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Lawine in Andermatt: Jetzt ermittelt die Polizei

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Nach dem Lawinenniedergang auf eine Skipiste am Oberalppass bei Andermatt ermitteln nun die Behörden. Wie der «Blick» berichtet, untersucht die Urner Polizei die Freigabe der Piste durch die Bergbahnen. «Wir ermitteln, ob die Bedingungen eine Öffnung der Piste überhaupt gerechtfertigt haben», sagt Einsatzleiter Reto Pfister von der Kantonspolizei Uri gegenüber «Blick». Zudem werde abgeklärt, was genau die Schneemassen in Bewegung gesetzt hat.

Die Lawine war um 10.47 Uhr Uhr auf eine geöffnete Skipiste im Gebiet Oberalppass/Hinter Felli niedergegangen (sehen Sie hier das Video). Die Schneemassen verschütteten sechs Personen. Alle konnten von den Rettungskräften geborgen werden – zwei von ihnen sind leicht verletzt. Das Gebiet, das Andermatt mit Sedrun und Disentis verbindet, wurde erst letztes Jahr eröffnet.

Die Piste sei an dem Morgen zum ersten Mal in dieser Saison geöffnet worden, sagte Stefan Kern, Mediensprecher der Skiarena Andermatt-Sedrun, vor den Medien. Im Gebiet herrschte laut Lawinenbulletin des Instituts für Schnee- und Lawinenforschung (SLF) in Davos «erhebliche» Lawinengefahr. Gemäss Kern war der Entscheid, sie zu öffnen, am Morgen anhand der Checkliste gefällt worden, die dabei jeweils zum Einsatz komme und die alle Faktoren berücksichtige.

Gemäss Lawinenwarnerin Christine Pielmeier vom SLF steht bei dieser Gefahrenstufe die Auslösung der Lawine durch Personen im Vordergrund. Verursache ein Schneesportler einen Bruch, sei es häufig schon zu spät. Den Entscheid, ob eine Piste geöffnet werde, fälle jeweils der lokale Pistendienst, so Pielmeier. Ihre Warnungen beträfen jeweils die Lawinensituation im Gelände abseits der Pisten. Gusti Planzer, Mediensprecher der Kantonspolizei Uri, sagte, bei Gefahrenstufe «erheblich» seien «ganz viele Pisten offen», sonst müsste man ja sehr häufig ganze Skigebiete sperren.

Ob die Lawine in Andermatt von einem Menschen ausgelöst wurde, wird derzeit untersucht. Auf einem Video vom Niedergang der Lawine, das aus einer Gondel aufgenommen wurde, sind ausserhalb der Piste eine oder mehrere Personen zu sehen. Kapo-Sprecher Planzer sagte am Abend, es werde «in alle Richtungen ermittelt und allen Hinweisen nachgegangen».

Unterhalb des Schneehüenerstocks löste sich die Lawine. (26. Dezember 2019) Foto: Urs Flueeler/Keystone

Sollte ein Skifahrer oder Snowboarder abseits der Piste die Lawine ausgelöst haben, könnte es teuer werden: Ein Freerider, der am Weihnachtstag 2018 in Bellwald VS schuld am Abgang einer Lawine war, die eine Piste traf, wurde im Juni zu einer bedingten Geldstrafe, einer Busse und der Übernahme der Verfahrenskosten verurteilt – und muss für die Kosten der Suchaktion aufkommen.

Keine Vermisstmeldungen

Der Lawinenkegel in Andermatt ist 60 Meter breit und 300 Meter lang. Es handle sich um eine sogenannte Gleitschneelawine, wie Reto Pfister sagte. Im Einsatz standen über 60 Rettungskräfte unter anderem von der Alpinen Rettung, der Rega, der Skiarena-Pistenrettung, des Rettungsdiensts sowie fünf Suchhunde. Mehrere Zivilpersonen leisteten spontane Hilfe. Für die Angehörigen war unter der Nummer 041 874 53 60 eine Hotline eingerichtet, auf die rund 30 Anrufe eingingen.

Als die sechs Verschütteten geborgen waren, hatten die Rettungskräfte noch keine Ahnung, ob sich weitere Verschüttete im Lawinenkegel befanden. Es lagen allerdings keine Vermisstmeldungen vor. Kurz nach 18 Uhr hatten die Retter den ganzen Lawinenkegel durchsucht und gaben Entwarnung. Die verletzten Personen wurden mit der Rega ins Spital geflogen, wie Pfister sagte. Eine Person konnte das Spital bereits wieder verlassen. Alle sechs Verschütteten sind Schweizer, Kinder waren keine betroffen.

Kurz vor 10 Uhr kam es im Kanton Graubünden ebenfalls zu einem Lawinenunfall. Ein 36-jähriger Snowboarder ist am Piz Nair bei St. Moritz von einer Lawine verschüttet und schwer verletzt worden. Er war ausserhalb der markierten und gesicherten Pisten unterwegs.

Eine Vierergruppe, zu welcher der verunfallte Mann gehörte, befuhr den Hang bereits zum zweiten Mal. Der 36-Jährige war das letzte Mitglied der Gruppe und löste die Lawine aus. Er wurde rund 400 Meter von den Schneemassen mitgerissen. Später flog ihn die Rega ins Spital nach Chur. Der Mann wohnt in der Schweiz.

Beim letzten grossen Lawinenunglück auf einer Schweizer Skipiste starb im vergangenen Februar ein Pistenarbeiter in Crans-Montana. In Andermatt gab es im September 2018 einen Todesfall abseits der Piste. Damals kamen junge Urner Freerider am Gemsstock unter eine Lawine. Einer der Jugendlichen konnte nur noch tot geborgen werden.

Häufiger Regen in der Höhe

Der Lawinenniedergang in Andermatt ist der dritte innert zwölf Monaten auf eine gesicherte Skipiste. Doch daraus lasse sich keine Häufung solcher Ereignisse ableiten, sagt Lawinenwarnerin Pielmeier. In der letzten Zehnjahresperiode habe es zwei Lawinenopfer auf Skipisten gegeben, in den Jahrzehnten davor jeweils zwischen vier und acht.

Was man feststellen könne, sei, dass es eher Gleitschneelawinen gebe, wenn es früh im Jahr schneie, weil der Schnee auf dem noch warmen Untergrund ins Rutschen komme. «Anhand der grossen Lawinenzyklen sieht man keinen Zusammenhang zwischen dem Auftauen des Permafrosts und der Lawinenhäufigkeit ablesen.»

Auch die Klimaerwärmung generell lasse sich an der Lawinentätigkeit nicht ablesen. «Was man feststellt», sagt Pielmeier, «ist, dass es heute auch im Hochwinter häufiger bis in hohe Lagen regnet». Das führe kurzfristig zu einer Schwächung der Schneedecke, was wiederum den Abgang von nassen Lawinen begünstige. Auf längere Sicht werde die Schneedecke durch den Regen aber gefestigt.

SDA/bem/fal