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Kloten-CEO Anjo Urner im Interview
«Wir haben über unsere Verhältnisse gelebt»

GV EHC Kloten, Red Line Lounge, Stimo-Arena, Kloten ZH: Anjo Urner
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Anjo Urner, weshalb haben Sie sich nicht schon im Januar, als Trainer Stephan Mair gegen den Willen des Sportchefs verpflichtet wurde, von Larry Mitchell getrennt?

Diese Geschichte kann ich so nicht bestätigen. Es war kein Entscheid gegen Larry Mitchell, sondern für Stephan Mair.

Weshalb kam es nun zur Trennung?

Wir wollten die Position des Sportchefs so schnell wie möglich thematisieren, um uns umgehend um die abschliessende Kaderplanung und die Besetzung der Trainerposition kümmern zu können. In den darauffolgenden Gesprächen haben wir gemeinsam entschieden, uns einvernehmlich zu trennen.

Wie beurteilen Sie Mitchells Arbeit?

Auf dem Papier hatten wir zweifellos ein stärkeres Team als im Vorjahr, konnten diese Stärke aber nicht auf das Eis bringen. Wir wurden sicher nicht wegen Larry 13., haben letzte Saison aber auch nicht wegen Larry das Pre-Playoff erreicht. Im Mannschaftssport ist nie eine Person allein verantwortlich.

Mitchell war aufgrund seiner Transferaktivitäten in die Kritik geraten. Trainer Gerry Fleming musste im November entlassen werden, Nathan Beaulieu war eine Fehlbesetzung, mit Jonathan Ang konnte keine Einigung erzielt werden, und mit Tyler Morley wurde unnötig früh verlängert.

Es ist hier nicht angebracht, rückwirkend einzelne Transfers zu beurteilen. Man muss seinen Angestellten ein gewisses Grundvertrauen entgegenbringen. Im Nachhinein ist man im Sport immer schlauer. Tyler ist ein guter Spieler und ein harter Arbeiter. Er passt zu Kloten. Ich bin happy, dass er bleibt. Mit Jonathan Ang konnten wir uns leider finanziell nicht einigen.

Weshalb verliert Kloten mit Mark Sever seinen U-20-Topskorer an Biel?

Wir gehören zu jenen Clubs, die am häufigsten U-20-Spieler einsetzen. Tatsächlich liegen Teams, die behaupten, auf junge Spieler zu setzen, in dieser Statistik hinter uns. Das Beispiel von Dario Sidler, der sogar im Powerplay zum Einsatz kam, zeigt, dass sich Spieler in Kloten entwickeln können. Jetzt haben wir uns bei der Kaderplanung für nächste Saison für unseren Nachwuchsspieler Rafael Meier entschieden. Wir möchten unsere Junioren behalten, sind uns aber auch bewusst, dass sie das Interesse anderer Clubs wecken können.

Wer wird Mitchells Nachfolger?

Wir haben bisher keine Gespräche geführt. Bis ein Nachfolger gefunden ist, wird Jeff Tomlinson in sportlichen Angelegenheiten verantwortlich sein.

19.12.2023; Lugano; EISHOCKEY NATIONAL LEAGUE - HC Lugano - EHC Kloten; Trainer Larry Mitchell (Kloten) 

(Marusca Rezzonico/freshfocus)

Was ist Ihrer Meinung nach sportlich schiefgelaufen?

Man kann es nicht an einem Punkt festmachen. Die Erwartungshaltung war nach einer Saison, die wir überraschend gut abgeschlossen hatten, wohl zu gross. Aber selbstverständlich genügt Rang 13 unseren Ansprüchen nicht. Wir müssen es wieder hinbekommen, dass jeder Spieler mit der Zuversicht in ein Spiel geht, dass er das Duell gewinnen wird. Jeder muss sein Herz auf dem Eis lassen. Wir werden nun jeden Stein umdrehen, uns kritisch hinterfragen und es in Zukunft besser machen.

Sie sagten bei Stephan Mairs Amtsantritt Ende Januar, er habe die Chance, sich live zu beweisen. Nun gingen acht von zehn Partien verloren. Wie geht es mit dem Headcoach weiter?

Wir werden nun eine Analyse durchführen und dann entscheiden, wie wir weiter vorgehen werden. Um uns ein Gesamtbild zu verschaffen, werden wir uns auch mit den wichtigsten Personen aus der Organisation zusammensetzen. Die Einzelgespräche haben bereits am Montag begonnen.

Das klingt nicht, als wären Sie restlos überzeugt.

Wir suchen die bestmögliche Option. Es ist schlicht noch zu früh. Es wird noch Playoff gespielt. Zudem werden wir das im Plenum entscheiden.

Wer ist für die Analyse verantwortlich?

Diverse Protagonisten aus der Sport AG und dem Verein. Jeff Tomlinson ist auch dabei, auch Feedbacks aus dem Team werden berücksichtigt. So kann jeder seine Sichtweise einbringen.

Wie haben Sie Mair erlebt?

Er wurde seinem Ruf als akribischer, harter Arbeiter gerecht. Stephan lebt für das Eishockey und nimmt seinen Job äusserst ernst. Ich liess mir sagen, dass seine Trainings intensiv waren und geschätzt wurden.

Was erwarten Sie vom künftigen Trainer?

Ich masse mir nicht an, über die technisch-taktischen Aspekte zu urteilen. Mir geht es vielmehr um Führungsqualität, Empathie und die Fähigkeit, eine Botschaft vermitteln zu können. Der Trainer muss authentisch sein, zu unserem Spielerkader passen und die richtigen Ansätze finden, um unsere Spieler zu verbessern.

War es überhaupt nötig, drei Trainer zu beschäftigen? Gerade auch mit Blick auf die Finanzen?

Den finanziellen Aspekt hatten wir bezüglich Transferbudget im Griff. Wir haben von allem Anfang an betont, dass Larry unser Interimscoach ist und wir wechseln werden, sobald sich eine Lösung ergibt. Dies haben wir auch der Mannschaft gegenüber kommuniziert.

Nach vier Siegen in Folge wechselt man doch nicht den Trainer.

Larry selbst betonte, er wolle das Doppelmandat auf Dauer nicht. Ausserdem hatte der Zeitpunkt auch mit der Verfügbarkeit von Mair zu tun. Der Entscheid war vorher gefallen.

Was ging Ihnen eigentlich am späten Freitagabend durch den Kopf, als Olten als letzter verbliebener Aufstiegsaspirant den B-Final verpasste und Kloten gerettet war?

Ich hatte gemischte Gefühle. Einerseits hatten wir dadurch Planungssicherheit. Andererseits wäre es schön gewesen, wenn wir uns auf dem Eis hätten durchsetzen können. Da spricht bei mir das Sportlerherz. Am Samstag fand dann im kleinen Rahmen im Stadion ein Teamabschlussessen statt.

02.03.2024; Langnau; Eishockey National League - SCL Tigers - EHC Kloten, Axel Simic (Kloten) Steve Kellenberger (Kloten) und Michael Loosli (Kloten) nach dem Spiel enttaeuscht 
(Claudio Thoma/freshfocus)

Wie haben Sie die Spieler erlebt? Herrschte Erleichterung?

Niemand ist mit der Saison zufrieden. Wir hatten uns alle etwas anderes erhofft. Doch es war auch nicht so, dass die Spieler mit gesenkten Köpfen dasassen. Ich spürte sogar eine gewisse Aufbruchstimmung. Viele von ihnen waren bereits in der erfolgreichen Saison nach dem Aufstieg dabei gewesen. Nun folgte dieses sportlich schwierige Jahr. Die Spieler waren vielmehr darauf bedacht, nach vorne zu schauen.

Sportlich gesehen muss Kloten froh sein, ist die Saison vorbei.

Wir hatten das Ziel, so schnell wie möglich den Ligaerhalt zu sichern. Dieses Ziel haben wir verfehlt. Wir hätten das Playout bestreiten müssen. Uns hätte eine hart umkämpfte Serie gegen Ajoie erwartet. Wir wären jedoch gut aufgestellt gewesen, haben uns gut vorbereitet.

Was bedeutet das frühe Saisonende finanziell? Co-Präsident Jan Sommerhalder sprach von einem Riesenvorteil, hätten weitere Spiele stattgefunden.

Es ist kein Geheimnis: Für den EHC Kloten ist es finanziell eine Herausforderung. Ich habe bereits mehrfach betont: Es ist einfach zu erkennen, was getan werden sollte. Die Schwierigkeit besteht für uns darin, wie wir es umsetzen können. Die letzten zwei Saisons waren sportlich äusserst erfolgreich, aber wir haben über unsere Verhältnisse gelebt. Wir kämpfen um jeden Franken. Jedes zusätzliche Heimspiel kann helfen, aber es ist nur dann von Nutzen, wenn auch das Zuschaueraufkommen stimmt, wir genügend Tickets verkaufen und im Stadion ausreichend konsumiert wird. Denn zusätzliche Spiele bedeuten zwar mehr Umsatz, bringen jedoch auch höhere Ausgaben mit sich.

Präsident Jan Schibli spricht von einem strukturellen Defizit von jährlich rund 2 Millionen Franken. Wie wollen Sie das verringern?

Wir führen Veranstaltungen durch, um zusätzliches Einkommen zu generieren, und haben unsere Ausgaben optimiert. Ich kann nicht ins Detail gehen. Aber selbst mit diesen Massnahmen werden wir ohne einen gewissen Deckungsbeitrag künftig nicht auskommen. Diejenigen, die jedes Jahr das Defizit decken und damit dazu beitragen, den Club am Leben zu erhalten, verdienen mehr Respekt, als ihnen manchmal entgegengebracht wird.

Wie meinen Sie das?

Es gibt Menschen, denen es finanziell besser geht und die den Club mit noch mehr Mitteln unterstützen als jene, für die bereits das Gesamterlebnis sehr teuer geworden ist. Das respektieren wir sehr und versuchen, für alle etwas zu bieten. Die Interessen aller Supporter sind sehr unterschiedlich, und diese müssen wir entsprechend koordinieren. Ich wiederhole mich: Es geht nicht darum, was man tun sollte, sondern wie man es umsetzt.

Kloten brachte nur selten sechs Ausländer aufs Matchblatt, verlor Spiele, musste den Trainer wechseln und verärgerte Fans, die womöglich kein Saisonabo mehr kaufen werden. Letztlich wird das doch höhere Kosten verursachen, als wenn Sie auf einen zusätzlichen Ausländer gesetzt hätten.

Der Unterschied zwischen Brutto- und Nettolöhnen ist enorm. Wir hatten ein bestimmtes Kontingent zur Verfügung und verpflichteten deshalb im Sommer keinen zusätzlichen Ausländer.

Was können die Fans denn in der kommenden Saison erwarten?

Wir haben gezeigt, dass wir über uns hinauswachsen können, auch dank unserer Fans. Es ist kein Zufall, dass wir viele Punkte vor unserem eigenen Publikum gewonnen haben. Doch man muss realistisch bleiben, insbesondere im dritten Jahr nach dem Aufstieg. Wir werden die vergangene Saison gründlich analysieren und es in der nächsten Spielzeit besser machen. Dann werden wir sehen, welche Auswirkungen dies auf unsere Leistungen auf dem Eis hat.