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TV-Kritik «Tatort»
Jörg Hartmanns Homo Faber fühlt mit

Kommissar Faber (Jörg Hartmann) erhofft sich Auskunft über den Mörder bei einem jungen Mann, der im Wachkoma liegt.
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Dortmund im Dunkeln, in Schwarzweissblau auf einem geviertelten Bildschirm: Der erste Blick auf die Pott-Metropole in «Love Is Pain» von Regisseurin Sabine Bernardi ist kühl, und die anekdotischen Schnappschüsse der Überwachungskamera erzählen vor allem eins – das Leben ist rau. Hier ein Penner, der sich gerade in seine Wolldecke einwickelt, da eine verlassene Fussgängerzone, dort ein knutschendes Paar, gegen eine schmutzige Backsteinwand gepresst. Selbst die leidenschaftlichen Knutscher haben etwas von einsamen Astronauten im schwarzen All.

Anders gesagt: Alle sind Faber, dieser gottverlassene, verschlossene Kommissar im verratzten Parka (ein starker Jörg Hartmann), dem Frau und Tochter vor langer Zeit weggestorben sind und vor kurzem auch noch die Lieblingskollegin Bönisch. Bloss Faber selbst ist nicht mehr so richtig Faber in dieser «Tatort»-Episode, sondern häufig geradezu, ja, nett. Mit Verständnis für den Schmerz der anderen. Auch wenn er im Laufe des Films trocken anmerkt: «Jeder stirbt für sich allein.»

Im kalten Bilderstrom der Überwachungskamera

Nachdem er sich in der letzten, grossartigen Folge aus seinem Tief herausgearbeitet hat, sehen wir ihn jetzt fast zenmässig entspannt, während ihm Kollegin Rosa Herzog (Stefanie Reinsperger) als Chefin vor die Nase gesetzt wird und Kollege Pawlak (Rick Okon) auf den Sorgerechtsstreit mit seiner Schwiegermutter fokussiert statt auf den Fall. Auch Letzterer wurde übrigens im kalten Bilderstrom der Überwachungskamera eingefangen: Ein Tramchauffeur wird am Ende seiner Schicht anscheinend willkürlich von einem Passagier abgestochen. Danach dreht sich der Mörder bewusst dem Kameraauge zu.

Steht die junge Frau (Johanna Polley) auch auf der Todesliste? 

Wer ist der Typ? Und worum geht es hier? Derweil die Ermittler noch im Nebel stochern und gar eine «Super-Recognizerin» (hoch begabte Gesichtserkennerin) mit ins Boot holen, sucht sich der Mann sein zweites Opfer. Und behutsam entfalten die Drehbuchautoren Hanno Hackfort und Bob Konrad eine tragische Geschichte um ein jugendliches Coming-out in einem homophoben Ruhrpott-Milieu. Dort funktionieren Gangs als die eigentliche Familie und Mobbing als beliebtes Ventil.

Verhältnis zur Mutter oder zur Schwiegermutter

Nebenher kommt es zudem im turbulenten Privatleben von Herzog und Pawlak zu einer Art Abschluss im jeweiligen Konflikt. Wie beim Mordopfer steht bei den beiden Ermittlerfiguren das Verhältnis zur Mutter beziehungsweise zur Schwiegermutter im Zentrum, und leise hallen Echos durch den Plot.

Love Is Pain, Liebe ist Schmerz, und im – durchaus auch spannenden – Film wogt ein Meer von Traurigkeit. Den Schluss orchestriert das deutsche Filmmusikduo Dürbeck und Dohmen gar mit einer E-gitarresk aufgepimpten Variation auf Shakespeares berühmte Macbeth-Rede über die Nichtigkeit allen Daseins: «A tale / Told by an idiot, full of sound and fury, / Signifying nothing.» Gänsehautfaktor 10.