Weit weg von der HeimatDieser schüchterne 19-Jährige weckt Vergleiche, die absurd erscheinen
Jiri Felcman sorgt bei den SCL Tigers für Aufsehen und wird bereits mit einem ganz Grossen verglichen. Im Team aber kennt man den Tschechen kaum – das soll sich jetzt ändern.
- Der 19-jährige Jiri Felcman wird bei den SCL Tigers mit Joe Thornton verglichen.
- Felcman gilt bei den Teamkollegen als zurückhaltend, fast schüchtern.
- Der Stürmer zog mit 14 Jahren aus Tschechien in die Schweiz.
- Die SCL Tigers streben mit ihm die Teilnahme am Playoff an.
Jiri Felcman mit Joe Thornton zu vergleichen, mag auf den ersten Blick absurd erscheinen. Thornton war einer der besten und charismatischsten Stürmer der Welt. Der heute 45-Jährige brachte es in der NHL für Boston, San Jose, Toronto und Florida auf beeindruckende 1714 Partien und sammelte dabei 1539 Punkte. «Big Joe» hält zahlreiche Rekorde, gewann mit der kanadischen Auswahl olympisches Gold und führte den HCD während des Lockouts 2005 zum Schweizer Meistertitel. Auf dem Eis wirkte seine blosse Präsenz furchteinflössend.
Felcman dagegen steht erst am Anfang seiner Karriere. Er hat auf höchster Stufe bislang 12 Partien absolviert und wirkt mit seinem glatt rasierten Gesicht im Vergleich zu Thornton und dessen Bartpracht wie ein Schuljunge. Hinzu kommt die Persönlichkeit des 19-Jährigen. Im Team gilt Felcman als zurückhaltend, ja fast schon schüchtern. Er gibt nur wenig von sich preis. «Wir müssen ihn nun ein wenig an die Hand nehmen, damit er aus sich herauskommt», sagt denn auch Julian Schmutz. «Fragten wir ihn nach seinem Wohlbefinden, antwortete er stets mit ‹Gut.› Mittlerweile haben wir es geschafft, dass er zurückfragt: ‹Und wie geht es dir?›»
Und dennoch sagt Pascal Müller, Leiter Sport: «Als Center erinnert er mich in seinen Abläufen und Bewegungen und seiner Spielintelligenz an Joe Thornton. Aufgrund seiner Körpergrösse mag Jiri zwar etwas langsam wirken, doch in Wahrheit ist er alles andere als langsam.» Müller zeigt sich beeindruckt von der Ruhe des 1,95-Meter-Hünen und seiner Fähigkeit, das Spiel zu lesen.
Mit 14 Jahren zog er in die Schweiz
Für die SCL Tigers ist Felcman ein Glücksfall. Dass ambitionierte lettische Spieler im Teenageralter ihr Glück in der Schweiz suchen, ist bekannt. Dass Tschechen diesen Weg einschlagen, ist eher ungewöhnlich. Auf die Entscheidung angesprochen, sagt Felcman nach kurzem Zögern: «Ich wollte einfach mal etwas Neues ausprobieren und habe mich deshalb mit 14 Jahren entschieden, in die Schweiz zu ziehen.»
Wie viele seiner lettischen Berufskollegen begann er bei den Pikes Oberthurgau. Nebenbei besuchte der Mann aus Hradec Kralove eine englischsprachige Schule und lebte mit zwei weiteren Tschechen bei einer Gastfamilie. «Ich konnte also Tschechisch sprechen, was schön war», erzählt Felcman.
Heimweh, sagt der Stürmer, habe er nie verspürt. «Ich denke», so der Center, «es war ziemlich einfach für mich. Einerseits wegen der tschechischen Jungs, andererseits hatte ich gute Trainer. Es waren einzig die Sprachen, die es zu lernen galt.» Felcman versteht mittlerweile Deutsch, zieht im Gespräch jedoch Englisch vor.
Da die Ostschweizer kein Team auf höchster U-17-Stufe stellten, wechselte der Teenager ein Jahr später ins Emmental. Dort kam er letzte Saison zu ersten Einsätzen in der höchsten Liga – und das, obwohl Müller dafür bereits im Frühherbst die achte von maximal zehn Ausländerlizenzen vergeben musste. Müller sagt: «Wir hatten viele verletzungs- oder krankheitsbedingte Ausfälle und wussten aber auch, dass wir wohl nicht alle zehn Ausländerlizenzen benötigen würden.» Erst seit dieser Saison, nach fünf Jahren im Schweizer Nachwuchs, ist Felcman im Besitz einer Schweizer Lizenz. Und belastet somit das Ausländerkontingent nicht mehr.
Die SCL Tigers sprechen vom Playoff
Noch bevor er einen Einsatz im Erwachsenenhockey absolviert hatte, wurde der tschechische Junioren-Internationale im vergangenen Jahr von den Chicago Blackhawks in der dritten Runde gedraftet. Regelmässig besuchen Vertreter der Franchise Langnau, um sich ein Bild von ihm zu machen. Trotz zahlreicher Lobbekundungen gibt es jedoch auch Zweifel, ob Felcman für das Stahlbad NHL gemacht ist. Gerade wegen seiner schüchternen Art. Er selbst sagt: «Ich muss körperlich noch zulegen und schneller werden. Dadurch, dass ich im letzten Jahr bereits Spiele in der National League bestritten habe, wusste ich, wie es hier zu- und hergeht, und konnte mich entsprechend darauf vorbereiten.»
Mit dem Saisonstart zeigt sich der 93 Kilogramm schwere Stürmer, der als Kind auch Fussball spielte, zufrieden. Seine Linienpartner Joshua Fahrni und Dario Allenspach passen perfekt zum viertbesten Skorer des Teams, der in 7 Spielen bereits 5 Punkte erzielt hat. «Sie sind gute und kluge Spieler, deshalb ist es einfach, mit ihnen zu spielen.»
Ihre vier Heimspiele haben die Tigers alle gewonnen, auswärts gab es bisher aber noch nichts zu feiern. Das soll sich am Freitag in Rapperswil-Jona ändern. Für Schmutz ist punkto Saisonziel klar: «Wir brauchen uns nicht kleinzureden: Wir wollen ins Playoff, das ist unser grosses Ziel.» Bis dahin dürften die Spieler auch mehr über den zurückhaltenden Felcman erfahren – etwa, dass er in seiner Freizeit gern auf der Konsole Formel 1 spielt.
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