Tennis-Drama um Zverev«Er schreit nie. Da kann ich nicht mehr hinsehen»
Alexander Zverev übertritt sich gegen Rafael Nadal nach drei Stunden den Fuss und muss aufgeben, während sein Bruder kommentiert. Finalgegner ist der Norweger Ruud.
Es war ein Schwergewichtskampf, wie man ihn sich erhofft hatte. Alexander Zverev, Olympiasieger, Nummer 3 der Welt und verblüffender Bezwinger von Carlos Alcaraz, bedrängte im Halbfinal des French Open auch den Sandkönig Rafael Nadal wie noch nie. Er hätte nach frühem Break schon den ersten Satz gewinnen müssen, führte auch im zweiten vorentscheidend. Doch dann geschah es: Zverev übertrat sich den rechten Fuss, blieb schreiend und mit schmerzverzerrtem Gesicht liegen.
Weil Boris Becker aus bekannten Gründen als Kommentator unabkömmlich ist, sass als Experte im Studio von Eurosport Mischa Zverev, der ältere Bruder des Deutschen, ein ebenfalls sehr erfahrener früherer Tennisprofi. Ihm blutete bei diesen Bildern das Herz: Sein Bruder weine und schreie normalerweise nie, «ich kann gar nicht mehr hinschauen. Das ist einfach nur unverdient.»
Zverev wurde mit dem Rollstuhl vom Platz geführt, später humpelte er auf Krücken zurück, um sich von Schiedsrichter, Gegner und Publikum zu verabschieden. Nach über drei Stunden Kampf, beim Stand von 6:7, 6:6 so ein Turnier beenden zu müssen, an dem er mit dem Titel die Nummer 1 hätte werden können – das wünscht niemand selbst seinem grössten Feind.
Nadal wurde damit am Turnier, das seine Karriere und seinen Weltruhm definiert, an seinem 36. Geburtstag wieder einmal vom Schicksal begünstigt. Zum 14. Mal steht er im Final, greift nach seinem 14. Titel und hat die Chance, mit seinem 22. Grand-Slam-Titel in dieser Rangliste vorentscheidend in Führung zu gehen, vor Federer und Djokovic mit je 20.
«Das war für mich nicht ideal. Ich litt mehr als bei trockenen Bedingungen.»
Natürlich fand Nadal danach all die richtigen Worte, um sein Mitgefühl auszudrücken. Er hoffe, es sei nichts gebrochen beim Deutschen. «Er startete den Match verblüffend stark, und ich weiss, wie viel es ihm bedeuten würde, seinen ersten Grand Slam zu gewinnen.» Er gab zu, Mühe mit den langsamen Bedingungen gehabt zu haben, bei hoher Luftfeuchtigkeit und geschlossenem Dach. «Das war für mich nicht ideal. Ich litt mehr als bei trockenen Konditionen.» Zudem hätten seine Bälle nicht die übliche Wirkung entfacht.
Nadal war in schlechter Verfassung durch die Sandsaison gekommen, hatte über Fussschmerzen geklagt und angedeutet, jeder Match hier könne sein letzter sein. «Aber ich war dennoch positiv, und nun bin ich wieder hier. Ich spielte, ich kämpfte, ich tat alles Mögliche, um mir eine Chance zu geben, hier noch einmal den Final zu bestreiten.» Alle Opfer und Anstrengungen hätten sich gelohnt angesichts der Erfolge in diesem Turnier.
Noch bevor der zweite Halbfinal fertig gespielt war, stellte sich Nadal auf ein Endspiel gegen den Norweger Casper Ruud ein. «Ich habe grossen Respekt für ihn. Erstens ist er ein guter Freund von mir, zweitens hat er einen grossartigen Charakter und eine grossartige Familie.» Zudem sei der Norweger sehr entspannt und bescheiden. «Er ist immer in einer positiven Verfassung und will lernen.» Ruud ist ein regelmässiger Gast in der Tennisakademie von Nadal in Manacor auf Mallorca.
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Aktivistin unterbricht zweiten Halbfinal
Der zweite Halbfinal musste wegen einem Zwischenfall, der nichts mit Sport zu tun hatte, unterbrochen werden. Eine Aktivistin gegen die Klimaerwärmung kettete sich an einen Netzpfosten und sorgte in der Partie zwischen Marin Cilic und Ruud dafür, dass die beiden in die Garderobe zurückmussten.
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Der viel erfahrenere Cilic hatte den Startsatz gegen den Norweger überraschend gewonnen. Dass Cilic im Alter von 33 Jahren überhaupt noch die Chance bekam, in den French-Open-Final vorzustossen, gehört zu den grossen Überraschungen dieses Roland Garros. Der Kroate hatte 2014 das US Open gewonnen, 2017 und 2018 dann jeweils im Final des Australian Open und Wimbledons gegen Federer verloren. Mit ihm hatte keiner gerechnet.
Ab dem zweiten Satz setzte sich die Klasse des 23-Jährigen aus Oslo aber gegen die Routine des aufschlagstarken Südosteuropäers immer stärker durch. Ruud, der drei seiner acht ATP-Turniere in Gstaad und Genf gewonnen hat, zeigte einen fast fehlerlosen vierten Satz und erreichte nach knapp drei Stunden mit 3:6, 6:4, 6:2, 6:2 als erster Norweger einen Grand-Slam-Final. In diesem trifft er zum ersten Mal auf Nadal. Damit hatte er allerdings rechnen müssen.
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