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Ausgesetzte Verträge
Die britische Regierung streicht Waffen­lieferungen an Israel

Police clear protesters, some chained, outside of the British consulate in east Jerusalem, to call on the U.K. to stop providing arms to Israel for its war in the Gaza Strip, during a visit by Foreign Secretary David Lammy and his French counterpart during internationally mediated cease-fire talks in Qatar, Friday, Aug. 16, 2024. (AP Photo/Mahmoud Illean)
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Die überraschende Aussetzung einer begrenzten Zahl britischer Waffenlieferungen an Israel hat am Dienstag in London bitteren Streit ausgelöst und in Jerusalem zu scharfen Reaktionen geführt.

Ex-Premierminister Boris Johnson warf der Labour-Regierung Keir Starmers vor, Israel «im Stich zu lassen». Er fragte, ob Starmer denn wolle, «dass die Hamas gewinnt».

Ausgelöst hatte den Streit der von Starmers Aussenminister David Lammy verkündete Beschluss, 30 der 350 Lizenzen für britische Waffenlieferungen nach Israel vorläufig auszusetzen. Die Suspendierung der Verträge begründete Lammy damit, dass «ein echtes Risiko» bestehe, dass die betreffenden Waffen und Waffenteile dazu benutzt würden, in Gaza in grösserem Umfang «internationales Recht zu verletzen».

Die suspendierten Lizenzen machen derweil nur einen kleinen Teil der britischen Waffenexporte nach Israel aus, und Komponenten für den F-35-Fighter-Jet sind von dem Embargo weitgehend ausgenommen. Insgesamt bezieht Israel von Grossbritannien weniger als ein Prozent seiner Waffen – während es zum Beispiel von den USA 69 Prozent erhält.

Grossbritanniens Oberrabiner kritisiert Zeitpunkt

Mit ihrer Entscheidung wich die britische Regierung aber erstmals ab von der bisherigen strikten Koordination ihrer Politik mit derjeniger Washingtons und jener der meisten europäischen Nationen. Entsprechend heftig reagierten Sprecher der jüdischen Bevölkerung in Grossbritannien auf den Beschluss.

Grossbritanniens Oberrabbiner Sir Ephraim Mirvis erklärte, er könne «einfach nicht glauben», dass Keir Starmers Regierung solche Restriktionen verfügt habe «und so unseren gemeinsamen Feind ermutigt». Dies ausgerechnet zu einem Zeitpunkt, meinte Mirvis, da israelische Familien «sechs von grausamen Terroristen kaltblütig ermordete Geiseln zu Grabe tragen müssen».

Chief Rabbi Ephraim Mirvis speaks during a vigil at Keystone Passage in Borehamwood for victims and hostages of Hamas attacks, as the death toll rises amid ongoing violence in Israel and Gaza following the attack by Hamas. Picture date: Friday December 8, 2023. (Photo by James Manning/PA Images via Getty Images)

Phil Rosenberg, der Präsident des Verbandes britischer Juden, fand, dass Londons Beschluss Israel «in der Stunde seiner Not» eine «ganz, ganz schreckliche Botschaft» sende. Bitter enttäuscht äusserten sich auch Israels Aussenminister Israel Katz und Verteidigungsminister Yoav Gallant.

Israels Regierungschef Benjamin Netanyahu, der die Londoner Entscheidung schändlich nannte, warf den Briten vor, ihre eigene Geschichte vergessen zu haben. Israel, sagte er, trotze der Hamas und «Irans Terror-Achse» in gleicher Weise, in der Britannien einst seine Zivilisation «heroisch gegen die Nazis» verteidigt habe. Mit oder ohne britische Waffen, fügte er hinzu, gewinne Israel diesen Krieg.

Oxfam fordert komplettes Waffen-Embargo

Unterdessen forderten karitative Verbände und einzelne Westminster-Abgeordnete auf der linken Seite sehr viel weitergehende Massnahmen von der Regierung.

Die Hilfsorganisation ActionAid UK meinte, dies sei «nicht die Zeit für halbe Schritte», wenn London nicht mitschuldig werden wolle «an den abscheulichen Dingen, die täglich in Gaza geschehen». Nunmehr müsse Starmer «maximalen Druck auf die israelische Regierung ausüben, um einen dauerhaften Waffenstillstand zu erzwingen, die Freilassung der Geiseln zu erreichen und diesem Albtraum endlich ein Ende zu setzen».

Der Wohlfahrtsverband Oxfam warnte, solange es kein komplettes Waffenembargo gebe, könne sich Israel weiter jede Menge Waffen für sein Vorgehen in Gaza beschaffen. Die britische Entscheidung sei so «nur Augenwischerei». Von einer «leeren Geste» sprach auch Amnesty International. Mehrere Abgeordnete verlangten ebenfalls wesentlich mehr Druck.

epa11551116 British Foreign Secretary David Lammy (L) is welcomed at the Ministry of foreign affairs in Jerusalem, 16 August 2024. As Gaza ceasefire talks in presence of mediators from Qatar, Egypt and the US enter their second day, British Foreign Secretary David Lammy and his French counterpart Stephane Sejourne went on 16 August on a joint visit to Israel. Their visit comes in an effort to push for a ceasefire in Gaza and de-escalation of conflict risks in the region, in the context of an expected Iranian retaliation on Israel after the killing of Hamas leader Ismail Haniyeh in Tehran on 31 July 2024. EPA/ABIR SULTAN

Minister Lammy seinerseits erklärte, dass allein schon die weitflächige Zerstörung von Wohngebieten im Gazastreifen, die Behandlung palästinensischer Gefangener durch die israelische Armee und die Behinderung humanitärer Hilfeleistungen für Gaza die Gefahr der Verletzung internationalen Menschenrechts deutlich machten – worauf London reagieren müsse.

Er betonte allerdings, dass die Suspendierung nur bestimmte Waffensysteme betreffe und nichts Endgültiges sei. Auch Verteidigungsminister John Healey beteuerte, es gehe lediglich um Waffen, die «als Offensivwaffen» in Gaza eingesetzt würden oder werden könnten. Ansonsten spreche London Israel natürlich weiter das Recht zur Selbstverteidigung zu. «Wir sind absolut entschlossen, weiter an der Seite Israels zu stehen», sagte Healey. «Wir bleiben feste Verbündete Israels.»