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Klimaschutz-Regeln verabschiedet – ein Punkt bleibt ungelöst

Einigung in letzter Minute: Michal Kurtyka, Präsident der COP24 in Katowice, springt über seinen Tisch. (15. Dezember 2018)
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Zwei Wochen zermürbende Verhandlungen, schlaflose Nächte, übermüdete Minister und viel Hektik zum Schluss – die Zelte rund um das Kongresszentrum in Katowice wurden bereits aufgeräumt, als sich die Staaten an der Klimakonferenz in Katowice doch noch auf ein Regelwerk einigen konnten, um das Pariser Klimaabkommen umzusetzen.

Doch es war eine Zangengeburt. Wie gewohnt rangen die reichen Industrieländer und aufstrebenden Wirtschaftsmächte wie China und Brasilien um Paragraphen. Es ging um viel in diesen Tagen. Schliesslich wird der Klimavertrag ab 2020 eine gigantische Geldumlagerung von reich zu arm antreiben.

Hunderte Milliarden an öffentlichen und privaten Geldern werden in den nächsten Jahren in die globale «Klimaindustrie» fliessen. Das Reglement von Katowice ist nun eine verbindliche Verordnung für ein glaubwürdiges System, um den Erfolg der Investitionen in den Klimaschutz für jedes einzelne Land kontrollieren zu können.

Emissionen müssen bis 2050 gegen Null sinken

Das Netzwerk der Vereinten Umweltorganisationen zeigt sich grundsätzlich zufrieden mit dem Erreichten. «Insgesamt hat die Konferenz die Erwartungen mit dem guten Regelbuch erfüllt», sagt Manuel Graf von WWF Schweiz. Schlupflöcher sind nicht mehr erlaubt, glaubt man dem Weltklimarat IPCC.

Das Maximum der globalen Treibhausgas-Emissionen durch die Verbrennung fossiler Treib- und Brennstoffe sollte gemäss einem Sonderreport bis in sechs Jahren erreicht sein, wenn das Klimaziel im Pariser Abkommen am kostengünstigsten erfüllt werden soll.

Die Vertragsstaaten haben völkerrechtlich verankert, dass die Erwärmung der Erde deutlich unter 2 Grad bleiben soll, möglichst sogar unter 1,5 Grad. Die Temperatur liegt heute bei plus 1 Grad gegenüber der vorindustriellen Zeit. Das heisst: Die globalen Emissionen müssten bis 2050 gegen Null sinken.

«Völlig unbrauchbare Regeln»

Ein Kapitel ist in dieser Hinsicht aber offen geblieben, das vor allem der Schweiz weh tun muss. Es gibt noch keine robusten Regeln für den Emissionsmarkt, der mit Emissionsrechten handelt. Die Schweiz hat sich stark für strenge Regeln eingesetzt, damit die künftigen Investitionen in ausländische Klimaprojekte eine hohe Qualität aufweisen und korrekt für die einzelnen Ländern verbucht werden.

Brasilien wollte unbedingt, dass beide, das Verkäufer- und das Käuferland, die Zertifikate im Treibhausgas-Inventar als Reduktion verbuchen können. Das hiesse: Für eine Tonne reduziertes Treibhausgas, würden zwei Tonnen angerechnet.

Das letzte Wort ist hier allerdings noch nicht gesprochen. Das Geschäft wurde auf die Konferenz im nächsten Jahr in Chile verschoben. «Die Gefahr ist grösser denn je, dass wir keine oder völlig unbrauchbare Regeln für den Handel mit Zertifikaten haben werden», sagt Manuel Graf.

Weg ins postfossile Zeitalter

Der Bundesrat will die Treibhausgas-Emissionen bis 2030 gegenüber dem Niveau von 1990 halbieren. Dabei sollen gemäss dem nationalen Plan mindestens 30 Prozent der Reduktionen im Inland erreicht werden, der Rest durch den Kauf von ausländischen Emissionsrechten.

Aus diesem Grund hat sich die Schweiz an der Klimakonferenz für einen glaubwürdig funktionierenden Emissionsmarkt eingesetzt. Die Erfahrung aus dem Kyoto-Protokoll, dem noch bis 2020 gültigen Klimavertrag, hat gezeigt, dass die Qualität der Emissionszertifikate vielfach umstritten ist.

«Keine Hoffnung ohne Handeln fürs Klima»: Greenpeace-Protestbanner auf der Konferenzhalle in Kattowitz. Foto: Keystone

Wie gut das Regelwerk von Katowice für die Umsetzung des Pariser Abkommens funktioniert, wird sich weisen. Die Klimakonferenz hat jedenfalls einmal mehr das Misstrauen der Staaten auf der politischen Ebene untereinander offengelegt. Es braucht wohl erst offensichtliche und messbare Erfolge vor allem in den Industriestaaten und den wirtschaftlich aufstrebenden Nationen, bis die verhärteten Fronten vollständig aufweichen.

Positiv ist jedenfalls, dass der Umbau der globalen Energieversorgung begonnen hat. Städte, Unternehmen und Banken sind gewillt, Milliarden zu investieren. Wie ehrgeizig die einzelnen Staaten weltweit den Klimaschutz in den nächsten Jahrzehnten auch angehen, der Weg ins postfossile Zeitalter ist vorgespurt, ein Zurück gibt es nicht mehr. Aber er kann deutlich schneller zurückgelegt werden, wenn auch der politische Ehrgeiz wächst.