Kolumne «Fast verliebt» Resignation, oder: Wie man verheiratet bleibt
Von der Kunst, in einer Ehe nicht zu schnell das Handtuch zu werfen.
«Ich garantiere, es werden auch schlimme Zeiten kommen», sagte Richard Gere als Bräutigam: «Und ich garantiere, es kommt vor, dass einer von uns – oder beide – unbedingt aus dieser Sache rauswill, aber ich garantiere auch, wenn ich dich nicht um deine Hand bitte, dann bereue ich das für den Rest meines Lebens.»
Da gerade drei Frauen in meinem Umfeld auf eine Scheidung zusteuern, musste ich dieser Tage wieder an diese Szene aus dem Film «Die Braut, die sich nicht traut» (1999) denken.
Nun bin ich selbst frisch verheiratet, also noch krisengeschützt, aber selbst ich weiss: Das Leben endet nicht mit einem Happy End vor dem Altar; zum Glück sterben ja die wenigsten vom Verzehr ihrer Hochzeitstorte. Es geht also weiter, und weil das Leben das Leben ist, wird es garantiert nicht immer leicht sein, auch nicht in einer guten Ehe. Wir wissen das, aber: Wir leben heute gleichzeitig in einer Kultur, in der übersteigerte Erwartungen an die Liebe bestehen.
Früher suchte man jemand Nettes, der es mit einem aushielt und mit dem man gegen die Beschwernisse des Lebens besser gewappnet war. Heute sucht man seinen Seelenverwandten. Der soll einem dabei helfen, die beste Version des eigenen Selbst zu sein. Wenn der Sex obendrein nicht metaphysisch ist, wäre da hinten die Tür, bitte.
Gerade den Jüngeren wird oft vorgeworfen, zu schnell das Handtuch zu werfen. Und ja, ich merke das auch in meinem Umfeld, wo es einige gar nicht erst schaffen, eine feste Beziehung aufzubauen, weil sie nach zehn Dates die Krise kriegen wegen Kleinigkeiten (looking at you, rumliegende Socken).
Im Kern der Ehe geht es um eine freiwillige Selbstbeschränkung, von der wir uns Glück versprechen.
Aber wie hält man sie aus, diese Sprengmomente, in denen man wegrennen will? Wie macht man das: sich nicht scheiden lassen?
«Indem man sich nicht scheiden lässt», erklärte mir grinsend ein älterer Mann, den ich mal interviewte. Eigentlich ging es um ein anderes Thema, aber seine Frau war zugegen, und da die zwei lange verheiratet waren und sehr glücklich wirkten, streiften wir die Frage nach dem Eheerfolg.
«Man akzeptiert den äusseren Rahmen der Ehe und stellt ihn einfach nie infrage», erläuterte er. Dadurch werde man immer wieder in die Ehe zurückgeworfen, so anstrengend sie auch mal sei. Wenn man sich klar mache: «Das ist jetzt mein fester Lebensrahmen, und dieser Mensch schläft neben mir, bis ich sterbe», dann sorge man besser dafür, dass man es nett und schön und interessant miteinander habe.
Die Ehe als Resignationsrahmen, als kuschlige Zwangsjacke? Tatsächlich geht es im Kern der Ehe um eine freiwillige Selbstbeschränkung, von der wir uns Glück versprechen: Ich wähle diesen Menschen und nicht alle anderen. Wer sich auch in herausfordernden Momenten daran erinnert und auf den einen Menschen konzentriert bleibt, statt mit allen anderen zu flirten, der ist womöglich auch in zehn Jahren noch verheiratet. Und vielleicht sogar froh darum.
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