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FDP-Vorschläge gegen steigende Prämien
So kommt man schon heute zu einer Krankenkasse light

Chronisch Kranke sollen Mehrjahresverträge mit den Krankenkassen abschliessen, findet die FDP. 
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Rechtzeitig vor der Prämienrunde im Herbst präsentieren die Freisinnigen ihr Rezept gegen steigende Prämien. Sie verlangen vom Bundesrat ein Krankenversicherungsmodell mit «sehr niedrigen» Prämien. Erzielen will die FDP Prämienrabatte von bis zu 25 Prozent mit zahlreichen Einschränkungen, die die Versicherten wählen könnten, wie der «SonntagsBlick» berichtete. Profitieren solle der Mittelstand, der unter der hohen Prämienlast am meisten leide, weil er keine Prämienverbilligung erhalte. Einige der Vorschläge können Krankenkassen freilich heute schon umsetzen, wenn dies von den Versicherten gewünscht wird. Anderes bedingt Anpassungen am Gesetz. Eine Übersicht:

Mehrjahresverträge mit der Krankenkasse

Die Freisinnigen sehen Mehrjahresverträge als Mittel, um chronisch kranke Versicherte besser und zu geringeren Kosten behandeln zu können. Die Kassen sollen für diese Versicherten sogenannte Managed-Care-Modelle anbieten, bei der die Behandlungen von einer zentralen Stelle koordiniert und aufeinander abgestimmt werden. Solche Managed-Care-Versicherungen können die Kassen bereits heute anbieten. Allerdings würden sich die Modelle für die Versicherer nur lohnen, wenn Patientinnen und Patienten über längere Zeit entsprechend versichert seien, so die FDP. Deshalb will sie mehrjährige Verträge ermöglichen, die mit einem Prämienrabatt belohnt werden. 

Damit die Versicherer solche Mehrjahresverträge anbieten können, braucht es eine Gesetzesänderung. Die Forderung nach Mehrjahresverträgen stellt neben der FDP auch die Gesundheitskommission des Nationalrats. Eine entsprechende Motion hat sie im April verabschiedet.

Höhere Franchisen

Die Erhöhung der Maximalfranchise ist eine alte Forderung der FDP. Dafür ist keine Gesetzesänderung nötig, der Bundesrat kann die Franchisenhöhe per Verordnung festlegen. Heute liegt die maximale Franchise für Erwachsene bei 2500 Franken im Jahr, die ordentliche (minimale) Franchise bei 300 Franken. Je höher die Wahlfranchise, desto höher der Prämienrabatt.

Hohe Franchisen lohnen sich für gesunde Versicherte. Chronisch Kranke können davon nicht profitieren. Zudem haben hohe Franchisen für Versicherte mit kleinem finanziellem Spielraum einen Haken: Im Krankheitsfall können sie unter Umständen die Rechnungen nicht bezahlen oder warten zu lange, bis sie sich behandeln lassen: Die Folgen sind unter Umständen höhere Behandlungskosten für die Krankenversicherung. Eine hohe Franchise sollte deshalb nur wählen, wer das Geld für den Krankheitsfall zur Seite legen kann.

Vertragsfreiheit für die Kassen

Der umstrittenste Vorschlag der FDP ist die Vertragsfreiheit für die Krankenkassen: Künftig sollen diese nicht mehr mit allen zugelassenen Ärztinnen und Ärzten sowie mit allen Spitälern auf der kantonalen Liste Verträge abschliessen müssen. Die Versicherten könnten sich also nicht mehr bei allen Ärzten und in allen Spitälern behandeln lassen, sondern nur noch bei jenen mit einem Vertrag mit ihrer Krankenkasse. Dazu wäre eine Gesetzänderung nötig.

Die Befürworter der Vertragsfreiheit gehen davon aus, dass mit dem heutigen Vertragszwang für die Kassen ein medizinisches Überangebot entsteht. Jede neue Arztpraxis, die über die Grundversicherung abrechnen kann, verursacht zusätzliche Kosten, weil die Patienten das zusätzliche medizinische Angebot nutzen. Und die Kassen müssen heute mit allen zugelassenen Ärztinnen und Ärzten abrechnen. Allerdings können die Krankenkassen bereits heute Modelle mit Prämienrabatten anbieten, die Einschränkungen sowohl der Arzt- als auch der Spitalwahl vorsehen. Und das tun sie auch. Solche Light-Modelle gibt es also bereits.

Weil die FDP die Vertragsfreiheit nicht nur auf die Ärzte, sondern auch auf die Spitäler anwenden möchte, dürfte der Widerstand noch grösser ausfallen.

Der Versuch, den Vertragszwang mit den frei praktizierenden Ärzten generell abzuschaffen, ist bisher im Parlament immer gescheitert. Die Ärzteschaft hatte jeweils mit dem Referendum gedroht und würde eine solche Vorlage garantiert mit dem Referendum bekämpfen. 2012 scheiterte bereits eine milde Variante in der Volksabstimmung: Bei dieser sogenannten Managed-Care-Vorlage hätten Versicherte, die sich keinem Modell mit eingeschränkter Arztwahl anschliessen, einen höheren Selbstbehalt bezahlen müssen. Die Vorlage wurde von der Ärzteverbindung FMH sowie von SP und Gewerkschaften bekämpft und vom Volk mit 76 Prozent Nein-Anteil deutlich verworfen. 

Weil die FDP nun die Vertragsfreiheit nicht nur auf die Ärzte, sondern auch auf die Spitäler anwenden möchte, dürfte der Widerstand noch grösser ausfallen. Deshalb hat eine solche Reform nur geringe Chancen. 

 Streichung medizinischer Leistungen 

Die Versicherten sollen auf gewisse medizinische Leistungen verzichten und damit von tieferen Prämien profitieren können. Als Beispiele nennt die FDP die Komplementärmedizin und den konsequenten Verzicht auf Originalmedikamente, sofern es ein Generikum gibt. Eine solche Generikapflicht können die Kassen bereits heute in speziellen Versicherungsmodellen anbieten, wie das Bundesamt für Gesundheit (BAG) mitteilt. Sonst gilt in der Grundversicherung heute, dass für ein Originalpräparat ein Selbstbehalt von 20 Prozent statt 10 Prozent bezahlt werden muss. Dieser differenzierte Selbstbehalt wird aber nur dann angewandt, wenn der Preisunterschied zwischen Generikum und Original einen bestimmten Wert übersteigt.

Die Ausnahme der Komplementärmedizin aus dem Leistungskatalog ist nach geltendem Gesetz nicht möglich. Solche wählbaren Einschränkungen des Leistungskatalogs müssten laut BAG gesetzlich geregelt werden. Der Verzicht auf Komplementärmedizin hätte ohnehin nur einen geringen Effekt auf die Prämienhöhe, da Homöopathie und Co. nur einen geringen Anteil am Gesamtkuchen der Grundversicherung ausmachen.

Elektronisches Patientendossier obligatorisch

Nur die wenigsten Versicherten haben heute ein elektronisches Patientendossier (EPD). Das will die FDP ändern: Wer eine Budget-Versicherung abschliesst, für den wäre das EPD obligatorisch. Das Ziel eines solchen Obligatoriums ist die effizientere Behandlung der Patientinnen und Patienten. Wenn alle Behandlungsdaten konsequent ins Dossier geladen werden, können Ärztinnen und Ärzte die Behandlungen besser koordinieren. Mehrfachuntersuchungen und Doppelbehandlungen könnten verhindert werden, so die Idee.