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Drohender Ausstieg beim Klima
Es geht um Billionen, und da macht Trump nicht mit

The COP29 United Nations Climate Change Conference sign sits outside the COP29 headquarters in Baku, Azerbaijan, Tuesday, Sept. 17, 2024. (AP Photo/Sergei Grits)
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In Kürze:
  • Die UN-Klimakonferenz startet am Montag in Baku, Aserbaidschan.
  • Der Fokus liegt auf der künftigen Klimafinanzierung. Es geht um Hunderte Milliarden jährlich für die armen Staaten.
  • Die Verhandlungen werden erschwert, weil die USA nach der Wahl von Donald Trump zum 47. Präsidenten kein verlässlicher Partner in der internationalen Klimapolitik sein werden.

Er wird es wohl wieder tun. Er hat es bereits im Wahlkampf angekündigt. Donald Trump, 47. Präsident der USA, wird erneut aus dem Pariser Klimaabkommen aussteigen. «Das ist eine Abzocke», sagte Trump in einem Interview beim amerikanischen Newssender NBC. Der Vertrag sei ein einseitiger Deal, in dem die USA Milliarden zahlten, Grossmächte wie China und Indien hingegen nichts.

Das will Trump nicht hinnehmen. Und so wird er an der Klimakonferenz, die am Montag in Baku (Aserbaidschan) beginnt, seinen Schatten vorauswerfen, auch wenn er noch nicht im Amt ist: Es geht darum, wie viel finanzielle Unterstützung die armen Vertragsstaaten des Klimaabkommens in den nächsten Jahren für einen wirksamen Klimaschutz erhalten sollen. 

Bisher unterstützten die Industrieländer die armen Staaten mit jährlich 87 Milliarden Franken für den Bau klimafreundlicher Infrastruktur und den Schutz vor Hochwasser, Stürmen und Dürren. Der Finanzierungsplan gilt bis 2025. Es brauchte grosse politische Anstrengungen, bis die Geberländer diese Summe aufbrachten. Es handelt sich dabei um eine kollektive Verpflichtung. So gibt es keine Berechnungsmethode, welche Staaten wie viel beitragen sollten.

Grundsätzlich gilt die Maxime: so viel, wie es die wirtschaftlichen und politischen Bedingungen zulassen. Es stellt sich deshalb jeweils die Frage des fairen Anteils eines einzelnen Staates. Nimmt man die Treibhausgasemissionen, die wirtschaftliche Leistung und die Bevölkerungsgrösse als Massstab, so haben die USA – entgegen der Ansicht von Donald Trump – bis anhin viel zu wenig an den internationalen Klimaschutz bezahlt. Nur gerade 21 Prozent des eigentlichen fairen Anteils, schätzen Experten des internationalen Thinktanks ODI.

Investitionen bis zu 2 Billionen

An der Klimakonferenz in Baku ist nun der Fokus auf die Klimafinanzierung nach 2025 gerichtet. Dabei geht es um viel grössere Summen als heute. Auf dem Tisch liegen Forderungen von Entwicklungsländern zwischen 350 und 900 Milliarden Franken – pro Jahr.

Zum Vergleich: Der kürzlich veröffentlichte UN-Report «Emissions Gap» schätzt, dass global jährlich etwa 900 Milliarden bis 2,1 Billionen Dollar an zusätzlichen Investitionen in eine CO2-freie Energieversorgung und Industrie nötig sind, um das Ziel des Pariser Klimaabkommens zu erreichen, nämlich eine Welt, in der der Mensch praktisch keine CO2-Emissionen mehr produziert.

Die ersten Treffen vor der Konferenz verliefen zäh. Obwohl das Finanzierungsziel bereits nach 2025 gelten soll, konnten sich die Vertragsstaaten bisher auf kein Ziel festlegen. «Die reichen Staaten sollen ambitionierte Finanzierungsziele vorlegen, aber 400 bis 900 Milliarden sind unrealistische Zahlen, die nicht erreichbar sind», sagt Felix Wertli, Schweizer Umweltbotschafter und Chef der Schweizer Delegation in Baku.

Bisher gibt es auch keine Einigung, wie die Industriestaaten diese enormen Summen beschaffen sollen und ob künftig nicht auch Länder wie die Grossmacht China oder der reiche Ölstaat Saudiarabien zu den Geberländern zählen müssten.

Das Comeback von Donald Trump als neuer Präsident der USA macht die Verhandlungen noch schwieriger. Die Staaten seien skeptisch, sich auf eine Summe zu einigen, sagt Michai Robertson, leitender Finanzberater der Allianz der kleinen Inselstaaten, in einem Bericht im Magazin «Scientific American». Der Grund: Sollten die USA ihre Beiträge einstellen, müssten die Geberstaaten dafür aufkommen. Hinzu kommt, dass die armen Vertragsstaaten ihre künftigen Ambitionen in einen besseren Klimaschutz von der Klimafinanzierung in den nächsten Jahren abhängig machen.

Eine USA, die unberechenbar ist, schwächt in den Verhandlungen das ohnehin schon angeschlagene Vertrauen zwischen reichen und armen Staaten weiter. Die USA sind immerhin der weltweit zweitgrösste CO2-Produzent, und historisch betrachtet hat kein anderes Land so viel CO2 produziert wie die USA.

Es ist sogar durchaus realistisch, dass Trump nicht nur aus dem Pariser Klimaabkommen aussteigt, sondern versuchen wird, die übergeordnete UN-Klimarahmenkonvention von 1992 zu verlassen. Diesen Gedanken hatte der neue Präsident bereits vor acht Jahren. Ein Ausstieg aus der Konvention würde für die USA nicht nur automatisch den Abschied vom Pariser Klimaabkommen bedeuten. Sie hätten auch sonst keine Verpflichtungen mehr, darunter die regelmässige Berichterstattung über die Emissionsinventare. Ein Austritt wäre binnen eines Jahrs nach der Ankündigung möglich.

Andere geopolitische Lage

«Umso wichtiger ist es, dass die Staatengemeinschaft beim anstehenden Klimagipfel in Baku und beim G-20-Gipfel in Rio beweist, dass sie beim Klimaschutz zur Not auch ohne die US-Regierung handlungsfähig sein wird», sagt Christoph Bals von der deutschen Entwicklungs- und Umweltorganisation Germanwatch.

Als Trump vor acht Jahren ebenfalls den Ausstieg aus dem Pariser Klimaabkommen ankündigte, boten die Industrieländer Trump die Stirn und sprachen sich eindeutig für die Umsetzung des Pariser Abkommens aus. 

Diesmal sieht die geopolitische Lage allerdings etwas anders aus. Europa ist mit sich selber beschäftigt und mit dem Krieg in der Ukraine. Das Verhältnis zu China ist durch Handelsspannungen belastet, welche die Zusammenarbeit mit dem Westen schwieriger machen.

Trumps Wiederwahl hat aber nicht nur internationale Folgen, sie wird auch innenpolitisch Auswirkungen haben. So hat er angekündigt, alles zu unternehmen, um die Klimamassnahmen der Biden-Administration rückgängig zu machen. Was das bedeuten könnte, hat der anerkannte britische Thinktank Carbon Brief aufgezeigt: Er geht davon aus, dass die angekündigte Politik von Trump bis 2030 zu zusätzlichen vier Milliarden Tonnen Treibhausgasemissionen in den USA führen würde im Vergleich zu den Klimaplänen von Joe Biden. «Das würde sämtliche in den letzten fünf Jahren weltweit erzielten Treibhausgaseinsparungen durch den Einsatz von Wind- und Solarenergie sowie anderen sauberen Technologien zunichtemachen», schreiben die Autoren Simon Evans und Verner Viisainen.

«Drill, baby, drill»

Allerdings gibt es hier politische Hürden. «Es wird für Trump zwar schwierig bis unmöglich werden, viele der Förderprogramme für grüne Zukunftstechnologien aus dem Inflation Reduction Act von Präsident Joe Biden zu beenden, er wird sie aber abschwächen», sagt Christoph Bals von Germanwatch. In Erinnerung bleibt der Auftritt von Trump an einer Wahlveranstaltung: «Drill, baby, drill», sagte er und meinte damit, dass unter seiner Führung in den USA noch stärker nach Erdöl und Erdgas gebohrt werden soll. Die Vereinigten Staaten haben in den letzten sechs Jahren mehr Rohöl produziert als jedes andere Land zu irgendeiner Zeit, meldete die US-Behörde für Energieinformationen im März. 

Was Trump allerdings auch aus wirtschaftlichen Gründen nicht ignorieren kann: Die Vereinigten Staaten investieren nach China und der EU mit rund 315 Milliarden US-Dollar am drittmeisten in die erneuerbare Energie. Und: Die globalen Investitionen in die Solarenergie werden voraussichtlich in diesem Jahr die Grenze von 500 Milliarden US-Dollar übersteigen, wie es im Bericht der Internationalen Energieagentur heisst. Damit werde mehr investiert als für alle anderen Energiequellen zusammen. Die Abkehr vom fossilen Zeitalter ist nicht mehr umkehrbar.

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