Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

Nach Interview zum Ukraine-Krieg
Kritik aus eigener Partei an Berset

Plädierte zur Bewahrung eines «harten Kerns» der Neutralität: Bundespräsident Alain Berset. (10. März 2023)
Jetzt abonnieren und von der Vorlesefunktion profitieren.
BotTalk

Bundespräsident Alain Berset (SP) hat mit Aussagen zur Neutralität im Ukraine-Krieg Kritik aus der eigenen Partei auf sich gezogen. Die Regierung agiere wenig kohärent und verstecke sich hinter der Neutralität, sagte SP-Co-Präsident Cédric Wermuth in einem Interview.

«Ich teile den Wunsch von Alain Berset nach einem Ende des Blutvergiessens, aber weder seine Analyse noch die Schlussfolgerungen», sagte der Aargauer Nationalrat der Online-Ausgabe der «Neuen Zürcher Zeitung» vom Montag. Im Moment gebe es keine Perspektive für Verhandlungen. «Putin hat andere Ziele, er ist das einzige Hindernis für Frieden.»

Der Bundesrat sei «leider wenig kohärent», sagte Wermuth. Wenn dieser schon gegen die Wiederausfuhr von Munition sei, müsse er wenigstens an der Spitze sein, wenn es um die Sanktionen gegen Oligarchen, den Rohstoffhandel, den Schuldenschnitt für die Ukraine und um die humanitäre Hilfe gehe. «Er versteckt sich überall hinter der Neutralität.» Man könne davon ausgehen, dass die SP-Parteispitze diese Haltung ihren Bundesräten «sehr deutlich» mitteile.

Berset hatte am Wochenende in einem Zeitungsinterview die Haltung der Schweizer Regierung im Ukraine-Krieg verteidigt. Der Bundesrat ist demnach strikte dagegen, dass europäische Staaten Schweizer Waffen an die Ukraine zur Verteidigung gegen den russischen Angriff weitergeben können. Stattdessen unterstrich er das Engagement der Schweiz für den Schutz der Zivilbevölkerung.

«Kriegsrausch in gewissen Kreisen»

Schweizer Waffen dürften nicht in Kriegen zum Einsatz kommen, sagte Berset und plädierte zur Bewahrung eines «harten Kerns» der Neutralität. Es gehe nicht, dass die Schweiz ohne Rücksicht auf die Gesetzesgrundlage alles ändere. Er warnte zudem vor einer Stimmung wie vor dem Ersten Weltkrieg. «Ich spüre auch heute diesen Kriegsrausch in gewissen Kreisen. Und darüber bin ich sehr besorgt.»

Die Aussagen brachten Berset im In- und Ausland teils heftige Kritik ein. Aus allen Parteien mit Ausnahme der SVP setzte es Schelte ab. Mit den Aussagen stelle sich die Schweiz in dem Konflikt auf die Seite Russlands und würde alle Bemühungen zur Verteidigung der Ukraine als Kriegstreiberei qualifizieren, sagte etwa Mitte-Parteipräsident Gerhard Pfister dem Schweizer Radio und Fernsehen SRF.

Der frühere estnische Staatspräsident Toomas Hendrik Ilves schrieb auf Twitter, Alain Berset sei ein Name, den alle lernen und zu einem Synonym dafür machen sollten, dass man «bis zur völligen Absurdität hinabsteige», um das Unhaltbare zu verteidigen.

Internationale Medien

Auch internationale Medien sind auf das Interview von Berset aufmerksam geworden. Die «Financial Times» titelte am Montag: «Schweizer Bundespräsident wehrt sich gegen Waffenlieferungen an die Ukraine». Der Bericht geht unter anderem darauf ein, dass Länder wie Deutschland bereits länger auf eine Erlaubnis zur Weitergabe von Schweizer Waffen an die Ukraine pochen. Mit seiner Aussage enttäusche Berset nun diejenigen, die sich eine Wende von der Schweiz erhofft hatten.  

In der «New York Times» erklärt wiederum ein «hochrangiger westlicher Beamter», dass die Schweiz westlichen Diplomaten das Gefühl vermittle, sie strebe eine «Neutralität zum wirtschaftlichen Nutzen» an. Das monatelange «Händeringen» der Regierung in Bern habe die Schweiz bei den Nachbarländern unbeliebt gemacht. «Jeder weiss, dass dies der Schweiz schadet. Die gesamte Europäische Union ist verärgert. Die Amerikaner sind verärgert. Der Unmut kommt auch von den Russen», wird in dem Bericht Sacha Zala zitiert, Historiker an der Universität Bern. Die aktuelle Situation zeige jedoch, wie tief der Glaube an die Neutralität in der Schweizer Bevölkerung verankert sei.

SDA/aru