Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

Zürcher Obergericht
Keine Todesdrohungen: Kispi-Arzt wird freigesprochen

Nach seiner Entlassung fielen bei einem Mediationsgespräch harte Worte: Strafrechtlich relevante Todesdrohungen hat ein Kinderspital-Arzt dabei nicht geäussert, befand das Obergericht Zürich. Foto: TA

Nach der Entlassung ist es bei einem Mediationsgespräch zwar laut geworden – doch ein ehemaliger Kinderspital-Arzt hat seine Vorgesetzten dabei nicht mit dem Tod bedroht. Das Zürcher Obergericht sprach den Mann am Dienstag frei.

Das Obergericht stiess damit ein Urteil des Bezirksgerichts um. Dieses hatte den entlassenen Arzt wegen mehrfacher Drohung zu einer bedingten Geldstrafe von 80 Tagessätzen zu 30 Franken verurteilt.

Der entlassene Arzt sei beim Mediationsgespräch zwar ausfällig geworden und habe einen wirren, nicht mehr rational gesteuerten Eindruck hinterlassen, hielt der Oberrichter am Dienstagnachmittag in seiner kurzen mündlichen Urteilsbegründung fest.

Es sei deshalb nachvollziehbar, dass sich die vier Vertreter des Kinderspitals Zürich (Kispi) «ungut» gefühlt hätten und sie später Angstgefühle entwickelt hätten. Doch die eingeklagten Drohungen liessen sich nicht rechtsgenügend nachweisen.

«Bumm, und zwei Meter in die Luft»

Die Staatsanwaltschaft hatte sich in ihrer Anklage – wie danach das Bezirksgericht in seinem Urteil – auf die Angaben der vier Kispi-Repräsentanten abgestützt. Diese warfen dem in Ägypten geborenen Mann mit deutscher Staatsangehörigkeit vor, sie an der ganztägigen Mediation derart eingeschüchtert zu haben, dass sie danach Personenschützer engagieren mussten.

Wenn er hier nicht zu seinem Recht komme, dann wisse er schon, wie er dazu kommen könne, soll der Entlassene gesagt haben. Und dabei müsse er seine Finger nicht mal persönlich dreckig machen, dafür habe er Freunde. Zudem soll er auf einen Vorfall in Deutschland mit einem Auto verwiesen haben; «bumm, und zwei Meter in die Luft».

Vor dem Zürcher Obergericht machte der Arzt von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch. Wie in der Schlusseinvernahme bei der Staatsanwaltschaft und an der Verhandlung vor Bezirksgericht machte er keine Angaben, weder zu seiner Person noch zur Sache.

Bei einer polizeilichen Befragung hatte er zuvor noch eingeräumt, an der Mediation im August 2019 wütend geworden zu sein, weil ihm sexuelle Belästigung vorgeworfen worden war. Zudem habe ein Kispi-Vertreter ihn ausgelacht.

Er habe aber lediglich gesagt, dass er kämpfen und seinen Ruf bis zum Tod verteidigen werde. Er habe vor Gericht gehen und mit den Medien sprechen wollen, meinte der Mann damals. Nach seiner Entlassung war er ausserdem in einen langen, teils medial begleiteten Hungerstreik getreten.

Keine expliziten Drohungen

Diese Aussagen seien doch keine konkreten Androhungen eines Übels gewesen, hielt dessen Verteidiger in seinem kurzen Plädoyer fest. Selbst «die vier mutmasslich Geschädigten» hätten ausgeführt, dass sein Mandant keine expliziten Drohungen geäussert habe.

Die Kispi-Vertreter hätten ihre Anzeige wegen mehrfachen Drohungen ohnehin erst nach einer Nachbesprechung zur Mediation eingereicht, bei der auch ein Kommunikationsbeauftragter des Spitals anwesend gewesen sei, führte der Verteidiger weiter aus. Die Anzeige habe eher einer PR-Strategie des Spitals gedient, um von Entlassung, Hungerstreik und anderem abzulenken, meinte er sinngemäss.

Diese Nachbesprechung würde zudem auch zeigen, dass die vier Betroffenen ihre Aussagen nachträglich – bewusst oder unbewusst – einander angeglichen hätten, sagte der Verteidiger.

Für das Gericht bleiben Zweifel

Das Obergericht kam diesbezüglich zu einem anderen Schluss: Als Beweise lägen einzig die Aussagen der an der Mediation beteiligten Personen vor – diese seien aber insgesamt nicht einheitlich.

So seien gewisse Vorwürfe nur von einer einzelnen Person geäussert worden, und diese im Verlaufe der Untersuchung abgeschwächt oder nicht mehr erwähnt worden.

Einzelne eingeklagte Drohungen erschienen zudem diffus und inkohärent, begründete der Oberrichter den Freispruch weiter, der unter dem Motto «im Zweifel für den Angeklagten» erfolgte.

SDA