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Zusammenstösse in Jerusalem
Joe Biden sieht sich nicht als Friedensfürst

Die Stadt erlebt die schlimmsten Unruhen seit Jahren: Palästinenser in der Altstadt von Jerusalem. 
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Die wichtigste Nachricht in den USA war am Dienstagmorgen die Zulassung des Corona-Impfstoffs von Pfizer und Biontech für Kinder im Alter zwischen 12 und 15 Jahren. Die Furcht, dass im Nahen Osten ein neuer Krieg zwischen Israel und den Palästinensern ausbricht, beschäftigt die breitere amerikanische Öffentlichkeit dagegen kaum.

Dieses Desinteresse spiegelt die Sicht der US-Regierung wider. Der neue Präsident Joe Biden hat sich entschieden, den israelisch-palästinensischen Konflikt nicht zur Priorität zu machen. Was in Jerusalem passiert, ist ihm nicht egal, weil es böse Folgen für die gesamte Region haben kann. Aber Biden sieht es auch nicht als seine Aufgabe an, Israel und den Palästinensern endlich Frieden zu bringen. Zu viele US-Präsidenten vor ihm haben das erfolglos versucht.

Kein Druck auf Premier Netanyahu

Entsprechend verhalten war die Reaktion aus Washington auf die jüngsten Zusammenstösse und Gefechte. Das State Department und das Weisse Haus haben die üblichen Gespräche mit israelischen und arabischen Vertretern geführt, sie haben öffentlich zur Deeskalation gemahnt und alle Seiten aufgefordert, Gewalt und Provokationen zu unterlassen. An diese Stellungnahmen war – auch das gehört zur Standardrhetorik – stets der Hinweis gekoppelt, dass Israel selbstverständlich das Recht habe, sich gegen Angriffe zu verteidigen.

Von einem kraftvollen, aktiven diplomatischen Eingreifen der USA oder gar nennenswertem Druck auf die Regierung in Jerusalem kann man daher nicht sprechen. Zwar hat der neue US-Präsident ein weit weniger freundschaftliches Verhältnis zum israelischen Premier Benjamin Netanyahu, als sein Vorgänger Donald Trump es hatte. Doch die amerikanische Nahostpolitik ist mit dem Machtwechsel in Washington nicht grundsätzlich israelkritisch geworden. Das kann sich noch ändern, aber bisher scheint Bidens Strategie von Zurückhaltung geprägt zu sein.

Dafür gibt es verschiedene Gründe. Zum einen ist der sogenannte israelisch-palästinensische Friedensprozess schon seit langem keine geopolitische Priorität für Washington mehr. Andere Konflikte sind drängender. Aus Bidens Sicht ist das vor allem die Rivalität mit China.

Trauer im Gazastreifen: Verwandte trauern um einen jungen Mann, der bei einem israelischen Angriff getötet wurde. 

Zweitens stehen im Mittelpunkt von Bidens Nahostpolitik nicht Israel und die Palästinenser, sondern die Iraner. Biden konzentriert sich darauf, das Regime in Teheran einzudämmen und durch Diplomatie – sprich: die Rückkehr zum sogenannten Atomabkommen, das Trump gekündigt hatte – am Bau von Nuklearwaffen zu hindern. Das kann nur funktionieren, wenn Israel, das vom Iran unmittelbar bedroht ist und mit eigenen Militäraktionen droht, die amerikanische Linie zumindest halbwegs unterstützt. Israels Premier Netanyahu ist ein scharfer Kritiker der Atomdiplomatie.

Und drittens ist die Lobby, die die Palästinenser haben, in Washington zwar laut, aber sehr überschaubar. Bis auf einen kleinen Kreis von Parlamentarierinnen und Parlamentariern, die fast alle dem linken Flügel der Demokraten angehören, übt niemand grossen Druck auf Biden aus, den Palästinensern zu helfen. Innenpolitisch gibt es für Biden daher wenig zu gewinnen, wenn er Israel unter Druck setzt.

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