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Zürcher Start-up vor dem Aus
Die Kooky-Kaffee­becher verschwinden aus dem Stadtbild

*Kaffee mit Kooky* Das Mehrwegbecher-Startup breitet sich im grossen Stile in Zürich und weiteren Städten aus. Wir treffen uns auf einen Kaffee mit CEO Torge Barkholtz.
11.07.2022
(URS JAUDAS/TAGES-ANZEIGER)
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In Kürze:
  • Kookys Mehrwegbechersystem für Bahnhöfe begann vielversprechend, stagnierte aber bald.
  • Die digitale Registrierung überforderte die Nutzenden und führte zu Problemen.
  • Kooky kündigte allen Mitarbeitenden und reduziert nun die Betriebsausgaben.
  • Eine Neuausrichtung mit Fokus auf Softwarelösungen für Firmen ist geplant.

Die Idee hatte Investoren und Firmen gleichermassen begeistert: ein Kaffeebecher, der weder weggeworfen noch von zu Hause mitgenommen und selbst abgewaschen werden muss. Ein Depot-System rund um Take-away-Cafés sollte das ermöglichen.

Kooky hiess das Kaffeebecher-Verleihsystem, das an grossen Bahnhöfen, bei Cafés und Kiosken aufgestellt war. Mittels integrierten Chips übertrug es ein 1-Franken-Depot nach der Rückgabe des Bechers an den entsprechenden Stationen auf ein Konto. Eine «Mehrweg-Revolution» nannten es die Betreiber der Zürcher Firma. Expertinnen bescheinigten dem Produkt echte Nachhaltigkeit. 

Der Weg zum Erfolg war im Gründungsjahr der Firma 2022 bereits geebnet. Die Zürcher Hochschule der Künste stellte auf Kooky um, 30 SBB-Standorte und 60 Valora-Kioske sowie Sprüngli und Vicafé führten Kooky ein. Das erklärte Ziel: An neuralgischen Punkten in Städten soll alle 250 Meter eine Kooky-Sammelstelle stehen. 6 Millionen Franken, von Investoren eingeschossen, sollten dem Start-up die Expansion nach Wien und München ermöglichen. 

Geschäft kam ins Stocken

Doch das Geschäft kam bald ins Stocken. Die angekündigte «langfristige Zusammenarbeit» mit den SBB verpuffte in diesem März, die Mehrwegbecher verschwanden wieder aus den Bahnhöfen. Kooky gab im Frühling bekannt, sich fortan aufs Direktgeschäft etwa mit Schulen oder Büros von grossen Firmen zu fokussieren. 

Anne Gadegast, Vito-Filialleiterin bei der Passarelle am Bahnhof Basel SBB. Die Schweiz hat mit 100 Kilogramm den höchsten Pro-Kopf-Verbrauch an Einwegmüll in Europa und damit 3-mal so viel wie der europäische Durchschnitt. Um dies anzugehen, testet die SBB CFF FFS vom 5. Juli bis 15. Oktober 2021 zusammen mit kooky. im Bahnhof Basel SBB und ShopVille-Zürich HB ein Pilotprojekt zu retournierbaren Mehrweg-Bechern. Dienstag 27. Juli 2021. Foto @ nicole pont.

Aber auch daraus wurde scheinbar nichts, wie der «Blick» als Erstes berichtete. In einem Schreiben an einen Kunden, das dem «Blick» vorliegt, heisst es: «Allen Mitarbeitenden wurde bereits gekündigt, und der Betrieb kann somit leider nicht wie gewohnt aufrechterhalten werden.» Das Unternehmen befinde sich in der «finalen Abwicklung», heisst es in dem Papier weiter, weshalb die Firma die Ausgaben nun minimieren wolle. «Die Becher dürfen Sie selbstverständlich behalten», schliesst der Brief. 

Was ist geschehen mit der Idee, die dem täglichen Verschleiss von schweizweit rund eineinhalb Millionen Einwegbechern etwas entgegensetzen wollte?  

Eine zu hohe Hürde für den Schweizer Markt

Max Zott, CEO von Kooky, bestätigt gegenüber dieser Redaktion, dass aktuell vier Mitarbeitende aus dem «operativen Geschäft» die Kündigung erhielten. Die Höchstzahl an Mitarbeitenden bei Kooky betrug einst 42, aktuell bleiben noch 8 Personen im Unternehmen tätig. Um einen Konkurs handle es sich nicht, lediglich die Idee mit den Kaffeebechern im öffentlichen Raum werde in der Schweiz nicht mehr verfolgt, sagt Zott.

Die Entscheidung sei nach sorgfältiger Abwägung getroffen worden und sei «das Ergebnis einer Reihe von wirtschaftlichen Herausforderungen». Insbesondere die Idee mit der digitalen Registrierung auf der Kooky-Website sei für den Schweizer Markt eine zu hohe Hürde gewesen. «Hierzulande geht die Digitalisierung des Alltags langsamer vonstatten als anderswo», sagt Zott.

Die Marke Kooky soll es weiterhin geben. Zott arbeitet derzeit an einer Strategie, um die Firma neu aufzustellen. Kooky möchte Firmen bei Nachhaltigkeit im Betrieb mit Software-Lösungen unterstützen. Wie genau das aussehen soll, will er nicht sagen. Nur so viel: Denkbar sei etwa eine Zusammenarbeit mit Firmen wie DHL oder Dallmayr.