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Denkmäler der Briten im Visier
London packt die Churchill-Statue ein

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In Grossbritannien haben die Spannungen um Proteste und Anti-Rassismus-Demonstrationen zugenommen. Während die Bewegung «Black Lives Matter» (BLM) die Entfernung Dutzender «anstössiger» Denkmäler fordert, formiert sich zu deren «Schutz» eine starke und teils militante Gegenwehr. Für Samstag haben Verbände der radikalen Rechten aus dem ganzen Land zur Aktion «Verteidigt unsere Denkmäler» in London aufgerufen.

Treffpunkt ist die Winston-Churchill-Statue auf Westminster Square, die voriges Wochenende mit Graffiti bemalt worden war. Die Organisatoren der Aktion wollen den Antirassisten «in den Arm fallen» und ihnen «eine Lektion» erteilen. Aus Angst vor Zusammenstössen haben BLM-Sprecher eine für den gleichen Tag geplante Grossdemonstration im Hyde Park abgeblasen. Einzelne Anti-Rassismus-Gruppen wollen dies aber ignorieren und erneut Kundgebungen abhalten und durch London ziehen.

Die Londoner Behörden haben auf die Proteste reagiert: Das Winston-Churchill-Denkmal auf Westminster Square ist inzwischen von Schutzwänden umhüllt.

Der Labour-Bürgermeister Londons, Sadiq Khan, hat der «extremen Rechten» vorgeworfen, mit ihrem Aufmarsch nur «Gewalt provozieren» zu wollen. An die Antirassisten appellierte er, «diese Leute an diesem Wochenende zu ignorieren und besser daheim zu bleiben».

Polizei droht mit raschen, harten Strafen

Die Polizei sieht bereits «einen Sommer der Unruhen» an der Themse heraufziehen. Die Anti-Rassismus-Proteste verbänden sich mit Frustration über Lockdown und steigende Arbeitslosigkeit zu einem «perfekten Sturm», zur schlimmstmöglichen Konstellation, liess der Polizeiverband verlauten. Innenministerin Priti Patel warnte die Anti-Rassismus-Demonstranten, dass jeglicher Verstoss gegen geltendes Recht «mit aller Strenge des Gesetzes geahndet» werde.

Britische Helden unter Beschuss: «Black Lives Matter»-Aktivisten belagerten letztes Wochenende eine Winston-Churchill-Statue in London.

Justizminister Robert Buckland ordnete an, dass «mutwillige Zerstörer», die «kriminellen Schaden» anrichteten oder Polizisten angriffen, binnen 24 Stunden vor Gericht gestellt würden. Die Magistratsgerichte in England forderte er auf, zu «Schnellverfahren» überzugehen. Laut Buckland sollen die Strafen für Attacken auf Polizisten verdoppelt werden.

Bei den bisherigen «Black Lives Matter»-Protesten, die weitgehend friedlich verliefen, war es zu Ausschreitungen durch kleinere Gruppen gekommen. 62 Polizisten wurden verletzt und 137 Personen festgenommen in den letzten acht Tagen. Dabei hatte die Anti-Rassismus-Bewegung insgesamt beträchtliche Erfolge erzielt in dieser kurzen Zeitspanne.

Zum Schutz vor Zerstörung: Das Denkmal des Sklavenhändlers Robert Milligan wird wegtransportiert und danach eingelagert.

Eine vorigen Sonntag in Bristol demolierte und in den Hafen gekippte Statue des Sklavenhändlers Edward Colston soll nicht mehr auf ihren Sockel im Stadtzentrum zurückkehren, sondern möglichst in einem Museum aufgestellt werden. Das Denkmal eines anderen Grosskaufmanns und Sklavenbesitzers, Robert Milligan, wurde vom Museum der Docklands in London, vor dem es stand, auf ordnungsgemässe Weise abmontiert und erst einmal «eingelagert».

Londons Bürgermeister Khan hat einen Ausschuss eingesetzt, der alle Denkmäler auf städtischem Gebiet neu einstufen soll, «um für Wandel Platz zu machen». Eine ähnliche Überprüfung sowie kommunale Abstimmungen haben sämtliche von der Labour-Partei geführten Gemeinden im Vereinigten Königreich versprochen.

«British History Matters»: Die Statue von Pfadfinder-Gründer Robert Baden-Powell in Dorset wird von Denkmal-Beschützern bewacht.

Zu den umstrittenen Statuen gehören solche wie die des Imperialisten Cecil Rhodes am Oriel College der Universität Oxford, des Sklaven-Transporteurs und gefeierten Piraten Sir Francis Drake in Plymouth und des ersten britischen Gouverneurs von Bengalen, Robert Clive, der für den Hungertod von Millionen Menschen in Südasien verantwortlich gemacht wird. Vielerorts werden nun Unterschriften für Petitionen gesammelt, die die Entfernung umstrittener Denkmäler fordern. In manchen Fällen gibt es jedoch Gegenpetitionen.

Robert Baden-Powell, Gründer der Pfadfinderbewegung, steht unter dem Verdacht der Nazi-Nähe.

In der Hafenstadt Poole in Dorset scharten sich aufgebrachte Bürger und Pfadfinder-Führer in Uniform und kurzen Hosen um die Statue Robert Baden-Powells, des seit langem umstrittenen Begründers der Pfadfinder-Bewegung, von dem unter anderem bekannt ist, dass er mit dem Nazi-Regime Gespräche über eine engere Verbindung zur Hitlerjugend führte.

Der Stadtrat von Poole hat inzwischen angekündigt, dass er Baden-Powells Denkmal bis auf weiteres «zur Sicherheit» in Gewahrsam nehmen wolle, damit es nicht dasselbe Schicksal erleide wie das Denkmal von Edward Colston in Bristol: «Es steht buchstäblich drei Meter vom Meer entfernt und ist darum höchst gefährdet.» Das war für die Anhänger des Pfadfinder-Gründers aber völlig unakzeptabel. Ihre Parole lautete: «British History Matters», britische Geschichte müsse etwas gelten. «Lasst die Finger von unseren Denkmälern», war der Tenor der Proteste für den Status quo.