Umfrage der Stadt Zürich61 Prozent der Frauen gehen trotz Mens-Schmerzen zur Arbeit
Eine Befragung in der Stadtverwaltung zeigt, dass viele Frauen während ihrer Periode leiden. Doch nicht alle befürworten einen Menstruationsurlaub. Das Thema offenbart einen Generationen-Gap.

- Die Stadt Zürich führte eine Umfrage zum Menstruationsurlaub für Mitarbeitende durch.
- 63 Prozent der Befragten leiden unter starken Schmerzen.
- Das Thema ist umstritten, obwohl der Vorstoss im Parlament angenommen wurde.
Wer in der Zürcher Stadtverwaltung unter Menstruationsbeschwerden leidet, soll sich bis zu fünf Tage von der Arbeit dispensieren lassen können. So will es ein Vorstoss der Grünen, den die Mehrheit des Parlaments im November 2022 an den Stadtrat überwiesen hatte.
Deshalb hat der grüne Stadtrat Daniel Leupi im Mai und im Juni letzten Jahres eine Befragung zu Menstruationsbeschwerden am Arbeitsplatz durchgeführt.
Jetzt sind die Resultate da – sie zeigen: 63 Prozent der befragten Mitarbeiterinnen leiden unter starken, regelmässigen Menstruationsbeschwerden, wobei insbesondere jüngere Personen überdurchschnittlich oft betroffen sind.
61 Prozent der Befragten nehmen bereits vorhandene Möglichkeiten wie Krankmeldung, Homeoffice oder längere Pausen nicht in Anspruch. 86 Prozent der Betroffenen wünschen sich, dass am Arbeitsplatz offen über das Thema gesprochen werden kann. Jüngere Personen sowie Lernende und Praktikantinnen stimmen dem Menstruationsurlaub eher zu als ältere Mitarbeiterinnen.
Von den knapp 20’000 angeschriebenen Mitarbeiterinnen haben rund 10’000 an der Befragung teilgenommen. Die Erhebung hat das Interdisziplinäre Zentrum für Geschlechterforschung IZFG der Universität Bern durchgeführt.
Die Umfrage kostete die Stadt Zürich 100’000 Franken. Befragt wurden Personen in der Stadtverwaltung, die im System die Indikation «Frau» angegeben haben und jünger als 55 Jahre sind.
Rückschritt oder Befreiung?
Der Menstruationsurlaub ist nicht unumstritten. Obwohl das Postulat im Parlament mit 66 zu 52 Stimmen angenommen wurde, wird das Thema kontrovers diskutiert. Mitte-Gemeinderätin Karin Weyermann etwa befürchtet, dass eine gesetzliche Regelung kontraproduktiv sein könnte. «Wer heute schon Mens-Beschwerden nicht ernst nimmt, könnte dadurch zusätzlich dazu angestachelt werden, Frauen in der Opferrolle zu sehen», sagt sie. Zudem könne man sich heute schon krankmelden, wenn man wegen Mens-Schmerzen zu Hause bleiben müsse. «Frauenfeindliche Sprüche werden durch einen expliziten Mens-Urlaub kaum weniger», so Weyermann.
Weil in der SVP-Fraktion des Zürcher Gemeinderats keine Frau sitzt, nimmt SVP-Kantonsrätin Susanne Brunner Stellung. Sie erachtet den Menstruationsurlaub als «riesigen Rückschritt» für die Frauen: «Würde ein Menstruationsurlaub eingeführt, dann wäre die Gleichberechtigung von Frauen und Männern aufgehoben, weil sich die rechtlichen Anstellungsbedingungen für Frauen und Männer unterscheiden würden.» Langfristig schade dies den Karriere- und Aufstiegschancen von Frauen, weil sie in der Berufswelt als weniger leistungsfähig gesehen würden.
Anders sieht es Tanja Maag von der AL, die einen Menstruationsurlaub unterstützt. Sie sagt: «Es kann befreiend wirken und fördert hoffentlich einen offeneren Umgang mit der Menstruation und im Allgemeinen einen gesünderen Umgang mit unserem Körper und der damit verbundenen Leistungsfähigkeit.» Es gehe letztlich auch um die gesellschaftliche Akzeptanz von weiblichen Realitäten.
Umfrage ist ein erster Schritt
Wie geht es nun weiter? «Mit der Befragung haben wir einen ersten Schritt gemacht. Nun gilt es, die Lage der Betroffenen zu verbessern und neue, ergänzende Massnahmen zu entwickeln», sagt Stadtrat Daniel Leupi, Vorsteher des Finanzdepartements.
Eine Arbeitsgruppe werde diese Massnahmen im Dialog mit Betroffenen entwickeln. Ziel sei es, eine «Kultur der offenen Kommunikation zum Thema» zu etablieren und die Führungspersonen in die Pflicht zu nehmen. «Menstruationsbeschwerden, die eine so grosse Zahl von Mitarbeiterinnen betreffen, dürfen kein Tabuthema bleiben», so Leupi. Zu den Kosten macht die Stadt noch keine Angaben. «Wie die Massnahmen konkret aussehen werden und zu beziffern sind, wird sich nach der Bedarfsanalyse erschliessen», wie sie auf Anfrage mitteilt.
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