Neues SP-PräsidiumKritik haben sie wegdiskutiert
Mattea Meyer und Cédric Wermuth sind als Co-Präsidenten der SP Schweiz so gut wie gewählt. Ihre Kritiker aus der Westschweiz sind verstummt.
War da mal ein Zwist? Gärten da mal Gefühle von Unbehagen? Wenige Wochen erst sind vergangen, da äusserten Westschweizer Genossen gegen die Doppelkandidatur von Mattea Meyer und Cédric Wermuth fürs Präsidium der SP Schweiz erhebliche Vorbehalte. Bereits wurden Pläne für eine Gegenkandidatur gewälzt, nachdem sich das zürcherisch-walliserische Duo Priska Seiler und Matthias Reynard wegen Reynards Regierungsratsambitionen aus dem Rennen genommen hatte.
Die Pläne sind vom Tisch. Die Parteilinke und die Parteirechte sind zusammengerückt. Die SP hat die innere Ruhe wiedergefunden. Am Mittwoch lief die Anmeldefrist für die Nachfolge von Christian Levrat ab. Seither ist klar: Der Bieler SP-Politiker Martin Schwab ist der einzige Gegenkandidat von Meyer und Wermuth. So ehrenwert Schwabs persönlicher Effort ist: Von einer Kampfkandidatur kann man nicht sprechen. Zu unbekannt, zu wenig vernetzt ist der Elektriker in der SP Schweiz.
Bescheidenes Interesse
Am Donnerstagabend stellten sich das Duo Meyer/Wermuth und Martin Schwab in der Lausanner SP-Zentrale «Maison du Peuple» (Volkshaus) einem Hearing. Am Anlass ging fast vergessen: Auch in der Waadt wurden die Zürcherin und der Aargauer kritisch beäugt. Das hat sich geändert. «Die Kandidaten überzeugen uns», betonte die Waadtländer SP-Präsidentin Jessica Jaccoud am Donnerstag. Das Interesse am Hearing war dennoch bescheiden. Kaum 20 Genossinnen und Genossen sassen im Saal. Mattea Meyer sprach die Kritiker offen an. Sie sei es leid, zu hören, sie habe vom realen Leben keine Ahnung, und müde, sich rechtfertigen zu müssen, warum sie sich für das SP-Präsidium bewerbe, stellte sie klar. Cédric Wermuth war wiederum bemüht, die Kritik kleinzureden. Eine Fundamentalkritik habe es nie gegeben, und sowieso hätten in der SP alle das Recht, Kritik zu üben, so der Aargauer.
«Wir wollten klarmachen, was wir denken, und schauen, wie sie reagieren.»
Doch den 24 SP-Bundesparlamentarierinnen und -Parlamentariern war durchaus ernst, als sie vor zwei Monaten in einem Brief an Meyer und Wermuth ihre Besorgnis ausdrückten, in der SP erodiere die innerparteiliche Meinungsvielfalt. Der liberale Flügel werde zurückgebunden, monierte die Gruppe mit den Nationalrätinnen Flavia Wasserfallen, Yvonne Feri und Matthias Aebischer. Auch der Lausanner SP-Nationalrat Samuel Bendahan setzte seine Signatur unter das Schreiben. Über die Aktion sagt er heute: «Wir handelten nicht in der Logik des Drohens. Wir wollten klarmachen, was wir denken, und schauen, wie sie reagieren.» Man habe sich in der Diskussionen auf möglichst viele Gemeinsamkeiten einigen können, so Bendahan.
Zwei Punkte streicht der Ökonom heraus. Die SP dürfte das Vizepräsidium an ihrem Parteitag Mitte Oktober von fünf auf sieben Mitglieder ausbauen, um die Meinungsvielfalt zu erhöhen und mehr Vertreter verschiedener Regionen in der Parteileitung zu haben. Samuel Bendahan ist einer von neun Anwärtern fürs Vizepräsidium. Weiter willigten Meyer und Wermuth ein, ein Ideenlabor einzurichten mit dem grossen Ziel, dass daraus künftige Volksinitiativen hervorgehen.
Idee für mehr Dynamik
Das am 29. August verabschiedete Grundlagenpapier, auf das sich die neue SP-Führung mit ihren Kritikern einigte, ist aber weit umfangreicher, wenn auch wenig konkret. Im Papier, das dieser Zeitung vorliegt, heisst es, es müssten neue Formen des Politaktivismus gefunden werden, damit die Partei dynamischer auftrete. Die SP müsse ihre regionale Verankerung stärken, darum müssten nationale Aktionen mit lokalen Bedürfnissen in Einklang stehen. Auch soll die Partei ihre Kontakte zu anderen Organisationen und Interessengruppen stärken.
Mattea Meyer und Cédric Wermuth machten mit ihrem Auftritt in Lausanne klar: Die parteiinternen Differenzen sind längst aus der Welt diskutiert – sollten sie je existiert haben. Die Erinnerung an die von den ehemaligen Jusos vor Jahren ausgerufene Doktrin, der Kapitalismus müsse überwunden werden, mochte in der «Maison de Peuple» niemand auffrischen. Der Umgang war handzahm. Bevor Cédric Wermuth am Ende selbst eine Rose bekam, verteilte er Blumen ins Publikum. «Nicht wir in Bern schaffen Vertrauen, sondern die Leute auf dem Terrain», sagte er.
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