Integrationsklasse in OberriedenIn seinem Klassenzimmer wird nur Deutsch gesprochen
Josef Brander ist Lehrer an der Berufswahlschule in Oberrieden. Er erklärt, wie Jugendliche seiner Integrationsklasse nicht nur einen Job finden, sondern auch ihre neue Heimat kennenlernen.

Schon viele Jahre unterrichtet Josef Brander an der Berufswahlschule Horgen (BWS) an der Seestrasse in Oberrieden. Seit acht Jahren betreut er das Berufswahljahr Sprache und Integration. In dieser Integrationsklasse werden die Jugendlichen und jungen Erwachsenen mit täglichem Deutschunterricht so vorbereitet, dass sie nach einem Jahr eine Lehre oder Vorlehre beginnen können.
Das Schulzimmer für die Integrationsklasse hat einen zentralen Standort im Schulhaus, nämlich mittendrin, statt abgelegen am Ende eines Gangs. Welche Überlegung steckt dahinter?
Wir versuchen, die Schülerinnen und Schüler in die Gesellschaft zu integrieren. Das Schulzimmer ist zentral gewählt, damit die Lernenden in Kontakt mit Schweizer Jugendlichen kommen. Jeden Tag üben wir, Deutsch zu sprechen. Darauf legen wir besonders Wert. Gleich von Beginn an unternimmt die Integrationsklasse viel mit den anderen Klassen an der BWS. Ein grosser Vorteil ist auch, dass wir unsere Lernenden in den regulären Unterricht an der BWS schicken können, wenn sie in einem Fach besonders stark sind.
Welche Erfolge konnten Sie mit Ihrer Arbeit erzielen?
Deutsch zu lernen, ist nicht gerade einfach. Schon nach wenigen Monaten aber können sich meine Schüler selbstständig für eine Lehrstelle bewerben und dafür Telefongespräche führen. Die meisten Schülerinnen und Schüler, die an der BWS die Integrationsklasse besucht haben, finden im Anschluss eine Lehrstelle. Dies vor allem im handwerklichen Bereich, im Gesundheitswesen oder in Dienstleistungsbetrieben, etwa bei Coiffeuren. 99 Prozent unserer Lernenden sind motiviert und wollen arbeiten.
Stellen Sie Veränderungen fest in den vergangenen Jahren?
Ich habe festgestellt, dass seit etwa drei Jahren weniger Flüchtlinge kommen. Positive Veränderungen sehe ich insbesondere in der Einstellung der Menschen gegenüber Ausländern. Das ist vor allem auch bei der Lehrstellensuche zu beobachten: Viele Lehrbetriebe nehmen sehr viel schneller als früher Lernende von uns auf.
Welchen Schwierigkeiten begegnen Sie in Ihrer Arbeit?
Schwierig ist es, wenn sich Lernende aufgrund ihres Aufenthaltsstatus nicht auf eine Lehrstelle bewerben dürfen. Dieser Zustand kann Jahre dauern. Dann hängen die Jugendlichen rum. Ich bin erstaunt, dass nicht mehr passiert aufgrund der Langeweile. Ein Mädchen, das ich unterrichtet habe, ist seit fünf Jahren in dieser Situation.
Sie unterrichten Jugendliche aus der ganzen Welt. Für Ihre Schüler ist es bestimmt nicht einfach, in der neuen Heimat Anschluss zu finden.
Viele der geflüchteten Jugendlichen haben einiges hinter sich. Die meisten reden aber nicht über ihre Erfahrungen – was sie auf ihrer Reise erlebt haben, weiss ich nicht. Viele der Jugendlichen sind auch sehr ängstlich. Sie wollen auf keinen Fall etwas falsch machen in ihrer neuen Heimat.
Haben Sie den Eindruck, dass die Corona-Krise die Integration der Jugendlichen erschwert?
Die Situation ist sehr schwierig. Die Jugendlichen kennen hier niemanden. Während des Lockdown im letzten Frühling haben wir täglich eine Videokonferenz abgehalten. Im Anschluss an den Unterricht blieben die Lernenden jeweils noch länger in der virtuellen Konferenz, um sich auszutauschen. Hinzu kommt, dass sie sich aufgrund der Sprachprobleme nicht richtig informieren können und Angst haben. Teilweise musste ich sie darauf hinweisen, dass sie das Haus noch verlassen dürfen.
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