Ungleiches FinalduellNach dem Drama leidet auch Rafael Nadal
Die schwere Verletzung seines Halbfinalgegners Alexander Zverev ebnet den Weg des Spaniers zum 14. French-Open-Titel. Doch ihm geht es vor dem Final nicht viel besser.
Als Rafael Nadal zur Welt kam, stand der Rekord an Grand-Slam-Titeln bei 12, gehalten vom Australier Roy Emerson. Dann war die Reihe an Pete Sampras, der den Rekord auf 14 verbesserte, am US Open 2002. Dann kam Roger Federer, dann Nadal selber, schliesslich schloss Novak Djokovic auf. Seit damals holte das Trio 61 Grand-Slam-Titel, und der 62. liegt heute in der Luft. Kommt es dazu, läge Nadal mit 22 dieser Trophäen erstmals zwei Längen vor Federer und Djokovic.
In Paris bietet sich Nadal (ATP 5) nun sogar die Chance, allein am French Open seinen 14. Major-Pokal zu holen. Und wer wollte noch gegen ihn wetten, mit einem Gegner aus Oslo namens Casper Ruud? Und nach einem gewonnenen Halbfinal, zu dem ihm ein Satzgewinn reichte, weil sich Alexander Zverev am Ende des zweiten Satzes eine schlimme Knöchelverletzung zuzog?
Stoppen kann ihn nur noch dieser norwegische Aussenseiter, der als erster Spieler seines Landes um einen Grand-Slam-Pokal spielt und sich «wie in einem Traum» vorkommt. «Gegen Nadal in einem Final von Roland Garros zu spielen, ist wohl die grösste Herausforderung, die es im Tennis gibt», sagte der 23-jährige Ruud, nachdem er den Halbfinal gegen Marin Cilic gewonnen hatte und erster skandinavischer Grand-Slam-Finalist seit dem Schweden Robin Söderling vor zwölf Jahren geworden war. Der achtfache Turniersieger, einst der weltbeste Junior, wird nach Paris von Rang 8 auf 6 vorstossen.
Ruud und Nadal sind zwar noch nie an einem Turnier aufeinander getroffen, weil der Norweger aber seit 2018 oft fürs Training in dessen Akademie in Manacor weilt, kennen sie sich gut und haben auch oft miteinander trainiert. «Bis jetzt habe ich es nicht einmal geschafft, ihn beim Golf zu schlagen», sagt Ruud. «Ich werde mein bestes Tennis überhaupt spielen müssen, um nur schon eine Chance zu haben.»
Ruud, dessen Vater Christian ebenfalls einst in den Top-50 stand, sieht sich als Pionier, der seinem Land das Tennis erschliesst. «Ich bin zwar nicht mehr oft in Norwegen, weil ich fast das ganze Jahr herumreise. Aber ich hoffe, dass wir später in Norwegen mehr Tennishallen bauen können und sich der Sport entwickelt.» Dass es dabei hilft, starke Wettkampfspieler zu haben, sehe man im Golf, wo Norwegen momentan in Viktor Hovland über einen Top-10-Spieler verfügt. «Und jetzt wollen alle Golf spielen.» Einen ähnlichen Schub erhofft er sich für das Tennis.
Zverev war am Freitag im Halbfinal gegen Rafael Nadal mit dem rechten Fuss umgeknickt und hatte die Partie nach etwas mehr als drei Stunden Spielzeit Ende des zweiten Satzes aufgeben müssen. «Nach den ersten ärztlichen Untersuchungen sieht es so aus, als hätte ich mir mehrere Seitenbänder im rechten Fuß gerissen», teilte er am Samstag via Instagram mit. Eine genaue Diagnose, wie schwer sich der 25-Jährige verletzt hat, wird erst am Montag erwartet. In seinem Umfeld geht man davon aus, dass es auch für Wimbledon knapp werden dürfte.
Zverev hatte hervorragend gespielt, war in beiden Sätzen in Führung gegangen, und es schien, als ob er Nadal noch weitere Stunden auf dem Platz halten könnte. Nach über drei Stunden war das Skore erst bei 7:6 (10:8), 6:6 angelangt. Die Verletzung schockierte die Tenniswelt und Zverevs Angehörige. «Mein Herz zerschellte in tausend Teile, als ich den Unfall sah», schrieb etwa seine Freundin Sophia Thomalla auf Instagram. «Sport kann so unfassbar grausam sein.»
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Schmerzen sind aber auch für den 36-jährigen Nadal ein immer aktuelleres Thema. Wie schlimm es um seine Fussverletzung steht, lässt folgendes Zitat erahnen: «Ich würde es vorziehen, am Sonntag den Final zu verlieren und dafür einen neuen Fuss zu bekommen. Ich wäre glücklich über ein Leben mit einem neuen Fuss. Gewinnen ist wundervoll, aber das Leben ist viel wichtiger als alle Titel.»
Sollte der Mallorquiner auch seinen 14. Paris-Final gewinnen, hätte er erstmals im gleichen Jahr Australian Open und French Open gewonnen. Zudem würde er den Spanier Andres Gimeno als ältesten Champion in Roland Garros ablösen. Dieser Rekord besteht seit bereits 50 Jahren.
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