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Nordkoreas Raubzüge für Atomraketen
Kim und seine Cyberkriminellen

Nordkoreas Machthaber lässt sich gern bewundern: Kim Jong-un und Militärs beobachten an einem Bildschirm den Abschuss einer Rakete.
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An diesem Mittwoch begeht das Regime in Nordkorea den Tag der Gründung seiner heutigen Volksarmee. Es ist das 75. Jubiläum dieser Art, für den Abend ist am Kim-Il-sung-Platz in Pyongyang eine Militärparade mit Feuerwerk und grossem Aufmarsch zu erwarten. Die Regierungen in den USA und Südkorea sind schon gespannt, was die Parteidiktatur diesmal an atomwaffenfähigen Raketen aufbietet. Wobei Ned Price, Sprecher des US-Aussenministeriums, am Montag erklärte, dass man die Show nicht zu ernst nehmen werde. Die Parade habe «sicher eher einen Nachrichten- und Propagandawert als einen materiellen Wert».

Trotzdem könnte die Aufführung der Waffenherrlichkeit auch wieder die Frage aufwerfen, wie sich Nordkorea sein Militäraufgebot überhaupt leisten kann. Arm ist das Land schon lange, aber seit Beginn der Pandemie ist die Lage eher schlechter als besser geworden. Aus Angst vor dem Coronavirus schottet sich Nordkorea seit Anfang 2020 fast komplett ab. Der Handel läuft nicht mehr wie früher, die UNO-Sanktionen sind eine Last.

Immer ausgefeiltere Cybertechniken

In erster Linie lebt Nordkorea gerade von Hilfen Chinas. Trotzdem rüstet das Regime von Machthaber Kim Jong-un auf. Letztes Jahr hat es mehr als siebzig Testraketen verschiedener Reichweite abgefeuert – ein Rekord. Wo kommen die Mittel für das ganze Material her? Cyberkriminalität scheint ein Teil der Antwort zu sein.

Jedenfalls haben nordkoreanische Hacker im vergangenen Jahr so viel Geld im Internet gestohlen wie noch nie. Das zeigt ein vertraulicher Bericht von unabhängigen Sanktionswächtern an einen Ausschuss des UNO-Sicherheitsrats. Die Nachrichtenagentur Reuters durfte den Report am Montag einsehen und zitierte daraus.

Gemäss dem Bericht nutzt Nordkorea «immer ausgefeiltere Cybertechniken, um sich Zugang zu digitalen Netzwerken zu verschaffen, die an der Cyberfinanzierung beteiligt sind, und um Informationen zu stehlen, die auch für die eigenen Waffenprogramme wertvoll sein könnten». Die Quellen dieser Erkenntnis sind UNO-Mitgliedsstaaten und Cybersecurity-Firmen. Eine Masche der Hacker ist offenbar auch, bestimmte im Kryptogeschäft aktive Organisationen mit Schadware zu infizieren, um Geldtransfers abfangen zu können. 

Die Cyberbeute der Nordkoreaner wird auf 630 Millionen bis über eine Milliarde US-Dollar geschätzt.

Wie viel Geld Nordkorea genau im Internet erbeutet hat, ist schwer zu sagen. Die Sanktionswächter schätzen die Summe auf 630 Millionen US-Dollar, eine Cybersecurity-Firma geht von mehr als einer Milliarde US-Dollar aus. «Die Schwankungen des Wertes von Kryptowährungen in den letzten Monaten haben diese Schätzungen wahrscheinlich beeinflusst», heisst es in dem Bericht. «Aber beide zeigen, dass 2022 ein rekordverdächtiges Jahr für den Diebstahl von virtuellen Vermögenswerten durch die DVRK war.» DVRK steht für Demokratische Volksrepublik Korea, den offiziellen Namen Nordkoreas.

Nordkorea hat immer bestritten, sich Geld durch Hacker zu beschaffen. Aber dass das Regime sein Atomwaffenprogramm mit ehrlichem Wirtschaftsgebaren finanziert, ist nicht sehr wahrscheinlich. Vermutlich hat es dafür in den vergangenen drei Jahren sogar die eigenen Anti-Corona-Regeln gebrochen.

Handelsnetz dank Bestechung und Unterschlagung

Einige Rohstoffe für den Raketenbau kann Nordkorea selbst herstellen. Stahl zum Beispiel. Arbeiter gibt es genug. Aber für Bauteile und Präzisionsmaschinen, die aus dem Ausland kommen müssen, gehen die dichten Grenzen wohl doch auf. «Nordkorea hat sich über die Jahrzehnte ein Handelsnetz durch Bestechung und Unterschlagung aufgebaut», sagt der Brite Peter Ward, Experte für Nordkoreas Wirtschaft von der privaten Kookmin-Universität in Seoul. «Nordkorea hat Wege gefunden, Misstrauen und die Beschränkungen aus Europa und Nordamerika zu umgehen.»

Die Kosten für diesen Schwarzhandel deckt Kim Jong-uns Regime mit Erspartem, Beiträgen des Parteivolks – und mit der Selbstbedienung aus dem Internet. Steckt in Nordkoreas Atomraketen also auch Geld aus virtuellen Raubzügen? Peter Ward antwortet: «Das erscheint sehr wahrscheinlich.»