AboAntonino CannavacciuoloItaliens beliebtester Koch
Fünf, sechs Jahre habe er gebraucht, bis man ihn und seine Gerichte im Norden des Landes überhaupt ernst genommen habe, erzählt Antonino Cannavacciuolo.
Wenn Antonino Cannavacciuolo auf einer Piazza erscheint, irgendwo in Italien, dauert es nie lange, und er wird umringt von Menschen. Bei Fussballern kennt man das ja, bei Sängern und Schauspielern auch, manchmal sogar bei Politikern. Aber Selfies mit einem Koch?
Man muss dazu sagen, dass Cannavacciuolo, 47 Jahre alt, auch in einer Reihe von populären Fernsehshows auftritt, in allen geht es ums Essen. Seine imposante Gestalt hat sich in die Köpfe eingebrannt. Er soll Italiens beliebtester Koch sein: immer ironisch, immer sehr körperlich. Seit kurzem gehört er auch zur exklusiven Gilde der zwölf Köche im Land, die vom «Guide Michelin» mit drei Sternen geführt werden. Ein Top-Chef also. Dabei wollte seine Mutter, dass er Zahnarzt wird. Und sein Vater, selbst Koch, hatte ihm vom Beruf abgeraten. Über seine Auszeichnung war der Sohn so kindlich ergriffen, dass darob die ganze, in der Welt gerade sehr polemisch geführte, Debatte über die Sterneküche verdampfte.
In einem Interview mit «Gusto», der Gastrobeilage der Zeitung «La Repubblica», erzählt Antonino Cannavacciuolo aus Vico Equense auf der Halbinsel von Sorrent jetzt ausführlich, wie schwer es für ihn war, sich durchzusetzen – im Norden Italiens, am Ortasee im Piemont. Dort steht die Villa Crespi, sein Restaurant. Fünf, sechs Jahre habe er gebraucht, bis man ihn und seine Gerichte dort oben überhaupt ernst genommen habe. Weil er von da unten kam, aus dem Süden. Wo die Tomate noch über die Tafeln herrscht. Wo die Zitrone das Gemüt erhebt. Wo der arme Klippfisch alle reich macht. «Baccalà Baccalà Baccalà», so heisst einer von Cannavacciuolos bekanntesten Hauptgängen. Der Norden dagegen mag es gerne opulent, sämig, auch mal butterig statt olivenölig, Dio mio!