Paul Biya wird vermisstKameruns Dauerherrscher ist unauffindbar
Das westafrikanische Land rätselt über den Verbleib von Präsident Paul Biya. Ist der 91-jährige Autokrat womöglich gestorben?

Wie geht es Paul Biya, dem ältesten Staatsoberhaupt der Welt? Über diese Frage wird in Kamerun, wo der 91-Jährige seit 1982 ununterbrochen Präsident ist, seit einer Woche leidenschaftlich diskutiert. Doch eine richtige Antwort gibt es bisher nicht. Nur Verlautbarungen der Regierung, wonach Biya sich bester Gesundheit erfreue. Eine Bestätigung dieser Behauptung aber – in Form eines öffentlichen Auftritts oder auch nur eines Fotos – steht aus.
Zum letzten Mal in der Öffentlichkeit gesehen wurde Biya am 8. September in Peking, wo er den China-Afrika-Gipfel besuchte. Seitdem glänzt er durch Abwesenheit. Ende September fehlte er bei der UN-Vollversammlung in New York, Anfang Oktober verpasste er den Gipfel der frankofonen Länder in Frankreich.
Seitdem sprudeln die Spekulationen. Der Dauerherrscher sei tot, heisst es. Am Freitag wurde es Kameruns Regierung dann zu bunt. Der Innenminister wies die Provinzgouverneure des westafrikanischen Landes an, Berichte über Biyas Gesundheitszustand zu unterbinden.
Dass Kameruns Präsident abtaucht, ist alles andere als ungewöhnlich. Einen erheblichen Teil seiner 42 Regierungsjahre verbrachte Biya im Ausland. Seine Wahlheimat ist das Hotel Intercontinental in Genf, wo er für sich und seine Entourage ein gesamtes Stockwerk gemietet haben soll.
Bereits 2004, da war Biya 71 Jahre alt, wurde geraunt, er sei gestorben. Biya beendete diese Gerüchte, indem er aus der Schweiz nach Kamerun flog und sich dort der Öffentlichkeit zeigte. Jene, die ihm den Tod wünschten, sagte er nach seiner Landung in einem Interview, müssten sich noch zwanzig Jahre gedulden.
Die 20 Jahre sind um. Die Frage allerdings, wie es im Land weitergeht, wenn der oft Totgesagte tatsächlich einmal stirbt, stellt sich mit jedem Jahr dringender.
Mit harter Hand und grosser Willkür
Dass Biya oft ein Herrscher aus der Ferne war, heisst nicht, dass er mit langer Leine regiert hätte. Im Gegenteil: Seit mehr als vier Jahrzehnten führt er Kamerun mit harter Hand und grosser Willkür. Wahlen werden manipuliert, Opposition und Medien unterdrückt. Die vor allem dank reicher Ölvorkommen beträchtlichen Staatseinnahmen landen in den Taschen seiner Günstlinge oder auf dem Konto des Hotels Intercontinental. Ein Grossteil der knapp 30 Millionen Einwohner bleibt arm.
Doch ein Ende der Ära Biya könnte die Lage des Landes noch verschlimmern. Der Präsident hat weder seine Nachfolge geregelt noch den seit Jahren schwelenden Bürgerkrieg zwischen dem englisch- und dem französischsprachigen Landesteil beendet noch die Islamisten im Norden besiegt.
Die Wahl in Kamerun steht 2025 an. Biyas Unterstützer drängen ihn schon länger, wieder anzutreten. Aber dafür muss er erst einmal wieder auftauchen.
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