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Hoffnung für Fatigue-Betroffene
Lichttherapie kann chronische Erschöpfung lindern

Eine Therapie mit einer Tageslichtlampe hilft nicht nur bei depressiven Verstimmungen – auch wer chronisch erschöpft ist, profitiert.
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Das Team um den Neurologen Stefan Seidel von der Medizinischen Universität Wien und dem Universitätsklinikum AKH Wien nahm sich für seine Untersuchung eine Gruppe von MS-Patientinnen und -patienten vor. Dies aus gutem Grund: Bei kaum einer anderen Krankheit ist die Wahrscheinlichkeit so gross, dass die Betroffenen begleitend auch an Fatigue leiden: Studien gehen von 75 bis 99 Prozent aus. Als Grund dafür werden die Nervenschädigungen diskutiert, die durch die chronischen Entzündungsprozesse in Gehirn und Rückenmark verursacht werden.

Zwar gibt es gegen die krankhafte Müdigkeit verschiedene Medikamente, doch die haben meist starke Nebenwirkungen.

Suche nach einer nicht medikamentösen Behandlung

Vor diesem Hintergrund suchten Wiener Forschende nach nicht medikamentösen Alternativen. Die Lichttherapie bot sich deshalb an, weil sie sich bereits bei der Behandlung von Antriebslosigkeit und depressiven Verstimmungen bewährt hat – einem Krankheitsbild, das meist ebenfalls mit Müdigkeit und Schlafstörungen einhergeht.

Bei der Wahl der Probanden habe das Forschungsteam nicht nur auf Befragungen gesetzt, sondern erstmals auch auf objektive Messungen im Schlaflabor, teilen Medizinische Universität und Uni-Klinikum AKH Wien mit. Damit hätten Störungen wie eine Schlafapnoe oder das Restless-Legs-Syndrom (unruhige Beine) ausgeschlossen werden können, die beide ebenfalls zu Fatigue-Symptomen führen könnten.

«Unsere Erkenntnisse stellen einen vielversprechenden nicht medikamentösen Therapieansatz dar.»

Stefan Seidel, Studienleiter

Schliesslich wurden die Studienteilnehmenden in zwei Gruppen aufgeteilt: Die eine Gruppe benutzte eine Tageslichtlampe mit einer Helligkeit von 10’000 Lux, die andere eine baugleiche Lampe mit rotem Licht und lediglich 300 Lux.

Verbesserte körperliche und geistige Verfassung

Während das schwache, rote Licht keinerlei Wirkung zeigte, konnten die Forschenden bei der anderen Gruppe bereits nach 14 Tagen messbare Erfolge feststellen: Die Teilnehmenden, die täglich eine halbe Stunde ihre 10’000-Lux-Tageslichtlampe benutzten, wiesen schon nach dieser kurzen Zeitspanne eine verbesserte körperliche und geistige Leistungsfähigkeit auf. Auch litten sie weniger unter Tagesschläfrigkeit als die Kontrollgruppe mit dem schwachen Rotlicht. «Die Erkenntnisse aus unserer Studie stellen einen vielversprechenden nicht medikamentösen Therapieansatz dar», sagt Studienleiter Stefan Seidel.

Auch viele Covid-Genesene sind chronisch erschöpft

Die Fatigue ist aber nicht nur eine häufige Begleiterscheinung von Krankheiten wie MS, Parkinson, rheumatoider Arthritis oder Krebs: Seit der Pandemie klagen auch viele Genesene von Covid-19 über eine chronische Erschöpfung und andere neurologische Störungen.

Wie viele mit dem Coronavirus Infizierte tatsächlich Long Covid oder sogar Post-Covid (länger als drei Monate anhaltende Symptome) entwickeln werden, lässt sich noch nicht sagen. Fachleute befürchten jedoch eine deutliche Zunahme auch der Fatigue, die von Covid herrührt.

Deshalb planen die Wiener Wissenschaftler bereits eine Anschlussstudie zum Chronischen Fatigue-Syndrom (CFS) bzw. der Myalgischen Enzephalomyelitis (ME), wie das neuroimmunologische Krankheitsbild medizinisch genau heisst. An der nötigen Teilnehmerzahl dürfte das Vorhaben nicht scheitern: Auf einen entsprechenden Aufruf hätten sich auch «ganz viele» gemeldet, die eine Covid-Infektion hinter sich hätten, sagt Neurologin Birgit Ludwig, die diese Studie betreut. Sie geht davon aus, dass in einem Jahr erste Ergebnisse vorliegen. «Wir alle hoffen natürlich, dass die Lichttherapie auch bei Covid-bedingter Fatigue einen positiven Effekt hat.»

Warum Licht munter macht

Die kurzen, dunklen Tage im Winter schlagen vielen Menschen aufs Gemüt: Der «Winterblues» entsteht, weil der Körper bei Dunkelheit das Schlafhormon Melatonin ausschüttet und das auch tagsüber müde und antriebslos macht (vor allem wenn man sich hauptsächlich in Innenräumen aufhält).«Gegen diese saisonale Verstimmung hat sich die Lichttherapie mit einer Tageslichtlampe bereits bewährt», sagt Annett Khatami, Fachärztin Neurologie und Psychiatrie mit eigener Praxis in Männedorf ZH.

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Dass die Lichttherapie nun auch gegen die Fatigue helfen kann, überrascht nicht: Auch das künstliche Licht einer Lampe wirkt dem schläfrig machenden Prozess entgegen: Wenn genug helles Licht auf die Netzhaut trifft, hemmt es die Melatoninproduktion und macht dadurch aktiver, verbessert die Stimmung und auch die Hirnleistung. Eine korrekt durchgeführte Lichttherapie hilft ausserdem, die innere Uhr, also den Schlaf-Wach-Rhythmus, einzustellen. Das wiederum wirkt sich positiv auf die Schlafqualität aus.

Fachärztin Khatami warnt allerdings davor, eine Lichttherapie auf eigene Faust durchzuführen. «Das sollte nur in Absprache mit dem behandelnden Arzt geschehen.» Für die Patientinnen und Patienten hat das neben der Sicherheit auch den Vorteil, dass die Krankenkasse die Kosten übernimmt, wenn die Therapie verordnet wird.

Zum Schluss noch ein Tipp ganz ohne Kostenfolgen: Wer nur leicht unter dem «Winterblues» oder der Fatigue leidet, kann es auch mit einem täglichen Morgenspaziergang von mindestens einer Stunde versuchen. Der hat einen ähnlichen Effekt wie die Lichttherapie.