Fussballer und RegisseurIslands Kult-Goalie erntet Applaus für seinen ersten Film
Hannes Thór Halldórsson hat schon einen Penalty von Messi gehalten – jetzt präsentiert er Verfolgungsjagden und coole Sprüche.
«Es steht 8:0 für uns», ruft ein Polizist seinem Kollegen zu. Er denkt dabei nicht an ein Fussballresultat, sondern an die Zahl der Gangster, die nach einer Schiesserei tot auf dem Boden liegen. Und doch lacht ganz Island bei dieser Szene. Denn alle wissen: Unser Torhüter hat den Satz geschrieben und inszeniert.
Hannes Thór Halldórsson ist in seiner Heimat ein Held. Er war Teil des Teams, das an der Euro 2016 das grosse England rausschmiss und erst im Viertelfinal an Frankreich scheiterte. An der WM zwei Jahre später wehrte er einen Penalty von Lionel Messi ab. Dazwischen drehte er aber immer wieder Werbefilme und Videoclips. Jetzt ist sein erster grosser Spielfilm fertig – «Cop Secret» hatte am Dienstag am Locarno Film Festival Premiere.
Kurz vor der grossen Publikumsvorstellung sitzt Halldórsson gelassen da, weisses Hemd, beiger Anzug, alles cool. «Nein, nein, ich bin nicht so nervös wie damals, als Messi zum Elfmeter anlief», sagt er. Seine einzige Sorge sei, ob die Witze im Film auch ausserhalb seiner Heimat verstanden würden.
«In Island dürfen Polizisten zum Beispiel keine Pistolen tragen, es gibt ja auch keine Gangster, die Polizei ist hauptsächlich dazu da, entlaufene Katzen von den Dächern zu holen», erzählt er. Darum sei es für ein isländisches Publikum bereits lustig, wenn die harten Cops plötzlich wild um sich schössen. Das funktioniert, wie sich bald herausstellt, auch in der Schweiz. «Cop Secret» kommt bestens an, einmal gibt es im Film gar Szenenapplaus.
Premiere getaktet nach Islands Fussballliga
Allerdings war es nicht einfach, den Profifussballer überhaupt in Locarno zu haben: Dafür musste die Vorführzeit seines Filmes genau dem Spielplan der isländischen Fussballliga angepasst werden. Am Sonntag stand Halldórsson noch im Tor für seinen Club Valur Reykjavik, am Montag flog er in die Schweiz, am Dienstag war der grosse Tag der Vorführung. Und am Mittwoch ging es wieder zurück, denn am Abend stand schon der Achtelfinal im Cup an.
«Übers Wochenende stand zudem unser Ersatztorhüter unter Verdacht, an Covid erkrankt zu sein», erzählt Halldórsson. Das bestätigte sich dann zum Glück nicht: «Mein Club hätte mich sonst nie reisen lassen.»
Mit den unterschiedlichen Ansprüchen seiner beiden Berufe lebt Hannes Thór Halldórsson schon lange. Bereits im Gymnasium begann er Filme zu drehen, bald auch auf professioneller Basis, hauptsächlich Werbung. Das tat der inzwischen 37-Jährige auch während seiner internationalen Karriere, die ihn nach Norwegen und Dänemark führte: «Unter der Woche haben wir meist am Mittwoch frei, an diesem Tag setze ich jeweils die Dreharbeiten an. Den Rest mache ich zwischendurch», sagt er.
Sechs Tore gegen die Schweiz kassiert
Seit zwei Jahren ist Halldórsson wieder zurück in Reykjavik. Da wurde es für ihn Zeit, Grösseres anzuvisieren. «Manchmal wurde es schon kompliziert. Ich erinnere mich, dass ich die Verfolgungsjagd, die meinen Film eröffnet, im Hotelzimmer vor einem wichtigen Länderspiel gegen Rumänien schnitt.»
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Halldórsson stand auch in mehreren Partien gegen die Schweiz auf dem Platz, notabene bei einer Niederlage im November 2018 in St. Gallen, wo er nicht weniger als sechs Tore kassierte. «Wovon sprechen Sie, an dieses Spiel erinnere ich mich nicht?», gibt er gleich zurück. Erinnert dann aber an eine andere Begegnung: «Im Jahr 2013 lagen wir in Bern 4:1 zurück, erzielten dann aber noch ein 4:4. Das war der Beginn des kleinen Höhenfluges unseres Nationalteams.»
Gut möglich, dass in Locarno jetzt der Höhenflug in der zweiten Karriere des Torhüters begonnen hat. Am Abend an der Party – kein Alkohol für ihn – wälzte er auf jeden Fall schon Ideen für «Cop Secret 2».
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