Küsnacht im Spiegel von Erinnerungen und Ereignissen
Das neue Küsnachter Jahrheft lässt in das Dorfleben von einst und jetzt blicken. Im Fokus stehen Dinge mit ihren ganz eigenen Geschichten.
Was hat der Vitaminmangel eines Menschen aus dem Mittelalter mit handgestrickten Socken und der SVP zu tun? Wenn Sie es wissen, dann sind Sie ein echter Küsnachter. Denn als solcher kennen Sie das neue Jahrheft Ihrer Wohn- oder Heimatgemeinde freilich bereits. Soviel nämlich haben die drei Dinge gemeinsam: Sie finden alle im 59. Jahrgang der Publikation zu Küsnachts Geschichte und Gegenwart ihren Niederschlag.
Seit kurzem nun ist das Heft erhältlich. Herausgegeben hat es – wie die Jahre zuvor – der Küsnachter Verein für Ortsgeschichte. Wer die Schrift durchblättert, stellt bald fest: In ihr widerspiegelt sich der facettenreiche Kosmos einer Gemeinde, die sich trotz ihrer Grösse noch immer als Dorf versteht. Wo persönliche Erinnerungen und Erlebnisse denselben Stellenwert bekommen wie die Dinge, die über die Grenzen des Orts ihre Wellen geschlagen haben.
Mittelalterliche Knochen
Zu Letzteren zählen etwa die Funde mittelalterlicher Gräber. Diese wurden voriges Jahr bei Sanierungsarbeiten am Singsaal der Kantonsschule getätigt. Dabei habe eines der Skelette auffällig gekrümmte Oberschenkelknochen aufgewiesen – ein Zeichen für Vitamin-D-Mangel. Dies schreiben Angela Mastaglio und Werner Wild von der Kantonsarchäologie sowie die Anthropologin Sabrina Meyer – und führen weiter aus, was sich an Krankheiten, aber auch über den Umgang mit den Toten an den Gebeinen herauslesen lässt. Die Autoren sehen in den gut erhaltenen Funden denn auch eine überregionale Bedeutung.
Letztere trifft auch für Salomon Landolt und Gottfried Keller zu. Dem Landvogt von Greifensee und seinem literarischen Ebenbild aus Kellers Feder widmet Manfred Papst, Kulturredaktor bei der NZZ am Sonntag, einen Beitrag. Anlass geben dem Autor die Gedenkjahre der beiden Persönlichkeiten. Und bis nach Russland weist der Aufsatz von Eugen Voss. In seiner Fortsetzung aus dem letzten Jahrheft beleuchtet er die Lebensumbrüche, die etliche Schweizer im Zuge der russischen Revolution erfahren haben.
«Bunter Reigen»
Es waren dies die Auslandschweizer in Russland. Enteignung, Flucht, Armut und der Aufbau einer neuen Existenz in der Schweiz prägten diese Biografien ab 1918. So auch jene von Voss‘ Eltern: Ihr Haus am Schiedhaldensteig war Jahre danach lange der Ort gesellschaftlicher Treffen von Russlandschweizern.
Persönliche Erinnerungen und Anekdoten finden sich eine ganze Reihe in dem Heft. Das ist dem Themenschwerpunkt «Von Sachen, Gegenständen und Objekten» geschuldet. Er gibt Einblick in unterschiedlichste Erfahrungswelten. Sei es ein vertrocknetes Palmenblatt, ein Jugendstil-Fischbesteck – oder selber gestrickte Socken: Sie und weitere Dinge haben für ihre Besitzer eine ganz eigene Bedeutung. Die authentischen Texte – alle mit Küsnachter Bezug – lassen denn auch viel von der jeweiligen Faszination und Lebensgeschichte spüren.
Von einem «bunten Reigen der Beiträge» schreibt Schriftleiter Alfred Egli in seinem Vorwort. Diese Vielfalt setzt sich mit dem Artikel von Martin Bachmann fort. Der Autor zeichnet die 100-jährige Geschichte der örtlichen SVP, einst Bauernpartei, nach. Je ein Kapitel zur Künstlerin Elisabeth Wettstein-Wille und über Jugenderinnerungen rundet, mit Dorfchronik und Nachrufen, das Jahrheft ab.
Erhältlich in der Buchhandlung Wolf, Zürichstrasse 149, und in der Papeterie Köhler, Bahnhofstrasse 2a, in Küsnacht. 25 Franken.
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