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Baggern nach Schädlingen
Jagd auf Japankäfer in Kloten zielt jetzt unter den Boden

Der sogenannte Oberboden muss auf jeder Baustelle in Kloten einzeln abgetragen und gesondert vom Rest sicher aufbewahrt werden, so auch diese Rasenschicht eines grösseren Ausbauprojektes am Holberg.
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Entscheidend ist die oberste Bodenschicht. Wird irgendwo in Kloten gebaggert, geschaufelt oder Erde entfernt, gelten derzeit strikte Regeln für die Verwendung dieses sogenannten Oberbodens. Das betrifft alle Erdflächen auf dem Stadtgebiet bis in eine Tiefe von 30 Zentimetern.

Ganz gewöhnliche Erde von Rasen- und Wiesenflächen birgt in der Flughafenstadt nämlich ein besonderes Schadenspotenzial. Denn im Boden direkt unter der Oberfläche tummeln sich derzeit die extrem gefrässigen Maden des Japankäfers. Wie viele und wie verbreitet der Japankäfer in Kloten bislang vorkommt, lässt sich derzeit nicht genau sagen.

Auf lokalen Baustellen werden aus diesem Grund vermehrt Erdhaufen zusammengeschoben. Der Mehraufwand ist der Bekämpfung jenes Eindringlings geschuldet, der im vergangenen Sommer erstmals überhaupt in grösserer Zahl nördlich der Alpen auf dem Stadtgebiet von Kloten auftauchte.

Mehrere Grossbaustellen betroffen

Fein säuberlich wird der Boden auf allen Baustellen vor Ort nun abgetragen und das Erdmaterial gesammelt. Die lokale Baupolizeichefin, Melitta Cadosch, bestätigt: «Diese Auflage gilt für alle Baufreigaben und Entscheide ab August 2023.»

Derzeit gibt es gleich eine ganze Reihe neuer Grossbaustellen auf Klotener Gebiet. So etwa für jenes Projekt am Lerchenweg beim Hardwald, wo gleich acht Wohnblocks abgerissen und durch neue ersetzt werden.

Auch vor dem Abbruch dieser Wohnblocks (links) hier am Lerchenweg in Kloten muss derzeit alles Erdmaterial der Rasenflächen zusammengekratzt und separat gelagert werden.

Aber auch am Holberg hat soeben der Abbruch von mehreren alten Wohnblocks einer Genossenschaftssiedlung begonnen. An beiden Orten sind sämtliche Rasenflächen zwischen den Häusern abgebaggert und zu grossen Haufen aufgeschichtet worden.

Zum Umgang mit dem vielen Erdmaterial sagt die Medienstelle des kantonalen Tiefbauamtes auf Anfrage: «Da es gerade bei grösseren Bauprojekten nicht immer möglich ist, den Aushub auf der Baustelle zu lagern, stellt der Kanton den Bauherrschaften das Bodenlager zur Verfügung.»

Die Genossenschaftssiedlung am Holberg wird erneuert, und auch hier fällt viel möglicherweise mit Käferlarven befallenes Erdreich an.

Ganz viele Erdhaufen sammeln sich momentan nämlich auf einer Wiese mitten im Industriegebiet Steinacker, wo es gar keine Baustelle gibt. Im Auftrag des Kantons betreibt das örtliche Bauunternehmen Eberhard seit Mitte Oktober gleich neben seinem Hauptsitz nun ein weiteres Geschäft. «Es handelt sich hierbei nicht um eine Deponie, sondern um ein Zwischenlager», betont die Mediensprecherin der Zürcher Baudirektion.

Um eine Verschleppung der Käfer und deren Eier sowie Larven zu vermeiden, darf nämlich kein Oberbodenmaterial aus Kloten weggebracht werden, sondern muss zwingend innerhalb der Stadtgrenzen bleiben.

Bis zu 9000 Quadratmeter Lagerfläche

Der Kanton habe auch einen anderen Standort vor Ort geprüft, der sich allerdings als zu klein erwies, heisst es weiter. Die Baufirma Eberhard erhielt den Zuschlag letztlich vor allem, weil sie über genügend Platz verfügt.

Dieses Areal des Baukonzerns Eberhard dient bis auf weiteres als Zwischenlager für Klotener Erdmaterial, das womöglich mit Japankäferlarven durchsetzt ist.

Das bestätigt auch der dafür zuständige Bereichsleiter der Firma, Silvio Schwarz. Er spricht von insgesamt 9000 Quadratmetern Land, das zur Verfügung stehe.

Davon seien einstweilen 4000 Quadratmeter fürs Lager eingezäunt worden. «Wir behandeln das angelieferte Material nicht, aber wir decken es mit schwarzen Folien ab.»

Auf dieser Wiese (roter Kreis) im Industriegebiet Steinacker in Kloten kann Oberbodenmaterial auf Kosten des Kantons zwischengelagert werden.

Die Baudirektion bestätigt, das reiche, damit die Käferlarven bis im nächsten Sommer mangels Nahrung absterben. Wenn nichts wächst auf den Erdhaufen, gibts auch keine Wurzeln abzufressen.

Beim Kanton verweist man ausserdem auf den Fakt, dass die Betreiberfirma des Bodenlagers habe aufzeigen können, dass von diesem Ort keine Verschleppungsgefahr ausgehe. Als Beispiel nennt die Medienstelle des Kantons Geräte, die in Kontakt mit dem Bodenmaterial kommen.

Gratisangebot für lokale Bauherrschaften

Für die örtlichen Bauherrschaften der mutmasslich kontaminierten Erde ist die Zwischenlagerung gratis. Was der Kanton für die Benutzung des Eberhard-Standorts an die Betreiberfirma des Lagers zahlt, wird indes nicht kommuniziert.

Dass unter dem jetzigen Zwischenlager ein belasteter Standort mit verunreinigtem Boden liegt, habe beim Vergabeentscheid keine Rolle gespielt. Es handelt sich um eine wiederaufgefüllte Kiesgrube, die aber weder überwachungs- noch sanierungsbedürftig sei, erklärt man seitens Kanton.

Der Lagerstandort in Kloten liegt auf einer belasteten Fläche (orange) einer ehemaligen Kiesgrube, die wieder aufgefüllt wurde.

Die im Zwischenlager angelieferten Erdmassen verbleiben übrigens im Eigentum der Bauherrschaften. Der Boden kann voraussichtlich im kommenden Jahr ab Ende August wieder verwertet werden.

Dass die Gefahr einer Verschleppung jedoch real ist, haben einzelne Larvenfunde auf der Fussballanlage Stighag gezeigt. Von daher weiss man, dass es zumindest einzelnen Eindringlingen bereits gelungen ist, in Kloten Eier im Boden abzulegen.

Neue Erkenntnisse über die Wirksamkeit der verschiedenen Bekämpfungsmassnahmen gegen den Japankäfer gibt es derzeit nicht. Das werde sich erst im nächsten Sommer zeigen, wenn die Flugsaison der Käfer wieder beginnt, heisst es auf Anfrage.