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Julius Honka am Spengler-Cup
Neun Clubs in acht Jahren – ein Freigeist ist auf Wanderschaft

Der Davoser Julius Honka beim Jubel nach seinem Siegtreffer zum 4:3 in der Overtime, im Eishockey-Qualifikationsspiel der National League (NL) zwischen dem HC Davos und den SC Rapperswil-Jona Lakers, am Sonntag, 29. September 2024, im Eisstadion in Davos. (KEYSTONE/Juergen Staiger)
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In Kürze:
  • Julius Honka, ein offensiver Verteidiger, passte nicht ins System des SC Bern.
  • Sich allzu sehr anpassen wollte der Finne nicht.
  • Der 29-Jährige suchte mehr Freiheiten und fand diese in Davos.
  • Trotz Wohlbefinden beim HCD verzichtet er auf einen Verbleib und wechselt schon wieder den Club.

«Es war richtig, dass ich mich nicht zu sehr angepasst habe», sagt Julius Honka, die Zahnlücke blitzt nun auf und vollendet sein lausbubenhaftes Lächeln. «Jeder Spieler hat seine individuelle Stärke, von der er überzeugt ist. Wenn du die wegnimmst, kann es dir schwerfallen, danach deine Identität wiederzufinden.» Das Gespräch in Davos dreht sich mittlerweile um seinen letzten Arbeitgeber Bern, bei dem es schon früh augenfällig wurde, dass Honka nicht ins Spielsystem passte.

Der SCB unter Trainer Jussi Tapola und Julius Honka, das war kein Match, da half es auch nichts, dass beide Finnen sind. Honka war zudem bereits verpflichtet worden, bevor Tapola in Bern unterschrieb – eine ungewöhnliche Konstellation für den Spieler. Honka war teilweise überzählig, und er wurde mitten in der Saison für ein paar Wochen an Servette verliehen. Den Spengler-Cup bestritt er letztes Jahr zudem mit Ambri-Piotta.

Die Hockey-Familie Honka: Vier Brüder, vier Verteidiger

Lag es nur am SCB? Denn bei einem Freigeist auf dem Eis wie Honka stellt sich immer die Frage, ob er überhaupt in irgendein System passt. Er war 2014 ein Erstrundendraft in der NHL, er setzte sich bei den Dallas Stars auch darum nicht durch, weil er die für europäische Offensivverteidiger häufig angewandte Defensiv-Schule im AHL-Farmteam nicht mit ganzem Herzen absolvierte. Seine diesbezüglichen Defizite sind auch darum bis heute geblieben. Nach vier Jahren Nordamerika entschied er sich zur Rückkehr nach Europa, weil er Eishockey wieder lieber so spielen wollte, wie er es mag: als Spiel.

Sein bis 2025 gültiger Vertrag beim SCB wurde letzten Sommer aufgelöst, Davos wurde zu einem weiteren Neustart in Honkas Karriere, der achte Club in sieben Jahren. Bislang klappt es hier gut, neun Tore hat Honka bereits erzielt, darunter auch solche, bei denen er hinten loszieht und den Slalomlauf durch die Gegner hindurch mit einem Treffer krönt. Der Zirkus Honka ist in der Stadt! Das mögen die Fans, aber nicht unbedingt auf defensive Disziplin bedachte Coaches wie Jussi Tapola.

Der Davoser Julius Honka jubelt nach seinem Siegtreffer zum 3:2 in der Overtime, im Eishockey-Qualifikationsspiel der National League (NL) zwischen dem HC Davos und dem Geneve-Servette HC, am Samstag, 21. September 2024, im Eisstadion in Davos. (KEYSTONE/Juergen Staiger)

Vielleicht liegt es in der ziemlich speziellen Familie Honka: vier Brüder, vier Eishockeyspieler, vier Verteidiger. Die älteren beiden, beides Linksschützen und eher defensiv ausgerichtet, sind schon zurückgetreten. Der Jüngste ist Anttoni, er ist wie Julius Rechtsschütze und wechselte mitten in der Saison zum Tabellenletzten Ajoie. Und wie er tickt, illustriert diese Szene Anfang November: Beim von der Angst vor dem Verlieren geprägten Kellerduell gegen die SCL Tigers passierte minutenlang nichts, bis plötzlich ein Verteidiger Ajoies hinter das Langnauer Tor fuhr und zum «Airhook» ansetzte, einem dem Lacrosse entlehnten, technisch anspruchsvollen Trickschuss.

Julius Honka lacht, als er diese Geschichte hört, und sagt: «Anttoni hat die Eier, so was zu probieren.» Und: «Das kommt von Strassenhockey. Damit wuchsen wir in Jyväskylä auf, wir spielten als Kinder viel draussen und einfach zum Spass.» Bei ihrem Stammclub JYP verbrachten sie 2019/20 eine gemeinsame Saison, dem Trainer wäre es natürlich nicht in den Sinn gekommen, die beiden als Verteidiger-Paar auf den Gegner (und das eigene Team) loszulassen. «Ausser einmal», wendet Honka ein und fügt lachend an: «In einer Verlängerung bei drei gegen drei. Ich schoss prompt ein Tor, auf Pass von Anttoni!»

Vom teilweise überzähligen Ausländer in Bern zur offensiven Nummer 1 aller Verteidiger in der ganzen Liga: Honka hat die vielleicht grösste Steigerung aller Spieler in der National League hinter sich. Wie war das in so kurzer Zeit möglich? Abwehrspieler, deren primäre Stärke nicht im Verteidigen, sondern im Spiel mit dem Puck liegen, sind eine Herausforderung für jeden Coach, das ist in Davos nicht anders.

Der Davoser Trainer spricht von einem Hilfe suchenden Spieler

«Julius schilderte uns vor der Saison seine Situation im letzten Jahr so, dass er mehr Freiheiten gebraucht hätte», sagt Josh Holden, sein neuer Trainer in Davos. «Er forderte aber nichts ein, ich erlebte ihn vor der Saison vor allem als Spieler, der Hilfe sucht.» Und Holden bot ihm Unterstützung an, allerdings mit einer nicht verhandelbaren Bedingung: «Die Basis ist auch bei uns ‹defense first›, darauf wird aufgebaut.» Also kein Spekulieren ohne Puck und keine allzu abenteuerlichen Dinge mit dem Puck.

Was Holden vor allem auch tat: Schon nach wenigen Spielen stellte er Klas Dahlbeck an die Seite Honkas. Der Schwede ist ligaweit einer der besten Defensivverteidiger, ist aber auch smart und mobil genug, um mit einem unberechenbaren Künstler an seiner Seite umgehen zu können. Honka spricht vom perfekten Duo, aber auch vom Respekt gegenüber seinem Partner: «Es soll nicht so sein, dass er bloss dazu da ist, meine Fehler auszubügeln.»

25.03.2024; Zug; EISHOCKEY NATIONAL LEAGUE - Playoff Viertelfinal, Spiel 5, EV Zug - SC Bern; 
Julius Honka (Bern) 
 (Martin Meienberger/freshfocus)

Die Zeit in Bern sei abgehakt, Honka betont, dass er keinen Groll mehr hege: «Ich kann beide Seiten sehen: Ich war nicht der Richtige für den SCB. Das ist die simple Erklärung, und ich mag es simpel.»

Es wäre nun einfach und fast schon zu schön, diese Geschichte mit dem Happy End abzuschliessen und von Honkas Vertragsverlängerung in Davos zu berichten: Endlich habe er einen Club gefunden, bei dem alles passe, bei dem er sein Spiel spielen dürfe. Und einen Ort, an dem er länger bleiben und zur Ruhe kommen könne. Nicht zuletzt auch wegen seiner Partnerin, die ihn bereits nach Nordamerika begleitete. Und natürlich der Tochter wegen, die bald dreijährig wird. Zudem erwartet das Paar nächstes Jahr das zweite Kind.

Nun wechselt er schon wieder den Club

Doch dem ist nicht so. Honka wird Davos Ende Saison verlassen, auf eigenen Wunsch, wie der Club kurz vor dem Spengler-Cup in einem eher ungewöhnlichen Communiqué mitteilte – normalerweise werden keine Abgänge, sondern nur Zuzüge kommuniziert. Honka wird also schon wieder für einen neuen Club spielen, obwohl es ihm in Davos gefällt. Die naheliegendste Erklärung ist, dass er frühzeitig auf eine längere Vertragsverlängerung pochte, diese dem HCD aber trotz allem offensiven Zirkus nicht geheuer war.

In der Schweiz sei das Leben mit Familie einfacher geworden, kein Vergleich mehr mit Nordamerika. «Obwohl es auch dort kein Problem war», wie Honka sagt: «Man kann alles managen und mit jeder Situation irgendwie umgehen.» Dennoch wollte er unbedingt in der National League bleiben. Er wechselt zu den Rapperswil-Jona Lakers, die ihm den gewünschten Vertrag bis 2027 offerieren konnten.

Warum er Davos trotz aller Positivität verlässt? Honka will bei diesem Thema nicht ins Detail gehen, er sagt nur: «Die Situation ist für Ausländer in dieser Liga nicht immer einfach.» Ebenfalls speziell: In Rapperswil-Jona steht der Trainer für nächste Saison noch nicht fest, Honka lässt sich diesbezüglich also auf das gleiche Abenteuer ein wie bei seinem Transfer nach Bern.