Jubel, Tubel, HeiterkeitDiese peinlichen Sportmomente sorgen für Lacher – und Tränen
Töff-Pilot Aleix Espargaró wird zur Lachnummer, weil er zu früh feiert. Damit ist er aber längst nicht allein – ein Blick auf andere unglückliche Jubelmomente.
Es gab an diesem Sonntag in Montmeló Zuschauer, die in Tränen ausbrachen. Vor Lachen. Es gab an diesem Sonntag in Montmeló einen Fahrer, der in Tränen ausbrach. Vor Enttäuschung.
Aleix Espargaró, 32-jähriger Rennfahrer aus Granollers, unweit des Circuit de Barcelona-Catalunya gelegen, sorgt für die Gefühlsausbrüche bei seinem Heim-Grand-Prix. Rang 2 fährt der Spanier in der MotoGP entgegen, überquert die Ziellinie, klopft auf sein Motorrad, winkt Richtung Tribüne, streckt die Arme in die Höhe, dann den Daumen. Johann Zarco zieht vorbei, Joan Mir, dann auch Luca Marini, alle im Rennmodus. Espargaró realisiert: Es ist noch eine Runde zu fahren. Er beugt sich über seine Maschine, überholt noch Marini, immerhin das, mehr als Rang 5 aber gibt es nicht für ihn.
In der Box setzt sich Espargaró in eine Ecke und weint. Später erklärt er, auf dem Turm, der die Rundenanzahl anzeigt, sei eine Null gestanden. Die Eigenheit in Montmeló: Sobald der Führende die letzte Runde in Angriff nimmt, wechselt die Anzeige von 1 auf 0, Espargaró meint, das Rennen sei zu Ende. Besonders bitter: So gut im Rennen wie in diesem Jahr war er in seiner Karriere noch nie, er kämpft gar um den WM-Titel der Königsklasse gegen den Franzosen Fabio Quartararo. Dieser hat dank seines Siegs in Spanien den Vorsprung auf 22 Punkte ausgebaut – auch dank Espargarós Fauxpas.
Dieser ist nicht der Erste, der zu früh zum Jubel ansetzt. Eine Auswahl:
Der Schlussspurt, der keiner ist
Bei der Leichtathletik-EM 2018 liefern sich Sifan Hassan und Lonah Chemtai Salpeter einen packenden Schlussspurt. Zumindest meint eine der beiden Athletinnen, es gehe um den Sieg. Denn als Salpeter die Ziellinie überquert, wird sie langsamer, sie denkt, sie hat Silber gewonnen. Hassan aber sprintet weiter und überlegen zu Gold.
Die Israelin Salpeter bemerkt ihren Lapsus ziemlich schnell und reiht sich wieder ein. Nun aber – komplett aus dem Rhythmus – wird sie in der letzten Runde von zwei Gegnerinnen überholt, im Ziel bricht sie in Tränen aus. Immerhin: Nur wenige Tage zuvor holte Salpeter über 10’000 Meter die Goldmedaille.
Volero machts mit Füsschen
Sie mögen das Spiel gegen Dynamo Moskau 2:3 verlieren. Doch der Glanzmoment dieser Champions-League-Partie gehört dennoch den Volleyballerinnen von Volero Zürich. Genauer: Fabiola Almeida de Souza, kurz Fabiola.
Im zweiten Satz scheint der Ball beim Stand von 20:16 verloren für die Schweizerinnen, als die Brasilianerin ihr Bein ausserhalb des Spielfeldes unter dem Seil durchstreckt, an dem das Netz befestigt ist, und den Ball ganz à la Seleção wieder zurück in die eigene Hälfte befördert, von wo aus ihn eine Teamkollegin übers Netz bugsiert. Mit einer Manschette. Ein Gratisball für die Gegnerinnen, so werden Bälle dieser Art genannt – er wird eher teuer für die Russinnen, die sich da schon in den Armen liegen: Der Ball klatscht neben ihnen auf den Hallenboden zum Punkt für Volero Zürich.
Dumm gelaufen
Den Arm lässig Richtung Publikum ausgestreckt, fordert Tanguy Pepiot bei einem Leichtathletik-Meeting in den USA die Zuschauer auf, ihn doch noch etwas lauter zu feiern für seinen Sieg über 3000 Meter Steeple. Tatsächlich wird es schlagartig lauter im Stadion Hayward Field, in Eugene, Oregon. Doch nicht, weil die Fans derart angetan wären von der Leistung des Franzosen, vielmehr sehen sie, was dieser nicht sieht: In seinem Rücken sprintet der Amerikaner Meron Simon heran. Als Pepiot das mit aufgerissenen Augen bemerkt, ist es schon zu spät. Es bleibt ihm Rang 2. Dem Ausdruck «Dumm gelaufen» gibt Pepiot an jenem Frühlingstag 2015 ein Gesicht.
Der Besuch beim Teamchef kostet den Sieg
Für Björn Wirdheim ist das Formel-3000-Rennen von Monaco 2003 gelaufen. In der letzten Runde führt er vor Konkurrent Nicolas Kiesa, er hat fünf Sekunden Vorsprung. Doch der Schwede bremst zu früh ab, weil er seinen Teamchef an der Strecke sieht und diesen Moment mit ihm teilen will: Es ist Christian Horner, heute Chef beim Formel-1-Team Red Bull.
Es erbt Kiesa, damals ein aufstrebender Fahrer, der im gleichen Jahr für Minardi auch fünf Rennen in der Formel 1 absolviert. Der Däne überholt seinen Konkurrenten und gewinnt den Klassiker unverhofft. Und Wirdheim? Der wird Zweiter, hat Ende Saison aber doch am meisten Punkte – und gewinnt 2018 ein Oldtimer-Rennen. In Monaco.
Das hätte er dem Gegner nicht zugetraut
Achtelfinal in Washington 2019: Francis Tiafoe trifft auf den späteren Grand-Slam-Champion Daniil Medwedew. Den ersten Satz verliert der US-Amerikaner deutlich, 2:6 lautet das Resultat. Im zweiten fordert er den Russen schon mehr.
Beim Stand von 5:4 für Medwedew zeigen die beiden einen beeindruckenden Ballwechsel, 12-mal fliegt der Ball übers Netz – wenn es nach Tiafoe geht. Der hat nämlich das Gefühl, sein Gegner sei mit seinem Volley am Netz geschlagen, locker joggt er zurück, ohne zu sehen, dass Medwedew den Ball noch erläuft und ihn ins leere Feld zurückspielt.
Der Russe also legt vor, am Ende gewinnt er auch den zweiten Satz, er marschiert bis in den Final, wo er gegen den Australier Nick Kyrgios verliert.
Eine Runde für «den grössten Idioten der Welt»
Vom Weltmeister zum grössten Idioten der Welt in nur einer Runde. Dieses Kunststück gelingt Adam Toupalik bei der Cross-WM der U-23 2016 im belgischen Heusden-Zolder. Er jubelt, animiert die Zuschauer zum Applaus, schaut zurück, um sich seiner Sache auch ganz sicher zu sein, und fährt erleichtert und als Erster über die Ziellinie.
Nur ist da noch eine Runde zu fahren, überholen den Tschechen mehrere Konkurrenten, ehe er reagiert, diesen hinterherjagt und immerhin noch Silber hinter dem Belgier Eli Iserbyt holt. Sein Gesichtsausdruck bei der Siegerehrung sagt alles: Statt ein triumphaler Moment ist es für Toupalik die reinste Tortur. Das mit dem «grössten Idioten der Welt» sagt er hinterher gleich selbst.
«Here’s Hogg! Deeney!»
So viel vorweg: Dieser Penalty würde in Zeiten des VAR kaum mehr gegeben werden. 2013 ist der Videoassistent aber noch weit weg. Und so wird Anthony Knockaert von Leicester City für seine Schwalbe mit einem Penalty belohnt: Matchball für seinen Verein. Trifft er, spielen die Foxes im Wembley um den Aufstieg, die Fans jubeln schon, einige Spieler auch.
Was dann aber folgt, wird zu britischer Fussballgeschichte. Watford-Goalie Manuel Almunia pariert Penalty und Nachschuss, irgendwie kommen die Hornets noch zu einem Angriff, «Here’s Hogg», schreit der Kommentator, und dann, das Mikrofon überschlägt: «Deeney!» Dem Captain gelingt tatsächlich das 3:1, das reicht fürs Weiterkommen, weil Leicester das Hinspiel 1:0 gewann. Im Final um den Aufstieg scheitert Watford dann 0:1 an Crystal Palace.
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Absturz statt Plämpu
Lindsey Jacobellis wird für ihre Überheblichkeit bestraft. 2006 in Turin befindet sich die US-Amerikanerin im Snowboardcross auf einsamer Fahrt Richtung Gold. Zwei Sprünge noch, etwas Show darf da schon sein. Sie fasst an ihr Brett, stürzt, die Bernerin Tanja Frieden fährt an ihr vorbei und holt den goldenen «Plämpu». Hohn und Spott statt Gold für Jacobellis, die zwar in ihrer Karriere 30 Rennen gewinnt, sechsfache Weltmeisterin wird und neunmal an den X-Games triumphiert – aber bei Olympia lange vergeblich auf die Hilfe von Fortuna wartet.
2010 in Vancouver wird sie ihm Halbfinal disqualifiziert, 2014 in Sotschi stürzt sie im Halbfinal als klar Führende, 2018 in Pyeongchang wird sie Vierte. Doch diesen Winter hat sie ihren persönlichen Frieden mit den Spielen schliessen können. Mit 36 gewinnt sie endlich Gold, 16 Jahre nach ihrem Missgeschick. Und das gleich doppelt. Im Mixed-Wettkampf tut sie es wieder, greift an ihr Brett, landet sicher und siegt. Es ist die ultimative Versöhnung mit ihrer Geschichte.
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