AboKirchenrechtler im Interview«Es hiess, mit einer Frau zu schlafen, sei schlimmer, als mit 12-jährigen Jungen zu masturbieren»
Stefan Loppacher macht seit Jahren Präventionsarbeit in der katholischen Kirche. Hier spricht er über Hürden bei der Aufklärung, die Rolle des Frauenbilds und Bedingungen für einen Wandel.
Herr Loppacher, obwohl die katholische Kirche gründliche Aufklärung versprochen hat, ist das Ausmass sexueller Übergriffe noch viel grösser als erwartet. Wurden die Gläubigen absichtlich getäuscht?
Einzelnen direkt böse Absichten zu unterstellen wäre hier spekulativ. Sicher aber sind die Vorfälle Ausdruck einer bestimmten Kultur der katholischen Kirche, die noch immer nicht überwunden ist. Man will das System, den eigenen Ruf und den Ruf der Institution um jeden Preis schützen. Zudem ist das Thema so schrecklich, dass es für jede Institution schwierig wäre, das selber anzugehen. Hier braucht es den Druck der Öffentlichkeit. Aber wir sind auch an einem Wendepunkt. Dass sich alle Schweizer Kirchenvertreter durchgerungen haben, ein solches Projekt in Auftrag zu geben, zeugt von Einsicht.