Kanton muss in Stäfa Tempo 30 auf der Seestrasse prüfen
In Stäfa kämpfen Anwohner seit Jahren für eine Temporeduktion auf der Seestrasse. Ihr Rekurs beim Baurekursgericht hat nun gefruchtet: Der Kanton muss prüfen, ob Tempo 50 oder Tempo 30 den Stäfnern eine Lärmreduktion bringen.
Mit 30 km/h über die Seestrasse schleichen? Warum nicht, meint das Baurekursgericht in einem gestern publizierten Urteil. Vor dem Hintergrund von geplanten Massnahmen in Form von Lärmschutzfenstern müsse das «Lärmminderungspotential von Tempo 30 zunächst einmal ernsthaft abgeklärt werden», schreiben die Richter. Der Rekurs von vier Anwohnern wird darum gutgeheissen.
Statt im Stäfner Ortsteil Kehlhof Schallschutzfenster zu installieren, muss die Baudirektion erstmal über die Bücher. Sowohl bei Tempo 30, als auch bei Tempo 50 müssen Versuche gemacht werden, die zeigen, ob sich der Lärm im Vergleich zu Tempo 60 reduziert. Erst nach Erhalt der Ergebnisse darf der Kanton prüfen, ob eine Reduktion wirklich Sinn macht, eine «Verhältnismässigkeitsprüfung» durchführen. Dabei sollen auch weitere Möglichkeiten geprüft werden, etwa bauliche Masnahmen.
Alles muss abgeklärt werden
Das verblüffende Urteil fällten die Zürcher Richter vor dem Hintergrund des Falls «Grabenstrasse» in Zug. Schon zweimal wurde das Bundesgericht wegen dieser Hauptachse bei der Altstadt angerufen. Zweimal entschied das höchste Gericht, dass die Überprüfung von Tempo 30 absolut notwendig sei. Lärmschutzfenster würden zwar zur Erleichterung der Anwohner führen, nicht aber zum definitiven Verschwinden des gesundheitsschädigenden Lärms. «Massnahmen wie Lärmschutzfenster sind ultima ratio», heisst es im Urteil. Zuvor müssten alle möglichen und zumutbaren Sanierungsmassnahmen ausgeschöpft werden.
So lief es auch in Zug. Eine erste Messung des Zuger Tiefbauamts, die bei tieferem Tempo kaum Lärmreduktion ergab, wurde als veraltet bezeichnet. Der Zürcher Baudirektion legt das Gericht darum nahe, das Bundesamt für Umwelt (Bafu) zu kontaktieren, um die Messung mit der modernsten Technik durchzuführen. Das Bafu hatte etwa bei einem Versuch in Zürich eine Geschwindigkeitsreduktion um 11 bis 13 km/h gemessen — alleine durch die Signalisation. Zudem sei die Lärmbelastung bei Tempo 30 um 2 Dezibel gesunken.
Die verkehrstechnische Bedeutung der Seestrasse schliesst für das Baurekursgericht eine Messung nicht aus. Die Baudirektion habe diese faktisch als unverhältnismässig erklärt.
Kein Verständnis zeigen die Richter für ein Argument, das von der Kantonspolizei stammen soll. Nämlich, dass bei einer Temporeduktion weiterhin zu schnell gefahren werde. So werde bei einer Reduktion auf Tempo 50 im Schnitt weiterhin 60, mindestens aber 56 km/h gefahren. Wenn man davon ausgeht, dass vorher alle genau 60 gefahren sind. Diese Einschätzung sei «rechtsstaatlich unhaltbar», schreiben die Richter. Werde eine Temporeduktion angeordnet, müsse diese «grundsätzlich mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln durchgesetzt werden».
Gutachten in Auftrag geben
Stefan Reichling vom Verein «Kehlhof wird 5zIG» zeigt sich in einer ersten Reaktion erfreut über das Urteil. Eine vertiefte Stellungnahme will der Verein zu einem späteren Zeitpunkt abgegben. Thomas Maag, Sprecher der Baudirektion, sagt, man habe das Urteil zur Kenntnis genommen. Den Auftrag des Gerichts werde der Kanton jetzt wahrnehmen. «Wir werden umgehend das geforderte Gutachten in Auftrag geben».
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