AboLeitartikel zum US-Abzug aus KabulJetzt ist China an der Reihe
Seinem Ruf als «Friedhof für Imperien» ist Afghanistan gerecht geworden. Nach dem chaotischen amerikanischen Abgang herrscht in Peking, Moskau und Teheran eitel Schadenfreude – wenn da nur nicht die Taliban wären.
In China ist derzeit der Ausspruch populär, Afghanistan sei ein «Friedhof für Imperien». Es trifft zu, dass im 19. Jahrhundert die Briten gedemütigt abzogen, im 20. die Russen respektive die Sowjets und nun die USA samt ihren westlichen Alliierten. Bereits zeigt sich, dass China im Afghanistan der Taliban eine wichtige Rolle spielen möchte – einfach ohne Grabstein.
Während in Afghanistan Leid und Tod, Ohnmacht und Angst herrschen, wird die Macht in der Region neu verteilt. Vor allem der grosse Nachbar drängt ins Vakuum, das die Amerikaner hinterlassen. Ohne Zweifel herrscht in Peking Schadenfreude. Ungläubig dürften die kommunistischen Machthaber zur Kenntnis genommen haben, dass sich der Rivale Amerika tatsächlich freiwillig aus dem chinesischen Hinterhof verabschiedet. Und das, obwohl Washington die US-Aussenpolitik auf die aufstrebende Supermacht fokussieren möchte.