Korruptionsvorwürfe und 5G-SanktionenHaftbefehl zeigt, wie Geld von Huawei an EU-Politiker floss
Der chinesische Konzern soll 15 Abgeordnete bezahlt haben, damit sie sich gegen 5G-Sanktionen wehren. Der Skandal erschüttert das Europaparlament.

In einem ausführlichen Brief an die EU-Kommission machten sich EU-Abgeordnete Anfang 2021 für die Mobilfunktechnologie 5G stark. Während sie dessen Vorzüge herausstrichen, hätten einige Mitgliedsstaaten «leider die Verwendung ausländischer 5G-Geräte verboten oder beabsichtigen, dies zu tun», kritisierten die Parlamentarier.
Sie taten das nicht ganz uneigennützig: Vor kurzem wurden schwere Korruptionsvorwürfe gegen den Telekommunikationsgiganten Huawei erhoben. Offenbar hat der chinesische Konzern den Brief selber verfasst und die Abgeordneten gegen Geld unterzeichnen lassen.
Nach 21 Hausdurchsuchungen wurden darauf zwei Parlamentsbüros versiegelt. Vier Personen wurden vorübergehend festgenommen, eine fünfte gegen Auflagen freigelassen. Laut der belgischen Staatsanwaltschaft werden 15 Politiker verdächtigt, in die Affäre verwickelt zu sein. Es gehe um «Vergütungen für die Übernahme politischer Ämter, übermässige Geschenke wie Essen und Reisekosten sowie regelmässige Einladungen zu Fussballspielen, um im Rahmen politischer Entscheidungen rein private kommerzielle Interessen zu fördern».
Geldströme via externe Firmen
Dem «Spiegel» liegt nun ein europäischer Haftbefehl gegen die Assistentin von Fulvio Martusciello, einem EU-Abgeordneten der konservativen Forza Italia vor. Er soll die Liste der Unterschriften auf dem Brief angeführt haben. Seiner Assistentin wird organisierte Kriminalität, Geldwäsche und Korruption vorgeworfen.

Huawei soll zwei externe Unternehmen genutzt haben, um Zuwendungen an den italienischen Abgeordneten Martusciello und sein Umfeld bereitzustellen. Diese Firmen überwiesen laut Haftbefehl insgesamt 45’950 Euro an einen ehemaligen Berater Martusciellos, der dafür Rechnungen ausstellte.
Der Berater, ein Portugiese, der angeblich am 5G-Brief mitgearbeitet haben soll, leitete Teile des Geldes an Martusciello, dessen Assistentin und andere Empfänger weiter. Martusciello, seine Assistentin sowie der portugiesische Beschuldigte bestreiten die Vorwürfe.

Auch ein 5G-Lobbyist namens Valerio O. aus Brüssel soll seine Hände im Spiel gehabt haben. Als Ermittler ihn abhörten, sagte er, Huawei überschreite Grenzen und zahle für Gesetzesänderungen. Ausserdem erhielt ein Brüsseler Berater Zahlungen in Höhe von 14’800 Euro.
Laut Haftbefehl wussten chinesische Führungskräfte von Huawei, so etwa der damalige Direktor des Huawei-Büros in Brüssel, von den Aktivitäten. Huawei betont, man nehme die Anschuldigungen ernst und werde weiter mit den Ermittlern kommunizieren, um die Situation besser zu verstehen.
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