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Ausweg aus der Krise
Kreative Hoteliers kämpfen um die letzten Gäste

Wenigstens kommen überhaupt noch Gäste: Fast leerer Speisesaal im Hotel Thessoni in Regensdorf ZH.
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Ein Hobbyfischer war im vergangenen Monat einer der vereinzelten Gäste im Hotel Weisses Kreuz in Brienz im Berner Oberland. Auf dem Brienzersee, wo er seine Tage verbrachte, hatte er mit dem Virus nichts zu tun. Ein Hotelkoch bereitete ihm tagsüber das Essen vor, abends wärmte er es auf. Alle anderen Buchungen waren storniert worden. Die Hotelréception blieb unbesetzt.

Ähnlich wie dem Weissen Kreuz geht es aktuell den meisten Hotels in der Schweiz, so sie denn überhaupt geöffnet sind. Drei Viertel der rund 2000 Mitglieder des Verbands Hotelleriesuisse haben vorübergehend geschlossen. Im April dürfte der Umsatzrückgang branchenweit 90 Prozent betragen. Nachdem der Bundesrat am Donnerstag seine Exit-Pläne skizziert hat und die Hotellerie keine Rolle darin spielt, bleibt die Verunsicherung gross. Der Verband befürchtet, dass über ein Fünftel die Krise trotz Notkrediten und Kurzarbeit nicht überleben wird. Er fordert darum unter anderem, dass in Härtefällen die Rückzahlungspflichten ganz oder teilweise aufgehoben werden.

Einige Hoteliers versuchen derweil auf kreative Weise, das Schlimmste abzuwenden. So bittet das Weisse Kreuz in Brienz Sympathisanten, für ein paar Hundert Franken eine Patenschaft für ein Zimmer zu übernehmen. Als Dank dürfen sie in jedem der kommenden vier Jahre eine Nacht in ihrem Zimmer verbringen. «Eine Handvoll Personen haben sich schon engagiert», sagt Geschäftsführer Mathias Huggler. Dank deren gutem Willen könne man immerhin einen Teil der laufenden Kosten begleichen.

Viel Konkurrenz

Andere Hoteliers versuchen, ihre Zimmer mit Gästen zu füllen, die genug haben vom Arbeiten zu Hause. Im Internet preisen Dutzende Hotels ihre Zimmer fürs Homeoffice, beziehungsweise Hoteloffice, an. Das Zunfthaus zu Wirthen in Solothurn bietet für 25 Franken pro Tag ein Zimmer für jene, die sich daheim «nicht genügend konzentrieren können, weil nun die ganze Familie zu Hause ist», so das Angebot auf der Internetseite des Betriebs. Fünf bis zehn Personen nützten das Angebot jeden Tag, sagt Pächter Chris van den Broeke. Mehr als ein Unkostenbeitrag sei das allerdings nicht.

Als einer der Ersten bot Roger Gloor vom Hotel Thessoni in Regensdorf bei Zürich schon Anfang März Tagesbüros an. Da bereits im Januar Buchungen von Kongressgästen aus Asien storniert worden waren, sah er früh, dass sich ein Sturm zusammenbraute. Eine Handvoll Tages-Bürozimmer konnte er Mitte März noch vermieten. «Doch seit andere an zentralerer Lage auf die gleiche Idee gekommen sind, kommt niemand mehr zum Arbeiten zu mir.»

Roger Gloor vom Hotel Thessoni in Regensdorf muss improvisieren.

Stattdessen hat er eine weitere Nische besetzt: Langzeitaufenthalter aller Art. Solche, die wegen der Krise nicht wie geplant in eine neue Wohnung ziehen konnten. Solche, die im Ausland leben, dort aber wegen der aktuellen Grenzschliessungen nicht einreisen dürfen. Und solche, die sich Risikopersonen im eigenen Haushalt zuliebe selbst isolieren. «Ich biete meine Zimmer teilweise zu 60 Prozent unter dem üblichen Preis auf Airbnb und Wohnungsplattformen an», sagt Gloor. Das günstigste kostet im Monat 1200 Franken. Immerhin 25 davon sind vermietet. Dank der ungewohnten Gäste schmelzen Gloors Reserven und der Corona-Kredit der Bank nicht ganz so schnell weg.

Tausende Militär-Übernachtungen

Und dann lernen einige Hoteliers noch eine ganz neue Gästegruppe kennen. Sie trägt Tarnanzug. Hunderte Armeeangehörige wurden seit Mitte März in Hotelzimmern untergebracht. Sie waren unter anderem für sanitätsdienstliche Leistungen aufgeboten worden. «In den unterirdischen Unterkünften der Armee können die Hygienemassnahmen des Bundesamts für Gesundheit nicht umgesetzt werden», begründet eine Armeesprecherin den Schritt. «Die Zahl der überirdisch verfügbaren Armeeunterkünfte inklusive provisorischer Unterkünfte wie Turnhallen reichten nicht aus, um alle Armeeangehörigen unterzubringen.»

Plötzlich tragen die Gäste Uniform: Auch das Hotel Marthahaus in Bern beherbergt im Moment Armeeangehörige.

Wie viele Nächte das Militär genau gebucht hat, kann die Sprecherin nicht sagen, da dies nicht zentral erfasst werde. Es waren sicherlich mehrere Tausend. Hotelleriesuisse gibt an, Erstbuchungen von rund 400 Zimmern in Dutzenden Hotels vermittelt zu haben. In diesen Zahlen ist allerdings nicht enthalten, dass die einzelnen Kompanien nicht nur eine Nacht dort verbrachten.

Im Verwaltungsreglement der Armee sind bis auf Stufe Unteroffiziere maximal 30 Franken pro Nacht als Budget vorgesehen, für höhere Grade sind es 70 Franken. In normalen Zeiten schläft man damit nicht in Viersternhotels wie dem Novotel Messe Bern, das dann für sein günstigstes Zimmer weit über 100 Franken verlangt. In Corona-Zeiten schon. Ein Tiefstpreis ist besser als nichts.