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Konsequent bis zum WM-Verzicht

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Ohnehin ging ihr Triumph beinahe vergessen. Denn als sie die Trophäe entgegennahm, wurde Hegerberg vom französischen DJ Martin Solveig gefragt, ob sie denn twerken könne. Die Frage löste eine grosse Sexismus-Debatte aus.
Das hat keine sportlichen Gründe. Denn die Stürmerin von Olympique Lyon hat schon einige grosse Titel gewonnen und schiesst Tor um Tor. Wettbewerbsübergreifend sind es 23 in 27 Spielen. Dazu bereitete die 23-Jährige 12 Treffer vor.
Hegerberg trat nach dem enttäuschenden Abschneiden der Norwegerinnen an der EM 2017 aus dem Nationalteam zurück. Trainer Martin Sjögren sagte zu seinem WM-Aufgebot, dass man mit der Spielerin habe reden wollen, diese aber nicht mehr für Norwegen spielen wolle.
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Stellen Sie sich Folgendes vor: Ramona Bachmann verzichtet auf die Frauen-WM, weil sie nicht die gleiche Unterstützung erhält wie Granit Xhaka. Undenkbar, auch in Zeiten der allerorts propagierten Gleichstellung, oder?

In Norwegen ist nun aber genau das passiert. Ada Hegerberg spielt an der WM nicht fürs Nationalteam – wegen eines Konflikts, der seit zwei Jahren schwelt. Im Sommer 2017 hatte sie dem norwegischen Verband mitgeteilt, sie werde ihre Karriere im Nationalteam unterbrechen. Hegerberg beklagte, ihr und ihren Kolleginnen werde im Vergleich zu den Männern zu wenig Respekt entgegengebracht.

Ada Hegerberg ist nicht einfach irgendeine Spielerin. Seit sie im letzten Dezember den ersten «Ballon d'Or» für Frauen gewann, gilt sie offiziell als die beste Spielerin der Welt.

Am Tag nach der Wahl generierte sie mehr Schlagzeilen als Männersieger Luka Modric – allerdings nicht wegen fussballerischer Meriten, sondern weil ein DJ sie an der Preisverleihung gefragt hatte, ob sie einen lasziven Tanz beherrsche. Es gab einen gewaltigen Aufruhr, sie selber goss aber kein zusätzliches Öl ins Feuer: «Es war eine sehr dumme Frage zu einem sehr dummen Zeitpunkt. Wenn er das Gleiche Kylian Mbappé gefragt hätte, wäre die Reaktion wohl gewesen: Was macht er denn da?»

Sexismus anderer Art

Sexismus, darunter versteht Hegerberg etwas anderes, etwas, womit sie sich in einem eigentlich fortschrittlichen Land oft konfrontiert sah. 66 Länderspiele hatte die damals gerade 22-Jährige bis 2017 absolviert, zweifellos wäre sie heute schon in der Nähe der dreistelligen Marke. Ihr stiess sauer auf, dass Fussball zwar der mit Abstand wichtigste Sport für norwegische Mädchen ist, die Möglichkeiten im Vergleich zu den Männern aber viel kleiner sind. Konkret forderte sie spürbarere Fortschritte hinsichtlich der Gleichstellung und eine bessere Unterstützung für das Frauenprogramm generell. Und ihr Rücktritt war keine Kurzschlussreaktion, hält sie in einem Interview mit «ESPN» fest: «Ich habe lange versucht, in Norwegen etwas zu bewegen, merkte aber, dass ich in diesem System und diesem Verband keine Chance habe. Ich hatte keine Stimme.»

Einiges ist seit Hegerbergs Aktion gegangen, der Verband hat die Prämien für die Frauen verdoppelt – sie sind nun auf dem gleichen Niveau wie diejenigen der Männer. Für die Stürmerin ist dies aber zu wenig. Sie spielt nun schon fünf Jahre beim Vorzeigeclub Olympique Lyon – eine Weile auch mit Lara Dickenmann – und sagt, sie kriege dort das, was sie unter Anerkennung verstehe: «Wir erhalten viel Respekt und haben die gleichen Bedingungen, die gleichen Trainingsplätze. Wir essen in derselben Kantine und nehmen wie die Männer am Clubleben teil, können vom Fussball leben und auf höchstem Niveau spielen.»

Dass sie auf Nationalteam­ebene so lange durchhalten und sogar auf den wichtigsten Anlass verzichten würde, das hatte ihr kaum jemand zugetraut. Es sei aber nicht schwierig gewesen, hält sie fest: «Ich verlange viel von mir selber, aber auch, dass alles um mich herum stimmt, damit wir Erfolg haben können.»

Emotionslos am Mikrofon

Heute ist Ada Hegerberg dennoch im Stadion in Nizza, wenn ihre einstigen Teamkolleginnen auf Frankreich treffen. Als Expertin für TF 1 analysiert sie während der WM die Geschehnisse, sie tut dies in sehr gutem Französisch. Mit der Situation könne sie gut leben, sagt Hegerberg. Die Gefahr, dass sie heute emotional werde, bestehe jedenfalls nicht: «Ich stehe zu meiner Entscheidung, hundertprozentig.»