Karin Rykart zur Einkesselung«Ich entschuldige mich dafür, auch im Namen der Stadtpolizei»
Zuerst hat sie geschwiegen, nun äussert sich die Stadträtin Karin Rykart zur umstrittenen Praxis. Und sagt, ob der Kessel in Zukunft noch zum Einsatz kommen wird.
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat eine Beschwerde gegen den 1.-Mai-Einsatz von 2011 in Zürich gutgeheissen.
542 Personen wurden damals bei einem Polizeieinsatz im Gebiet Kanzleiareal/Helvetiaplatz eingekesselt, verhaftet und anschliessend zur Überprüfung der Identität in die Polizeikaserne gebracht. Mehrere Verhaftete beschritten daraufhin den Rechtsweg. Der Grund: Mit dem Vorgehen der Polizei seien ihre Rechte auf Bewegungsfreiheit, Versammlungsfreiheit und Meinungsfreiheit verletzt worden.
Rykart spricht
Die Zürcher Sicherheitsvorsteherin Karin Rykart (Grüne) wollte sich bisher noch nicht zum Entscheid des EGMR und seinen Folgen für die Polizeiarbeit in Zürich äussern. «Wir werden das Urteil nun lesen und sorgfältig analysieren. Erst danach äussern wir uns dazu», sagte Katharina Schorer, Sprecherin von Stadträtin Rykart, noch am Dienstag.
Am Mittwoch hat Rykart die Analyse offenbar bereits abgeschlossen. Und gibt sich reumütig. Es sei falsch gewesen, so viele Personen so lange festzuhalten, sagt sie im Zürcher Gemeinderat. «Ich entschuldige mich dafür, auch im Namen der Stadtpolizei.»
Man habe schon damals gewusst, dass das Vorgehen nicht optimal war, führt Rykart weiter aus. Und betont: Solch ein Vorgehen gebe es nicht mehr. «Heute werden die Leute informiert, wie sie schnell aus dem Kessel kommen», sagt Rykart. «Wenn es zu grösseren Kesselungen und Personenkontrollen kommt, macht die Stadtpolizei alles, damit es so kurz wie möglich geht.»
Rykarts Entschuldigung gab im Rat zu reden. Während die AL die Entschuldigung der grünen Sicherheitsvorsteherin begrüsste, zeigte sich die SVP irritiert über die Entschuldigung. Beide Parteien verlasen eine Fraktionserklärung, um bei Rykart jeweils für (SVP) oder gegen (AL) den weiteren Einsatz des Kessels zu weibeln.
Der Kessel bleibt
In einer Medienmitteilung betonte das Sicherheitsdepartement, dass sich die gerügte Praxis bereits verändert habe und «die Wartezeit zur Überprüfung der Identität deutlich kürzer geworden ist». Nur Personen, bei denen ein Anfangsverdacht im Zusammenhang mit einer Straftat oder ein Grund für einen polizeilichen Gewahrsam besteht, würden heute in eine Wache gebracht.
Sowohl Rykart sagt, dass das Urteil nicht die Einkesselung an sich rügt, sondern die lange Dauer der polizeilichen Kontrolle und die Mitnahme auf den Polizeiposten. «Deshalb wird der Kessel in besonderen Situationen als operatives Mittel der Polizei auch weiterhin zur Anwendung kommen.»
Fehler gefunden?Jetzt melden.