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Klimapolitik in Frankreich
Macron will kurze Inlandflüge verbieten

Lieblingsfeind der ökologischen Bewegungen: Frankreichs Staatschef Emmanuel Macrons.
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Die Umweltpolitik hat sich zu einem der heikelsten Felder der Amtszeit Emmanuel Macrons entwickelt. Einerseits betont Frankreichs Präsident regelmässig, wie zentral der Klimaschutz in seiner Politik sei. Andererseits ist er gerade durch seine Versprechen und grossen Ankündigungen zum Lieblingsfeind der ökologischen Bewegungen Frankreichs geworden.

Am Mittwoch startete die Umweltministerin Barbara Pompili einen neuen Versuch der Ehrenrettung der Regierung, als sie das Gesetz zu «Klima und Resilienz» im Kabinett vorstellte. Pompili spricht vom Ansatz einer «Ökologie, die bei den Franzosen an der Tür klopft». Sprich: Das Gesetz wird Regelungen, Verbote und Vorschriften bringen, die in den Alltag des Einzelnen eingreifen, um den CO₂-Ausstoss zu reduzieren.

Das Gesetz konzentriert sich auf sechs Bereiche. Erstens sollen Gebäude besser isoliert werden. Dazu soll es von 2028 an verboten werden, Wohnungen oder Häuser zur Miete anzubieten, die bei Bewertungen der Energieeffizienz besonders schlecht abschneiden. Zweitens soll Werbung stärker eingeschränkt werden.

Dazu soll unter anderem ein Verbot des Einwerfens von Werbeprospekten in private Briefkästen getestet werden. Drittens soll die Verkehrspolitik umweltfreundlicher werden. Hierzu gehört ein Verbot von Inlandflügen, wenn das Ziel auch mit dem Zug in weniger als zweieinhalb Stunden erreicht werden kann. Viertens soll die Versiegelung von Böden reduziert werden, besonders grosse Einkaufszentren (mehr als 10’000 Quadratmeter) dürfen ausserhalb von Städten nicht mehr gebaut werden.

Fünftens soll eine Ernährung gefördert werden, die auf Gemüse setzt, konkret: vegetarische Menüoptionen in öffentlichen Kantinen. Sechstens soll ein neuer Strafbestand eingeführt werden: der Ökozid. Wer dieses Umweltverschmutzungsdelikts schuldig gesprochen wird, soll bis zu 4,5 Millionen Euro Strafe zahlen müssen.

Der prominenteste Umweltschützer

Von März an wird das Gesetz von den Abgeordneten der Nationalversammlung diskutiert. Zu den Kritikern gehört Macrons früherer Umweltminister Nicolas Hulot. Der «Le Monde» sagte Hulot, das Gesetz sei den «Herausforderungen nicht gewachsen». Es reiche nicht aus, «um das französische Ziel einer Emissionsreduzierung um 40 Prozent zu erreichen, und es reicht noch weniger aus, um das europäische Ziel von 55 Prozent zu erreichen».

Hulot ist einer der prominentesten Umweltschützer Frankreichs. Als es Macron 2017 zu seinem Amtsantritt gelang, Hulot als Minister zu gewinnen, galt dies als Beleg der ökologischen Ambitionen des neuen Präsidenten. Doch Hulot hielt es nur ein Jahr in der Regierung aus. Er trat im August 2018 zurück. Er begründete dies damit, dass er über nicht genug Macht verfügt habe, um sich gegen umweltschutzfeindliche Lobbys durchzusetzen.

Petition mit 2,34 Millionen Unterschriften

Es war auch an Hulot gerichtet, als die neue Umweltministerin Pompili, die vierte unter Macron, am Mittwoch sagte: «Es ist absurd, zu behaupten, dieses Gesetz allein könne unseren Ambitionen gerecht werden, den Emissionsausstoss zu reduzieren.» Allerdings steht in diesen Wochen nicht nur das neue Klima-Resilienz-Gesetz, sondern die gesamte Regierungsbilanz in Klimafragen in der Kritik.

Vergangene Woche hatte das Pariser Verwaltungsgericht geurteilt, der Staat ergreife nicht genügend Massnahmen, um die französischen Klimaschutzziele zu erreichen. Geklagt hatten unter anderem Hulot, Oxfam und Greenpeace. Die Klage war von einer Petition unterstützt worden, die innerhalb eines Monats 2,34 Millionen Menschen unterzeichneten. Innerhalb der kommenden zwei Monate will das Gericht nun entscheiden, welche Massnahmen dem Staat für einen effektiveren Klimaschutz auferlegt werden könnten.

In der Umweltpolitik steckt viel Zündstoff: Gelbwesten-Proteste im vergangenen Sommer in Paris.

Macron hatte im vergangenen Jahr versucht, eine möglichst breite Allianz innerhalb der Bevölkerung für Umweltschutz zu schaffen. Im Winter 2018 hatten die Gelbwesten-Proteste gezeigt, welcher gesellschaftliche Zündstoff in der Umweltpolitik steckt, wenn Fragen der sozialen Gerechtigkeit nicht mitgedacht werden. Die Gelbwesten-Bewegung entstand in Reaktion auf eine Ökosteuer auf Benzin. Gerade in ärmeren Regionen auf dem Land sind in Frankreich viele auf ihr Auto angewiesen.

Die Steuer wurde von den Protestierenden als Symbol der Verachtung der unteren Schichten gewertet. Zur Beschwichtigung des Konflikts schuf Macron einen «Bürgerkonvent für das Klima». 150 per Zufall ausgewählte Franzosen debattierten ein Jahr über Klimaschutzmassnahmen. Am Ende legten sie Macron 149 konkrete Vorschläge vor, wie das Land seinen Emissionsausstoss reduzieren könne.

Das Problem, aus Regierungssicht: Die Bürger entwickelten sich in ihrer einjährigen Arbeit im Konvent zu entschlossenen Umweltschützern. Sie wollen deutlich weitreichendere Massnahmen als Ministerin Pompili. Vor einem Jahr hatte Macron dem Konvent noch versprochen, ihre Vorschläge «ohne Filter» an das Parlament weiterzugeben. Das Gesetz für «Klima und Resilienz» fusst zwar nun auf den Ideen des Konvents, übernimmt aber nur die Hälfte der 149 Vorschläge und entschärft sie zudem.