren Junkies aber entpuppen sich in diesem teils ins regelrecht Groteske lappenden Film die Superreichen (ist nichts für Glaubwürdigkeits-Süchtige).

Der kräftig geschüttelte Mix aus Privatkram und Krimi – der sonst manchmal grausam nervt –, macht hier richtig munter.