Sechstklässler ergreifen das Wort«Lassen Sie uns nach den Frühlingsferien bitte wieder in die Schule»
Schüler der sechsten Klasse des Schulhauses Hasenacker in Männedorf halten ihre Gedanken und Sorgen rund um das Coronavirus fest.
Die Corona-Krise betrifft alle. Aber nicht alle kämen gleichermassen zu Wort. Die Befindlichkeit der Kinder gehe in der medialen Berichterstattung oftmals vergessen, findet eine Gruppe Sechstklässler des Schulhauses Hasenacker in Männedorf. Mit der Hilfe ihrer Lehrerin, Nicole Chalchissa, haben sie deshalb das Schreibprojekt «Wir schreiben gegen das Coronavirus an» lanciert und sind mit ihren Texten an diese Zeitung gelangt.
«Die Kinder verzichten derzeit auf sehr viel», sagt Nicole Chalchissa, «sie müssen zu Hause bleiben und können ihre Freunde nicht mehr sehen – ihr ganzes Leben wurde von heute auf morgen auf den Kopf gestellt.» Umso wichtiger sei es ihnen, gehört und vor allem ernst genommen zu werden. Der Pädagogin ist es deshalb auch ein Anliegen, nicht zu sehr in die Texte ihrer Schülerinnen und Schüler einzugreifen. «Ich gebe Inputs, arbeite mit ihnen an der Formulierung oder dem roten Faden, aber ich gebe ihnen nicht vor, was sie schreiben müssen.»
Die folgenden Beiträge sind in den ersten drei Wochen des Notstands entstanden:
«Unser grösster Wunsch»
«Wir verstehen ja gut, dass wir nicht in die Schule gehen können, sondern zu Hause Fernlernunterricht haben. Wir finden das auch gut, weil es sonst fast zu einem Untergang der Welt führen würde. Aber lassen Sie uns nach den Frühlingsferien bitte wieder in die Schule! Denn wir wollen unbedingt ins Klassenlager und unsere Klassenkameraden noch einmal sehen, bevor wir Ende der sechsten Klasse auseinandergehen. Auch einen Abschluss wollen wir unbedingt machen. Und sonst lassen sie alle Klassen ein halbes Jahr wiederholen.»
Tim Kneller, 6. Klasse, Männedorf
«Nicht nur die Wirtschaft ist betroffen»
«Das Coronavirus betrifft ja die ganze Welt, doch insbesondere auch uns Schulkinder! Wir haben zwar Schule von zu Hause aus, aber die ist nicht mit der normalen Schule zu vergleichen. In der Schule trifft man sich mit Freunden, hat mehr Erklärungen und Abwechslung und legt jeden Tag ein paar Meter auf dem Schulweg und in der Pause zurück. Jetzt geht man nicht mehr automatisch raus, und wir werden ‹gemütlich›. Leider haben wir unsere Freunde nun seit drei Wochen nur auf Bildschirmen gesehen und nicht mehr treffen können.»
Felix Keller, 6. Klasse, Männedorf
«Wir sehen auch die positiven Momente»
«Niemand konnte vorhersehen oder hätte gedacht, dass es zu so einer Krise kommen würde, dass ein kleines Virus die Welt auf den Kopf stellen könnte. Die Menschen sind schon so weit entwickelt und herrschen über die Welt. Dabei haben sie aber völlig vergessen, wie es sich anfühlt, an der Stelle von Tieren zu sein und um das Leben kämpfen zu müssen. Diese schwierigen Zeiten sind nicht schön, aber sie haben auch etwas Gutes: Sie bringen die Menschen zu Verstand: Dazu, sich umeinander zu kümmern und die Arbeit mal auf der Seite zu lassen.»
Zornitsa Petseva und Orisha Mächler, 6. Klasse, Männedorf
«Einer für alle, alle für einen»
«Vor ein paar Monaten brach das Coronavirus in China aus. In der Schweiz haben wir uns erst noch über das scheinbar harmlose Virus lustig gemacht. Doch nun zeigt es seine Auswirkungen auf unser gesamtes Leben. Es ist die vierte Woche, in der wir uns mit dem ganzen Homeschooling-Kram herumschlagen. Am Anfang war es vielleicht noch cool, aber jede Medaille hat zwei Seiten. Technische Pannen mit dem iPad etwa oder auch, dass wir unsere Freunde nur noch per Telefon erreichen. Aus diesem Grund fordere ich alle auf: Helft uns dabei, wieder in die Schule gehen zu dürfen! Einer für alle, alle für einen!»
Ileana Steinegger, 6. Klasse, Männedorf
«Die Sicht der Kinder»
«Viele Menschen haben Bekannte, Freunde oder Familienangehörige wegen des Coronavirus verloren oder können sie zurzeit nicht besuchen. Und wir Kinder dürfen und können nichts dazu sagen, obwohl es uns am meisten betrifft. Wir kommen nach den Sommerferien in die Sek und beim Homeschooling geht so viel verloren: So viel Stoff, so viel Übung und so viel Kontakt mit den Klassenkameraden. Das ist einfach traurig! Natürlich: Für die Natur ist es im Moment ziemlich gut. Es ist aber für uns Kinder wichtig, dass die Politik sich Lösungen überlegt, sodass wir die Zeit bis zu den Sommerferien in der Schule verbringen können.»
Christian Müller, 6. Klasse, Männedorf
«Wir sind alle betroffen»
«Wir Schulkinder sitzen zu Hause, dürfen unsere Freunde nicht mehr sehen und haben Homeschooling. Wir als Sechstklässler können im schlimmsten Fall nicht einmal unsere Abschlussfeier machen, geschweige denn das Klassenlager durchführen! Die Spitäler sind voll und die Ärzte kämpfen täglich um mehr Menschenleben. Deshalb ist es besonders wichtig, zu Hause zu bleiben! Wir hören immer wieder von Hamsterkäufen oder dass Desinfektionsmittel geklaut wird. Das ist völlig unnötig! Wir hoffen, wir alle lernen aus dem Coronavirus. Nämlich: So etwas nächstes Mal schneller ernst zu nehmen und Ruhe zu bewahren.»
Eline Obrist, 6. Klasse, Männedorf
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