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Neue Studie zu Corona
Italien wurde sechsmal stärker getroffen als bisher gedacht

Das hart getroffene Italien hat die Seuche fürs Erste  einigermassen im Griff: Marmorbüste mit Schutzmaske in Rom.
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In Italien hat sich das Coronavirus viel stärker verbreitet, als es bisherige Zahlen glauben machten – ungefähr sechsmal stärker. Diese Vermutung war schon immer sehr gross gewesen, nun aber liefert eine breit angelegte Studie des Gesundheitsministeriums und des nationalen Statistikamtes den Nachweis. Die Regierung hätte zwischen Ende Mai und Mitte Juli gern eine Musterbevölkerung von 150’000 Menschen auf die Entwicklung von Antikörpern getestet, doch nur 64’660 wollten daran teilnehmen. Die Forscher sind dennoch überzeugt, dass die Ergebnisse belastbar sind.

Fragen zur wahren Sterblichkeitsrate

1,48 Millionen Bewohner des Landes sollen sich demnach mit dem Erreger infiziert haben, das sind 2,5 Prozent der Gesamtbevölkerung. In der Statistik der amerikanischen Universität John Hopkins steht Italien zurzeit mit 248’000 Infizierten, mehr als 35’000 von ihnen starben. Die Erkenntnisse aus der Studie, so sie denn akkurat sind, verändern auch die Sterblichkeitsrate. Berechnet man sie mit der neuen Zahl, läge sie bei etwa 2,4 Prozent und damit ungefähr auf dem globalen Mittelwert. Allerdings gilt auch die offizielle Zahl der Todesopfer als zu tief gegriffen.

Die Lombardei ist mit deutlichem Abstand die italienische Region, die am stärksten getroffen wurde von der Seuche. 7,5 Prozent der Bevölkerung dort hat sich infiziert, das sind 755’000 Menschen. Innerhalb der Lombardei gehen die Werte weit auseinander: Während sich in Bergamo und Umgebung fast jeder Vierte angesteckt hat, waren es etwa in Como und Lecco nur zwischen 3 und 5 Prozent. Das liegt wohl daran, dass die «Bergamasca» trotz Infektionsherden im Val Seriana lange nicht reagierte.

«Der Lockdown hat die Ansteckungskette zerrissen.»

Roberto Speranza, Italiens Gesundheitsminister

Eindrucksvoll sind auch die geografischen Unterschiede zwischen den Regionen im Land. Nach der Lombardei traf es das kleine Aostatal am stärksten, mit 4 Prozent Infizierter. Gefolgt von den autonomen Provinzen Südtirol und Trentino, Ligurien, Piemont, Emilia-Romagna, Marken – je etwa 3 Prozent. Alle Regionen im Süden Italiens blieben hingegen weitgehend verschont, was dem harten, gleichzeitigen und gesamtnationalen Lockdown im März zugeschrieben wird. «Der Lockdown hat die Ansteckungskette zerrissen», sagt Roberto Speranza, Italiens Gesundheitsminister.

Sizilien und Sardinien fast ganz verschont

Auf die grossen Inseln sprang das Virus fast gar nicht: Auf Sizilien und Sardinien haben sich bisher nur 0,3 Prozent der Bewohner infiziert. Die Ferienzeit birgt neue Gefahren, im Moment scheinen sie aber unter Kontrolle zu sein: In den vergangenen Tagen ist die Zahl der Neuinfektionen in Italien stetig zurückgegangen, zuletzt lag sie bei 159. Es wurde aber auch weniger getestet als in den Monaten davor.

Schutzmasken waren bisher nur selten ein Politikum in Italien: Aufnahme von einer Demonstration gegen die Regierung – mit patriotischen Masken.

27,3 Prozent der Angesteckten, so ergab die Studie, haben einen asymptomatischen Krankheitsverlauf. Der Wert gilt als hoch und trägt zur Sorge bei, dass die Ansteckung bei mangelnder Aufdeckung wieder an Tempo gewinnen könnte. Das Risiko, dass ein positives Familienmitglied das Virus auf Mitbewohner des Haushalts überträgt, liegt bei 41,7 Prozent. Oder anders: Die Ansteckung ist selbst in der Familie nicht automatisch, zumal dann nicht, wenn man aufpasst. «Den Sturm haben wir überstanden», sagte Gesundheitsminister Speranza. «Aber wir sind noch lange nicht in einem sicheren Hafen.»