Kolumne «Dorfgeflüster»Über dieses Hindernis lacht das Pferd
Vor einer Treppe beim Hombrechtiker Weiler Wellenberg steht ein Reitverbot. Es zeigt: Verboten wird lediglich, was grundsätzlich möglich ist.
Der Rebsteig beim Weiler Wellenberg in Hombrechtikon ist steil. Am Anfang führt der Weg noch sanft in die Höhe, dann aber wird er zu einer veritablen Treppe. Es ist auf den ersten Blick schwer vorstellbar, dass ein Pferd diese Stufen erklimmen könnte.
Trotzdem steht vor dem Weg ein Verbot, das Pferden den Durchgang verbietet. Genau genommen handelt es sich bei dem Signal mit der Nummer 2.12. um ein «Verbot für Tiere». Es untersagt den Verkehr von Zug-, Reit- und Saumtieren sowie den Viehtrieb.
In der Regel stehen Verbote dort, wo das Verbotene grundsätzlich denkbar ist. Ein Angelverbot etwa ist in einem Hallenbad kaum anzutreffen – dort bestehen wenig Chancen, einen Fisch zu fangen. Gleichermassen erübrigt sich ein Ankerverbot auf einer Eisbahn oder ein Parkverbot auf der Aussichtsplattform des Pfannenstielturms.
Bei Pferden ist es nun aber so, dass ihnen erstaunliche Fähigkeiten nachgesagt werden. Ein Hengst mit dem Namen «der kluge Hans» konnte angeblich rechnen und zählen. Und unzählige weniger berühmte Artgenossen schaffen es, mit ihren Lippen die Verriegelungen von Boxentüren zu öffnen – was deren Besitzer oft zum Verzweifeln bringt.
Deshalb lachen da die Pferde wohl, wenn man eine Treppe als für sie unüberwindbares Hindernis bezeichnet. Denn wie eine erfahrene Reiterin auf Nachfrage erklärt, kann man mit einem Pferd problemlos eine Treppe erklimmen – sofern die Stufen genügend breit sind. Das Runterkommen sei jedoch bedeutend schwieriger: Dafür müsse das Pferd geübt und trittsicher sein.
So dürfte der Rebsteig aufwärts für viele Pferde leicht zu meistern sein. Und das Verbot steht vielleicht dort, damit sich niemand in eine missliche Lage begibt. Denn das weiss jedes Kind: Auf einen Baum hinaufklettern ist oft einfacher als wieder hinunter. Dies gilt bei Treppen auch für Pferd und Reiter.
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