Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

Kantonsrat für Altersbeschränkung
Ab 68 ist in Zukunft Schluss für Zürcher Richter

Am Obergericht müssen Richterinnen und Richter nach dem 68. Geburtstag zurücktreten.
Jetzt abonnieren und von der Vorlesefunktion profitieren.
BotTalk

Im Kanton Zürich sollen in Zukunft keine Personen mehr Recht sprechen, die älter als 68 Jahre alt sind. Dafür sprach sich am Montagmorgen der Kantonsrat aus, welcher die Richterinnen und Richter wählt.

Es war der Ärger des ehemaligen Präsidenten des Verwaltungsgerichts, Jso Schumacher, der diese Verfassungs- und Gesetzesrevision ins Rollen brachte.

Obwohl er schon 67 war, wollte sich der streitbare grüne Verwaltungsrichter vom Kantonsrat im Juni 2019 für eine weitere sechsjährige Amtszeit wählen lassen. Dies hat ihm das Kantonsparlament verwehrt, obwohl der Kandidat versicherte, er werde mit 70 freiwillig aus dem Amt ausscheiden.

Der Kantonsrat begründete ihm den ablehnenden Entscheid mit einer Regelung der Interfraktionellen Konferenz (IFK) im Kantonsrat, wonach Kandidatinnen und Kandidaten, die am Wahltag älter als 65 seien, nicht wiedergewählt werden könnten.

Rüge des Bundesgerichts

In dieser Regelung witterte Schumacher Diskriminierung, und er wehrte sich vor Bundesgericht gegen seine Zurückweisung. Doch Schumacher blitzte ab. Das Gericht erachtete eine Altersbeschränkung für Richter als zulässig, kritisierte allerdings auch die Regelung der IFK als ungerecht.

So könne ein Kandidat, der einen Tag nach dem Wahltag 65 werde, nochmals für 6 Jahre gewählt werden, während einem nur um einen Tag älteren Kandidaten die Wiederwahl verwehrt werde. Das wertete das Gericht als Verstoss gegen die Rechtsgleichheit.

Das Bundesgericht forderte deshalb den Kantonsrat auf, diesen Missstand zu beseitigen.

Das will der Kantonsrat nun tun und sowohl die Verfassung wie auch die gesetzliche Grundlage entsprechend ändern. In der Debatte vom Montagmorgen gab es dagegen von keiner Seite Widerstand.

Neben der Altersguillotine für Richter hat der Kantonsrat noch eine weitere Regelung bei den Richterwahlen ins Gesetz geschrieben. So sollen an den obersten Gerichten keine Laien mehr zugelassen werden. Auch dagegen gab es keinen Widerstand. Damit führt der Kantonsrat eine Regelung ein, die in den unteren Bezirksgerichten bereits gilt. Yvonne Bürgin (Mitte, Rüti) sprach stellvertretend für alle anderen davon, dass die «gelebte Praxis» gesetzlich nachvollzogen werde, da schon heute weder am Ober- noch am Verwaltungsgericht Laien gewählt würden.

Umstrittene Wohnsitzpflicht

Eine weitere geplante Änderung bei der Wahl von Richterinnen und Richtern fiel im Kantonsrat allerdings durch. Die Mehrheit der vorberatenden Kommission wollte die heute geltende Wohnsitzpflicht für Zürcher Handelsrichterinnen und -richter aufheben.

Die Fachkenntnisse der Richterinnen seien höher zu gewichten als deren Wohnort, begründete die Mehrheit die Änderung. Doch SVP, Grüne und FDP wehrten sich erfolgreich dagegen. SVP-Fraktionschef Martin Hübscher (Wiesendangen) begründete dies mit dem Zürcher Submissionsrecht, das sich von dem Recht in anderen Kantonen deutlich unterscheide: «Wir wollen, dass unsere Richter unser Recht gut kennen.»

Angie Romero (FDP, Zürich) war der Meinung, dass es im Kanton Zürich genügend Fachpersonen gebe für die offenen Richterstellen. «Uns ist es wichtig, dass unsere Richter vertraut sind mit den hiesigen Verhältnissen.»

«Es erstaunt mich, dass die Zürcher Freisinnigen den Heimatschutz höher gewichten als den Wirtschaftsstandort Zürich.»

Andrea Gisler, Kantonsrätin GLP

Dafür wurde die FDP explizit von der GLP kritisiert. «Es erstaunt mich, dass die Zürcher Freisinnigen den Heimatschutz höher gewichten als den Wirtschaftsstandort Zürich», sagte Andrea Gisler (Gossau). Sie vermisse den Weitblick bei den Gegnerinnen dieser Vorlage. Der Wirtschaftsstandort ende nicht an der Kantonsgrenze.

Die Sprecherin der AL, Anne-Claude Hensch, sprach von einer «Überhöhung des Lokalbezugs». Gerade in Gerichtsfällen der Chemie- und Pharmabranche sei es schwierig, geeignete Personen fürs Handelsgericht zu finden.

Mit dieser Haltung blieben die beiden in der Minderheit. Mit 95:76 Stimmen sprach sich der Rat für die Beibehaltung der Wohnsitzpflicht aus.

In einigen Wochen wird der Kantonsrat die Altersguillotine und die Abschaffung des Laienrichtertums noch definitiv beschliessen. Dann wird es darüber noch eine Volksabstimmung geben, wie es bei Änderungen der Verfassung zwingend ist.