Literatur-AuszeichnungInternationaler Booker-Preis geht an 29-jährige Niederländerin
Marieke Lucas Rijneveld ist die jüngste Autorin, die je mit der hohen britischen Auszeichnung geehrt wurde.
«Ich bin so stolz wie eine Kuh mit sieben Eutern», sagte Marieke Lucas Rijneveld in einer ersten Reaktion per Videobotschaft. Die Autorin lebt in Utrecht und arbeitet nebenher auf einem Bauernhof. Sie teilt sich den mit 50’000 Pfund (knapp 60’000 Franken) dotierten Preis mit Michele Hutchison, die das Werk ins Englische übersetzt hat.
«Rijnevelds Sprache zeigt die Welt neu, enthüllt die Schocks und Gewalt der frühen Jugend durch das Prisma eines niederländischen Milchviehbetriebs», teilte die Jury mit. Das Werk zeige die Fremdheit eines Kindes, das die Fremdheit der Welt betrachtet.
Rijnevelds Debütroman ist auf Deutsch unter dem Titel «Was man sät» im Suhrkamp Verlag erschienen. In dem Werk geht es um das Mädchen Jas, das in einer streng-christlichen Familie aufwächst. Ihr Bruder stirbt beim Schlittschuhlaufen, was die Familie für eine Strafe Gottes hält. Jas flieht mit ihren Geschwistern daraufhin in eine ganz eigene Welt zwischen Kindheit und Erwachsensein.
Religiöse Familie, nicht-binäre Identität
Das Buch hat Gemeinsamkeiten mit dem Leben der Autorin: Auch sie wuchs in einer religiösen Familie auf; ihr ältester Bruder starb im Kindesalter. Der Roman sei eine Mischung aus Fantasie und Realität, sagte Rijneveld in einem Interview vor der Preisvergabe. An dem Werk hat sie nach eigenen Angaben sechs Jahre gearbeitet.
In einem Interview mit der britischen Zeitung «The Guardian» stellte sich Rijneveld als nicht-binär da; sie empfinde sich weder als ausschliesslich weiblich noch männlich. Sie bevorzugt daher auch geschlechtsneutrale Pronomen in der Sprache.
Rijneveld wurde 1991 in Nord-Brabant geboren. 2015 veröffentlichte sie ihren preisgekrönten Lyrikband Kalfsvlies. Ihr jetzt ausgezeichneter Roman hat in den Niederlanden für Furore gesorgt. 2019 erschien ihr zweiter Lyrikband «Fantoommerrie».
Der International-Booker-Literaturpreis ehrt die besten fremdsprachigen und ins Englische übersetzten Romane, die in Grossbritannien veröffentlicht wurden. Das Preisgeld geht stets zu gleichen Teilen an Autor und Übersetzer.
Sechs Autoren waren zuletzt auf der Nominierten-Liste, unter ihnen der deutsch-österreichische Schriftsteller Daniel Kehlmann für sein Buch «Tyll». Ursprünglich sollte der Gewinner am 19. Mai verkündet werden, doch wegen der Corona-Krise wurde der Termin verschoben.
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