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Diskussion um die Arbeitszeit
Koreaner debattieren über 69-Stunden-Woche

Mehr Arbeitszeit soll der Kinderbetreuung zugutekommen: So verkauft das in Südkorea zumindest die konservative Regierungspartei.
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Wäre es nach ihm gegangen, wäre die 69-Stunden-Woche beschlossene Sache: Yoon Suk-yeol, konservativer Präsident der südkoreanischen Regierung, ist ein überzeugter Befürworter von mehr Arbeitszeit. Seine Partei beantragte im Parlament eine Erhöhung der Höchstarbeitszeit, derzeit sind 52 Stunden pro Woche das Maximum. 

Das ist ein starker Kontrast zu den Bewegungen in Europa. Die Viertagewoche ist seit Jahren ein Thema, in Grossbritannien ziehen die beteiligten Firmen aus einer eben zu Ende gegangenen Pilotzeit ein positives Fazit. Und das Zürcher Stadtparlament sprach sich jüngst für einen Versuch mit reduzierter Wochenarbeitszeit in der Stadtverwaltung aus – mit 35 Stunden pro Woche wird dort experimentiert.

Todesfälle infolge von Überarbeitung

Dass die Regierung in Südkorea in die andere Richtung erhöhen will, liegt auch in der koreanischen Arbeitskultur begründet. Gemäss einer Erhebung der OECD leisteten die 52 Millionen Einwohner im ostasiatischen Staat 2020 durchschnittlich 1908 Arbeitsstunden – weltweit am viertmeisten nach Kolumbien, Mexiko und Costa Rica. In der Schweiz waren es im selben Jahr 1495. Beim staatlichen Arbeitsministerium wurden 2021 739 Anträge auf Entschädigung wegen Todesfällen infolge Überarbeitung gestellt.

Die arbeitswütigen Pläne der Konservativen sind fürs Erste verworfen worden, der Protest von Gewerkschaften, Jugendorganisationen und vor allem von der Opposition im Parlament ist massiv ausgefallen. «Damit wird es legal, fünf Tage hintereinander von 9 Uhr morgens bis Mitternacht zu arbeiten. Auf die Gesundheit und die Erholung der Arbeitnehmer wird keine Rücksicht genommen», schrieb der koreanische Gewerkschaftsbund gemäss dem «Guardian» in einer Erklärung.

Geburtenrate im Rekordtief

Dass über die seit 2018 gesetzlich auf 52 Stunden pro Woche festgeschriebene Höchstarbeitszeit aber so intensiv debattiert wird, hängt mit der niedrigen Geburtenrate in Südkorea zusammen. Eine koreanische Frau bringt durchschnittlich noch 0,78 Kinder zur Welt, 2022 waren das 249’000 Babys im ganzen Land – der niedrigste Wert seit Beginn der Erhebung 1970.

Die konservative Regierungspartei People Power Party um Präsident Yoon verspricht sich von der Erhöhung der Arbeitszeit einen Anstieg der Geburten. Arbeitsminister Lee argumentierte, dass es die Anhebung der Obergrenze insbesondere berufstätigen Müttern ermöglichen würde, mehr Überstunden anzusammeln, die sie später für Familien- und Pflegezeit wieder eintauschen könnten. Bei Frauengruppen stiess das auf wenig Gehör. «Während Männer viele Stunden arbeiten und von Pflegepflichten und -rechten befreit sein werden, müssen Frauen die gesamte Pflegearbeit leisten», liess die Korean Women’s Association United in einer Erklärung verlauten.