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Knapp 1000 Polizisten bereiten sich für Nordirland-Einsatz vor

Fast 1000 Polizeibeamte aus England und Schottland sollen noch diesen Monat trainiert werden, um in Nordirland Unruhen zu verhindern: Polizisten bewachen einen Marsch am Orangemen's Day in Belfast. (Archiv) Bild: EPA via Keystone
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Die britische Polizei bereitet sich auf einen Einsatz an der nordirisch-irischen Grenze vor. Fast 1000 Polizeibeamte aus England und Schottland sollen noch diesen Monat trainiert werden, um dort Unruhen zu verhindern, falls Grossbritannien tatsächlich ohne Abkommen aus der EU ausscheidet und eine «harte Grenze» durch die ehemalige Krisenregion entsteht. Das berichtete die britische Zeitung «The Guardian» am Donnerstagabend.

Die nordirische Polizei habe um Verstärkung gebeten, um mögliche Unruhen zu bewältigen, die durch Grenzkontrollen zwischen Irland und Nordirland entstehen könnten. Die spezielle Ausbildung der Beamten sei notwendig, da sich die in Nordirland verwendeten Ausrüstungen und Taktiken von denen im übrigen Königreich unterschieden.

3500 Soldaten mobilisiert

Die britische Zeitung «Sunday Times» hatte bereits im September aus einem internen Papier der nationalen Polizeibehörde zitiert, wonach sich die britische Polizei für den Fall eines harten Brexit vorbereitet. Die Hauptsorge der Polizei besteht gemäss dem Dokument darin, dass Lieferengpässe, auch an das nationale Gesundheitssystem NHS, zu «Unruhen bis hin zu weitreichendem Aufruhr» führen könnten. Die Polizei schätzt, dass die Kriminalität generell zunehmen würde, «da die Erwerbskriminalität bei eingeschränkter Verfügbarkeit von Waren gewöhnlich zunimmt», und schlussfolgert: «Die Notwendigkeit von militärischer Assistenz ist eine reale Möglichkeit.»

Im britischen Verteidigungsministerium werden denn auch entsprechende Vorbereitungen getroffen. Verteidigungsminister Gavin Williamson kündigte einige Tage vor Weihnachten die Mobilisierung von 3500 Soldaten an, um für den Fall eines ungeordneten Brexit auf «alle Eventualitäten» vorbereitet zu sein. Die Soldaten würden bereitgehalten, um «im Notfall die Regierungsinstitutionen zu unterstützen», sagte er. Zum Zeitpunkt seiner Erklärung hatte er allerdings keine formellen Anfragen erhalten.

Abstimmung in dritter Januarwoche

Das britische Parlament soll in der dritten Januarwoche über den mit Brüssel ausgehandelten Vertrag über den EU-Austritt abstimmen. Wird der Deal von Premierministerin Theresa May abgelehnt – wonach es bislang aussieht –, droht am 29. März ein ungeregeltes Ausscheiden. Tausende Regeln für den grenzüberschreitenden Handel und Verkehr zwischen Grossbritannien und der EU würden abrupt ungültig, und Grenzkontrollen müssten eingeführt werden.

Irland hat dabei von den verbliebenen EU-Staaten am meisten zu verlieren, sollte das britische Parlament den Brexit-Deal nicht ratifizieren. So ist Grossbritannien der wichtigste Markt für irische Lebensmittel. Der Landwirtschaftsminister Irlands, Michael Creed, hatte gesagt, es gehe dabei um Hunderte Millionen Euro, die sein Land im Fall eines ungeregelten Brexits an zusätzlichen Agrarsubventionen aus Brüssel benötige. Sollte Grossbritannien ohne Abkommen aus der EU ausscheiden, könnten für irische Exporte dorthin erhebliche Zölle anfallen.

Mays selbstgebaute Zwickmühle

Die verzwickte politische Lage hat Premierministerin May zu einem grossen Teil selbst verschuldet: Relativ unbedrängt kündigte sie im April 2017 vorgezogene Parlamentswahlen an, weil sie die knappe Mehrheit ihrer Partei ausbauen wollte. Während der Brexit-Verhandlungen müsse im Parlament Einigkeit herrschen, so May. Erhalten hat die Premierministerin aber das Gegenteil: Mays konservative Tories verloren ihre Mehrheit im Parlament und waren für die Regierungsbildung auf die nordirischen Unionisten der DUP angewiesen – eben jene Partei, die angekündigt hat, das aktuelle Brexit-Abkommen zu Fall zu bringen.

Die Unionisten wehren sich gegen den sogenannten Backstop im Abkommen. Das ist eine Auffanglösung für das Problem, dass mit dem Brexit zwischen Nordirland und Irland neu eine EU-Aussengrenze entsteht, deren Personen- und Warenverkehr kontrolliert werden müsste. Dieser Backstop würde nur in Kraft treten, solange die Parteien keine andere Lösung finden. Die EU und Grossbritannien haben sich im Dezember 2017 darauf geeinigt, dass eine solche Auffanglösung zwingend notwendig sei, um auf jeden Fall eine harte Grenze in der ehemaligen Krisenregion zu verhindern.

«Niemand will die neue Grenzinfrastruktur bauen»

Die nordirischen Unionisten und Befürworter eines härteren Brexit in Mays konservativer Partei befürchten allerdings, dass die Briten auf unbestimmte Zeit in diesem Backstop feststecken bleiben könnten. Das Vereinigte Königreich würde gemäss dieser Logik zum reinen Empfänger von EU-Richtlinien, die es selbst nicht beeinflussen könnte.

Im nun vorliegenden Entwurf des Abkommens würde Grossbritannien, falls der Backstop aktiviert würde, als Ganzes temporär eine Zollunion mit der EU eingehen. Nordirland würde aber als einziger Landesteil des Königreichs einige Regeln des EU-Binnenmarkts beibehalten. Folglich müssten dann einige Waren auf dem Weg zwischen Nordirland und dem Rest Grossbritanniens überprüft werden – und das ist ein rotes Tuch für die Unionisten, die darin eine Aufweichung der Union zwischen Nordirland und dem restlichen Königreich sehen.

Nigel Dodds, der Vizechef der DUP, bekräftigte diesen Donnerstag diese Position erneut und versicherte, dass die zehn DUP-Parlamentarier, auf deren Stimmen May angewiesen wäre, das aktuelle Abkommen mit dem Backstop ablehnen werden. Er hält den Backstop für unnötig: «Es wird doch jeden Tag klarer, dass keine der Parteien überhaupt neue Grenzinfrastruktur bauen will», so Dodds.

Irlands Vorbereitungen auf einen harten Brexit nannte Dodds denn auch «sinnlose Propaganda». Dass seine eigenen Polizeikräfte entsprechende Vorbereitungen treffen, erwähnte er dabei nicht.

(Mit Informationen der Nachrichtenagentur SDA.)