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Krise der Modebranche
Kleiderläden auf Talfahrt – und kein Ende in Sicht

Vor allem der Verkauf in den Filialen läuft nicht gut: Eine Mitarbeiterin scannt einen Strichcode an der Kasse.
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Es ist eine Hiobsbotschaft zum einem denkbar schlechten Zeitpunkt: Die schwer angeschlagene Schweizer Modekette Tally Weijl will bis Ende 2021 fast ein Drittel der Arbeitsplätze streichen und 200 Läden schliessen. Dabei sollte die Erleichterung nach zwei Monaten Lockdown gross sein. Am 11. Mai dürfen alle Einkaufsläden in der Schweiz wieder öffnen. Gerade Branchen, denen es schon vor der Corona-Krise nicht gut lief, sind dringend auf Einnahmen angewiesen. Dazu gehört auch der Fashionmarkt, dem endlich wieder mal ein gutes Jahr prognostiziert wurde – doch daraus wird jetzt wohl nichts.

Der Verkauf von Bekleidung, Schuhen und Accessoires befindet sich seit längerer Zeit auf Talfahrt, wie eine Auswertung des Marktforschungsinstituts GFK zeigt. 2019 erreichte die Modeindustrie hierzulande noch einen Umsatz von knapp 8,2 Milliarden Franken. Seit 2011 hat sie damit ein Viertel ihres Volumens verloren.

Accessoires haben in den letzten neun Jahren am meisten eingebüsst (–26,7 Prozent). Aber sie machen nur einen kleinen Teil des Fashionmarkts aus. Dieser generiert fast drei Viertel seines Umsatzes aus dem Verkauf von Kleidern, der ebenfalls kontinuierlich zurückgeht (–24 Prozent). Auch das Schuhgeschäft ist rückläufig (–19 Prozent), allerdings weniger stark.

Als mögliche Gründe für die Abwärtsspirale nennt das GFK verschiedene Ursachen. So wird etwa der internationale Einfluss durch Übernahmen grösser. Der Verdrängungskampf im gesättigten Markt hat in den letzten Jahren erneut zugenommen, was zu einem Preisdruck führt. Die Schweizerinnen und Schweizer kaufen öfter im Ausland ein als früher und geben auch nicht mehr so viel Geld für Mode aus.

Der sogenannte Warenkorb hat sich stark gewandelt. Schweizer Konsumentinnen und Konsumenten investieren heute durchschnittlich nur noch 3,6 Prozent ihres Einkommens in Kleider. Vor 50 Jahren war der Anteil noch fast viermal so hoch. Dafür wird vergleichsweise mehr Geld für das Wohnen und den Verkehr (z.B. Auto, ÖV-Abo) ausgegeben.

Auch das schnell wachsende Onlinegeschäft konnte den Rückgang im Fashionmarkt bislang nicht aufhalten. In letzter Zeit gab es eine deutliche Verschiebung der Verkäufe von der Filiale ins Internet, die das Kundenbedürfnis zwar befriedigt, für die Händler aber oft noch keinen oder wenig Profit bringt.

Der Anteil des Onlinegeschäftes liegt mittlerweile bei 19,6 Prozent und wird dieses Jahr weiter wachsen. Denn die aktuelle Schliessung der Kleiderläden gibt dem Bereich einen weiteren Schub. Trotzdem leidet die Branche stark unter der momentan tiefen Kauflust. Selbst der erfolgreiche Onlinehändler Zalando musste vor kurzem ein Sparprogramm ankündigen.

Ursprünglich prognostizierten Experten eine Erholung des Marktes 2020. Doch diese kann durch den Ausfall von zwei Verkaufsmonaten nicht mehr erreicht werden – zumal die Konsumenten nach der Öffnung kaum die Läden stürmen werden. Eine Umfrage der Schweizer Prospekte-App Profital bei über 5600 Nutzerinnen und Nutzern hat ergeben, dass mehr als die Hälfte die ersten Wochen abwarten will, bevor sie wieder Geschäfte aufsucht. Es dürfte länger gehen, bis sich das Kaufverhalten normalisiert. Laut dem Staatssekretariat für Wirtschaft Seco ist die Konsumentenstimmung in der Schweiz auf einem historischen Tiefststand.

«Viele Unternehmen wissen nicht, ob es sie am Ende des Jahres noch geben wird.»

Milo Goldener, Dachverband des Schweizerischen Textil-Detailhandels

Immerhin wollen viele Schweizer nach der Öffnung als Erstes wieder Kleider einkaufen, wie die Profital-Umfrage zeigte. Gleichzeitig hat sich aber auch jeder Fünfte vorgenommen, künftig weniger Geld auszugeben. Schon jetzt achten die meisten stärker auf Preise, Rabatte und Aktionen. Das sind keine guten Aussichten für den Fashionmarkt, der gemäss GFK auch 2020 wieder einen Umsatzverlust erleiden wird.

Um eine Rabattschlacht und damit einhergehende Einbussen zu verhindern, hat der Dachverband des Schweizerischen Textil-Detailhandels seinen Mitgliedern bereits Empfehlungen abgegeben. «Es geht um das Überleben der Branche», sagte dessen Präsident Milo Goldener der Luzerner Zeitung. «Viele Unternehmen wissen momentan nicht, ob es sie am Ende des Jahres noch geben wird.»