Ermittlungen gegen Fussballer eingestelltMbappé ist nach Monaten des Hörensagens entlastet
Schwedens Staatsanwaltschaft stellt die Ermittlungen gegen Kylian Mbappé wegen angeblicher sexueller Nötigung und Vergewaltigung aus Mangel an Beweisen ein.
Sein Name schien offiziell nie auf, in keiner Verlautbarung der schwedischen Justiz, weder vorher noch jetzt. Und doch wussten immer alle, dass er gemeint war: Kylian Mbappé.
Nun hat die Stockholmer Staatsanwaltschaft nach zwei Monaten die Ermittlungen wegen angeblicher Vergewaltigung und sexueller Nötigung gegen den französischen Fussballer von Real Madrid eingestellt. «Ich bin zur Überzeugung gelangt», schreibt die zuständige Staatsanwältin Marina Chirakova in einem Communiqué, das in Frankreich sofortige Eilmeldungen in den Medien auslöste, «dass die Beweise nicht ausreichten für eine Fortführung des Verfahrens.» Sie schliesse deshalb die Akte, ohne Folgen. «Die angezeigte Person wird keines Vergehens verdächtigt.»
Damit endet eine Affäre, in Frankreich auch als «Affaire Mbappé» bekannt, die von Beginn an durch Hörensagen und Berichte in den schwedischen Boulevardzeitungen «Aftonbladet» und «Expressen» genährt wurde. Und fast nur dadurch. Zur Erinnerung: Mbappé war Mitte Oktober mit einem Freund und ehemaligen Teamkollegen aus Pariser Zeiten, einem Bodyguard und seiner Assistentin nach Stockholm gereist, um sich zu vergnügen. Sein Wechsel zu Real im Sommer hatte sich als komplizierter als gedacht erwiesen – oder vielleicht waren auch einfach die Erwartungen beider Seiten zu hoch.
Er bat deshalb Didier Deschamps, den Trainer der französischen Nationalmannschaft, um eine Dispens von den Bleus: Die sollten gerade zwei Spiele absolvieren. Fünf Tage frei. Nach Stockholm reiste er, weil man ihm geraten hatte, eine diskrete Destination auszuwählen. Es kam anders. Paparazzi fanden schnell heraus, dass Mbappé in einem Hotel im Zentrum der Stadt untergebracht war. Sie fotografierten ihn im Ausgang exakt zum Zeitpunkt, als seine Kollegen der Nationalmannschaft aufliefen.
Man muss dazu wissen, dass Mbappé Captain der Bleus ist. In Frankreich, wo Mbappé immer mehr beweisen muss als alle anderen Spieler, begann da schon eine Polemik: Er schaut sich das Spiel nicht einmal im Fernsehen an und hängt stattdessen in einem Restaurant.
Dann berichteten die Blätter von zwei Nächten in einer bekannten Diskothek in Gesellschaft vieler junger Frauen, die von einem Eventmanager rekrutiert worden waren. Mit mindestens einer dieser jungen Frauen verbrachte Mbappé offenbar eine Nacht im Hotel. Zwei Tage nachdem er abgereist war, ging eine Anzeige wegen Vergewaltigung und sexueller Nötigung ein, von der die schwedischen Boulevardmedien schnell Wind bekamen.
Er verdächtigte seinen ehemaligen Verein
Mbappé reagierte sofort: «Fake News» seien das, schrieb er in den sozialen Medien, die ihn aber gar nicht überrasche. Ohne grosse Umwege verdächtigte er die Spitze seines früheren Vereins PSG, mit dem er sich noch immer um 55 Millionen Euro ausstehender Löhne und Prämien streitet. Diese stecke hinter einer Verleumdungskampagne gegen ihn.
Für den Tag nach den Berichten in den schwedischen Zeitungen war ein Termin im Gericht geplant. Seine vehemente Reaktion reichte nicht aus, um die Geschichte zu stoppen – im Gegenteil: Sie ging nun erst recht um die Welt. Seit 2011 gehört PSG einem staatlichen katarischen Investmentfonds – es kam also einiges zusammen: Sport, Business, Geopolitik und eine Affäre.
Dann wurde es still, fast zwei Monate lang. Mbappés sportliche Form blieb mässig, und mit den Medien sprach er nicht – bis zum vergangenen Sonntag. In einem langen Interview in der Sendung «Clique» auf Canal+ erzählte der 25-Jährige aus seinem neuen Leben in Madrid und was es heisse, immer im Fokus der Scheinwerfer und der Kritik zu stehen. Er tat das wie immer rhetorisch brillant, mit schnellen und genauen Sätzen, ohne sich über die Massen zu beklagen, ohne jede Weinerlichkeit. Er sei schliesslich glücklich, in Madrid erfülle er sich seinen Kindheitstraum.
Als ihn der Moderator zur Affäre befragte, die seinen Namen trägt, obschon der offiziell nie genannt wurde, sagte er, er sei noch immer sehr überrascht. Er wisse nicht einmal, wer ihn angezeigt habe. Und von der Staatsanwaltschaft habe er auch nichts gehört. Mit der jungen Frau, mit der er die Nacht verbracht habe, sei er noch mehrmals in Kontakt gewesen, alles okay. «Ich fühle mich nicht betroffen», sagte er: «Natürlich hat das viel Aufregung ausgelöst, aber es belastet mich nicht.»
Nun ist er auch von der Justiz entlastet worden. Und die Franzosen werden sich ab sofort wieder mit den sportlichen Leistungen ihres liebsten und gleichzeitig unliebsamsten Superstars beschäftigen können. Oder etwa nicht? Der Streit mit PSG geht in eine neue Runde, diesmal wird er vor einem Zivilgericht verhandelt, das in Arbeitsrechtsfällen angerufen wird.
Viele Franzosen – und viele Pariser im Besonderen – werfen Mbappé jetzt vor, er trachte in erster Linie nach dem Geld, wo er doch schon genug davon verdient habe. Man vergibt ihm nun mal nicht, dass er die Heimat verlassen hat, um in einem richtig grossen Verein zu spielen.
Fehler gefunden?Jetzt melden.