Kommentar zu Korruptionsgeldern Die Schweiz profitiert einmal mehr von grossem Unrecht
Statt ärmeren Staaten konfiszierte Vermögen zurückzugeben, bessert die Schweiz damit ihre eigene Bilanz auf. Das ist unanständig – und muss sich ändern.
In der Demokratischen Republik Kongo lebt mehr als die Hälfte der Menschen mit weniger als 60 Franken im Monat. In der Schweiz hat die Hälfte der Erwerbstätigen einen Monatslohn von mehr als 6500 Franken, also über hundertmal mehr. Wenn nun korrupte Geschäftsleute und Beamte das kongolesische Staatsvermögen plündern, die geraubten Millionen in die Schweiz bringen und das später auffliegt – dann gibt die reiche Schweiz das Geld selbstverständlich zurück.
Könnte man meinen.
Doch die Realität sieht anders aus. In den letzten Jahren kassierte die Schweiz Hunderte Millionen aus Verbrechen in ärmeren Ländern – und behielt das Geld für sich. Der Posten in der Staatsrechnung mit dem nüchternen Namen «Eingezogene Vermögenswerte» ist sprunghaft gestiegen. Den internationalen Korruptionsfällen sei Dank, in denen Schweizer Akteure mitmischten. Und den aktuellen Gesetzen, welche die Rückgabe der Gelder in die Herkunftsländer nur in bestimmten Konstellationen ermöglichen.
Es leuchtet ein, dass die Schweiz konfiszierte Gelder nicht einfach blindlings in einen Unrechtsstaat zurücküberweisen kann. Zu gross wäre das Risiko, dass es dort gleich wieder in korrupte Kanäle verschwindet. Aber es gibt andere Möglichkeiten. Die Schweiz könnte beispielsweise einen Fonds schaffen für zusätzliche Entwicklungsprojekte in jenen Ländern oder Regionen, aus denen das Geld ursprünglich geraubt wurde.
Das Parlament hat den Bundesrat schon vor bald fünf Jahren beauftragt, neue Wege für den Umgang mit den eingezogenen Geldern aufzuzeigen. Bis heute hat das Aussendepartement die verlangte Auslegeordnung aber nicht geliefert. Das Thema scheint keine allzu hohe Priorität zu haben. So wird die allgemeine Bundeskasse bis auf weiteres auch mit Millionen gespeist, die ursprünglich von den Ärmsten geraubt wurden. Das ist schlicht unanständig – und lässt unser Land einmal mehr als Profiteurin von grossen Ungerechtigkeiten dastehen.
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