Macrons spektakulärer Coup Alles Verräter? Frankreichs Lästermaul ist zurück
Sie kommt von der Rechten und dient Emmanuel Macron neu als Kulturministerin: Rachida Dati. Warum der Präsident ausgerechnet auf die «Sarkozystin» setzt.
Coucou! Rachida Dati, «Femme fatale» und «Enfant terrible» der französischen Rechten, extravagant und eruptiv, ist wieder da. Aufgestiegen aus dem zwischenzeitlichen Nichts. Übergelaufen in eine Welt, die sie bis vor kurzem vermaledeit hatte mit ihrer herrlich unverschämten Redseligkeit – die «Macronie», das politische Lager von Emmanuel Macron. Sie nannte es einmal eine Ansammlung von «Verrätern der Rechten und von Verrätern der Linken». Das Video mit dem Zitat zirkuliert gerade überall, doch das stört sie nicht.
Rachida Dati, einst Justizministerin unter Präsident Nicolas Sarkozy, ist jetzt nämlich Macrons Kulturministerin, obschon sie sich in der Kultur nicht besonders auskennt. Für sie persönlich ist das auch eine Revanche, ein roter Teppich für ihr Comeback. Coucou!
Ein Kind der Immigration, ein Triumph der Diversität
Alle französischen Zeitungen haben ihr bekanntes Gesicht auf die Frontseiten gehoben, so spektakulär und disruptiv ist dieser Coup des Präsidenten. Niemand hatte ihn kommen sehen, er überstrahlt die gesamte Sequenz der Regierungsumbildung. Und genau das war ja auch das Ziel gewesen. Macron markiert mit dieser «Kriegsbeute» aus der Opposition, wie sie sie nun überall genannt wird, den Rechtsruck seiner Regierung, mit dem Leuchtstift. Er nimmt damit den rechten Wind auf, der das Land durchzieht, er will damit surfen.
Rachida Dati, ein Kind der Immigration, legt eine bemerkenswerte Karriere hin, in jeder Hinsicht. Sie wurde als Tochter eines Maurers aus Marokko und einer Hausfrau aus Algerien in bescheidene Verhältnisse geboren, im Burgund, mit elf Geschwistern. Fürs Rechtsstudium reichte es, sie wurde Anwältin, das war ihr aber nicht genug. Dati zog es immer hin zu den Mächtigen und Prominenten. Sie schrieb ihnen, diente sich an.
Auch Sarkozy erhielt einen Brief und holte die energische Frau, die «wie ein Maschinengewehr» redet, wie «L’Obs» schreibt, zu Beginn der Nullerjahre in sein Team. 2007 machte er sie dann zu seiner Justizministerin, eine Sensation: Bis dahin hatte noch nie eine Persönlichkeit aus der Diversität ein so gewichtiges Ressort geführt.
Doch Dati, 58 Jahre alt, neigt auch zum Lästern und zum Gossip. Die Klatschblätter lieben sie dafür. Beim Ehepaar Sarkozy aber fiel Dati in Ungnade, weil sie viel zu lange das Gerücht hatte grassieren lassen, ihre Tochter Zohra könnte womöglich vom Präsidenten sein.
Die Justiz ermittelt wegen Korruption
Sie verlor ihren Posten und wurde Europaparlamentarierin. Aus jener Zeit stammt auch der Verdacht der französischen Justiz, sie habe 900’000 Euro von Renault kassiert, damit sie in Brüssel und Strassburg für den Autokonzern lobbyierte. Der Vorwurf lautet auf Korruption, sie bestreitet ihn. Noch läuft das Ermittlungsverfahren.
Doch das hielt Macron nicht ab, sie in seine Regierung zu holen. Zu wichtig dünkte ihn das Symbol, das er mit ihr setzen würde. Wenn es stimmt, was die Zeitung «Les Echos» schreibt, hat er die Personalie Dati allein entschieden und seinen neuen Premier Gabriel Attal erst kurz vor der offiziellen Bekanntgabe informiert. Chefsache also. Noch etwas wird geraunt: Macron soll die Kabinettsumbildung mit Sarkozy abgesprochen haben, mit dem er sich aussergewöhnlich gut versteht seit einiger Zeit.
In den Top 5 der beliebtesten Politiker im Land
Mit Dati, der Stadtteilbürgermeisterin des sehr bourgeoisen 7. Arrondissements von Paris, gibt es offenbar einen Deal. 2026, bei der kommenden Pariser Gemeindewahl, wird die «Macronie» Datis Kandidatur stützen und keinen eigenen Bewerber aufstellen. Das ist und bleibt ihr grosser Traum: Maire de Paris. Ihre Rivalität mit der regierenden sozialistischen Bürgermeisterin Anne Hidalgo ist bereits legendär, oftmals rau und brutal im Ton.
Rachida Dati hat diese besondere Gabe, immer Thema zu sein. Auch in der politischen Versenkung, in ihrem kleinen Rathaus an der schönen Rive Gauche, blieb sie populär im Volk. Dati gehört zu den Top 5 der beliebtesten Politiker, national, dauerhaft prädestiniert für die ganz grosse Bühne.
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