Chinesische InternetzensurKritiker weggezoomt
Die populäre Video-Plattform Zoom hat sich dem Druck aus Peking gebeugt – und Menschenrechtsaktivisten in den USA und Hongkong geblockt.
Die Konferenzplattform Zoom hat eingeräumt, drei Videokonferenzen chinesischer Menschenrechtsaktivisten in den USA und Hongkong auf Druck der Regierung in Peking geblockt und die Konten der Gastgeber geschlossen zu haben. Das Vorgehen des Unternehmens gegen die chinesischen Aktivisten löste scharfe Kritik aus. Inhaltliches Ziel der Blockaden waren Gedenkanlässe für die Opfer der blutigen Niederschlagung der Demokratiebewegung 1989 in China gewesen.
Das Unternehmen hat sich dem Zensurdruck aus China just in dem Moment gebeugt, in dem es weltweit seine grössten Erfolge feiert. In der Corona-Krise stieg die Nutzung von Zoom nicht nur im Homeoffice, sondern auch durch Privatleute und für Sportkurse oder Gottesdienste. Im April gab es bis zu 300 Millionen Teilnahmen an Videokonferenzen täglich – im Vergleich zu zehn Millionen im Dezember. Im Mai ging die Zahl leicht zurück, doch die Umsatzsteigerung um 150 Prozent im Vergleich zum Vorjahr bleibt ausserordentlich.
«Das hätte keine Auswirkungen auf Nutzer ausserhalb Festlandchinas haben sollen.»
Wie andere grosse Internetunternehmen ist nun auch Zoom zwischen die Fronten der Zensur in China und der freien Meinungsäusserung im Westen geraten. Zoom argumentiert, sich als globales Unternehmen an die Gesetze in den jeweiligen Ländern halten zu müssen. «Wir bemühen uns, unsere Massnahmen darauf zu begrenzen, die notwendig sind, um örtliche Gesetze zu erfüllen», hiess es. «Unsere Antwort hätte keine Auswirkungen auf Nutzer ausserhalb Festlandchinas haben sollen.»
Das in San José in Kalifornien ansässige Unternehmen teilte am Freitag mit, die Konten der Aktivisten seien inzwischen wieder aktiviert worden. Allerdings werde die Plattform auch in Zukunft den Anweisungen chinesischer Stellen über als «illegal» betrachtete Aktivitäten folgen, gleichwohl Konten und Aktivitäten ausserhalb Chinas nicht mehr beschränken. «Über die nächsten Tage» werde eine Software entwickelt, die es ermöglichen solle, Teilnehmer nach ihrem jeweiligen Standort ausschliessen zu können. «Das ermöglicht es uns, Forderungen lokaler Behörden zu erfüllen, wenn diese Aktivitäten auf unserer Plattform als illegal innerhalb ihrer Grenzen betrachten.»
Eingeschränkte Zoom-Nutzung in China
In China selbst wird Zoom bislang kaum eingesetzt. Verlesungen an Universitäten und Konferenzen in Unternehmen werden dieser Tage meistens mit Tencent Meeting oder Dingding von Alibaba abgehalten. Beide Dienste operieren im Unterschied zu Zoom auf chinesischen Servern und können von den Behörden ohne grosse Schwierigkeiten zensiert werden.
Zoom hingegen war in den vergangenen Wochen populär bei vielen Chinesen, die sich an Diskussionen und Veranstaltungen ausserhalb Chinas beteiligen wollten. Via Zoom konnten sie die sonst strenge Internetzensur umgehen. Im Unterschied zu Google, Facebook oder Twitter ist Zoom nämlich in China nicht gesperrt. Den chinesischen Behörden war das ein Dorn im Auge.
Offenbar auf Druck aus Peking erlaubt Zoom bereits seit Mai keine individuellen Konten mehr in China, sodass chinesische Nutzer keine Videotreffen mehr organisieren können. Weiterhin teilnehmen darf man. Digitale Sitzungen kann man aus China jedoch nur noch einrichten, wenn man eine Firma mit Geschäftslizenz in China ist. Und künftig müssen chinesische Nutzer fürchten, dass ihre Konten komplett gesperrt werden.
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